Ticker zur deutschen Regierungskrise Kanzler Scholz entlässt Finanzminister Lindner +++ FDP zieht alle Minister aus Ampel ab +++ Neuwahlen wohl im März

red.

6.11.2024

Ampel-Koalition am Ende – Scholz entlässt Lindner

Ampel-Koalition am Ende – Scholz entlässt Lindner

STORY: HINWEIS: DIESEN BEITRAG ERHALTEN SIE OHNE SPRECHERTEXT. O-TON BUNDESKANZLER OLAF SCHOLZ: «Meine Damen und Herren, ich habe den Bundespräsidenten soeben um die Entlassung des Bundesministers der Finanzen gebeten. Ich sehe mich zu diesem Schritt gezwungen, um Schaden von unserem Land abzuwenden. Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die die Kraft hat, die nötigen Entscheidungen für unser Land zu treffen. Darum ging es mir in den vergangenen drei Jahren. Darum geht es mir jetzt. Ich habe dem Koalitionspartner von der FDP heute mittag noch einmal ein umfassendes Angebot vorgelegt, mit dem wir die Lücke im Bundeshaushalt schliessen können, ohne unser Land ins Chaos zu stürzen. Ein Angebot zur Stärkung Deutschlands in schwieriger Zeit. Ein Angebot, das auch Vorschläge der FDP aufgreift, das aber zugleich deutlich macht: Angesichts der Herausforderungen, vor denen wir gemeinsam stehen, brauchen wir grösseren finanziellen Spielraum. Mein Angebot umfasste vier Kernpunkte. Erstens: Wir sorgen für bezahlbare Energiekosten und deckeln die Netzentgelte für unsere Unternehmen. Das stärkt den Wirtschaftsstandort Deutschland. Zweitens: Wir schnüren ein Paket, das Arbeitsplätze in der Automobilindustrie und bei den vielen Zulieferbetrieben sichert. Drittens: Wir führen eine Investitionsprämie ein und verbessern noch einmal die steuerlichen Abschreibungsmöglichkeiten, damit Unternehmen jetzt in den Standort Deutschland investieren. Und viertens: Wir erhöhen unsere Unterstützung für die Ukraine, die einem schweren Winter entgegengeht. Nach der Wahl in den USA sendet das ein ganz wichtiges Signal: Auf uns ist Verlass. Ich muss jedoch abermals feststellen: Der Bundesfinanzminister zeigt keinerlei Bereitschaft, dieses Angebot zum Wohle unseres Landes in der Bundesregierung umzusetzen. Ein solches Verhalten will ich unserem Land nicht länger zumuten. [...] Immer wieder habe ich in den vergangenen drei Jahren Vorschläge gemacht, wie eine Koalition aus drei unterschiedlichen Parteien zu guten Kompromissen kommen kann. Das war oft schwer. Das ging mitunter hart an die Grenze. Auch meiner politischen Überzeugung. Aber es ist meine Pflicht als Bundeskanzler, auf pragmatische Lösungen zum Wohle des ganzen Landes zu drängen. Zu oft wurden die nötigen Kompromisse übertönt durch öffentlich inszenierten Streit und laute ideologische Forderung. Zu oft hat Bundesminister Lindner Gesetze sachfremd blockiert. Zu oft hat er kleinkariert parteipolitisch taktiert. Zu oft hat er mein Vertrauen gebrochen. Sogar die Einigung auf den Haushalt hat er einseitig wieder aufgekündigt. Nachdem wir uns in langen Verhandlungen bereits darauf verständigt hatten Es gibt keine Vertrauensbasis für die weitere Zusammenarbeit. So ist ernsthafte Regierungsarbeit nicht möglich. [...] Gleich in der ersten Sitzungswoche des Bundestages im neuen Jahr werde ich dann die Vertrauensfrage stellen, damit der Bundestag am 15. Januar darüber abstimmen kann. So können die Mitglieder des Bundestages entscheiden, ob sie den Weg für vorgezogene Neuwahlen freimachen.»

06.11.2024

Bundeskanzler Olaf Scholz hat Finanzminister Christian Lindner entlassen. Damit ist die deutsche Ampel-Koalition am Ende. Wie es weitergeht, ist zurzeit völlig offen.

red.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) kommt Finanzminister Christian Lindner zuvor, indem er diesen entlässt.
  • Offenbar wollte Lindner morgen Donnerstag die Ampel-Koalition mit SPD und Grünen aufkündigen.
  • Lindner hatte zuvor in einem neuen Grundsatzpapier von den Koalitionspartnern eine radikal andere Wirtschafts- und Finanzpolitik gefordert, worauf der Kanzler sowohl Finanzminister Lindner als auch Wirtschaftsminister Robert Habeck zu Krisengesprächen ins Kanzleramt geladen hatte.
  • Bei einem dieser Gespräche soll Lindner vorgezogene Neuwahlen im Januar und eine geschäftsführende Regierung vorgeschlagen haben, was Scholz ablehnte.

Die Hintergründe zum Aus der Ampel-Koalition in Deutschland findest du hier:

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  • 23.47 Uhr

    Mützenich: «Schwerwiegender Vertrauensbruch» und «grobe Indiskretion» von Lindner

    Der einflussreiche SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat FDP-Chef und Finanzminister Christian Lindner scharf für sein Verhalten im Koalitionsausschuss kritisiert. Lindner habe bei dem Treffen Bundeskanzler Olaf Scholz Neuwahlen abverlangen wollen, sagte Mützenich. «Das hätte dazu geführt, dass der Bundeskanzler seine Arbeit nicht mehr habe machen können.» Mützenich nannte dies einen «schwerwiegenden Vertrauensbruch». Der Finanzminister habe dies zudem sofort der Öffentlichkeit mitgeteilt – eine «grobe Indiskretion».

    Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion
    Rolf Mützenich, Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion
    Kay Nietfeld/dpa

    Erst das «unverantwortliche Handeln» Lindners habe zum «klaren und endgültigen» Bruch der Koalition geführt, sagte der SPD-Fraktionschef. «Wenn man so agiert, muss man auch die Konsequenzen tragen».

    «Wir werden in den nächsten Wochen zeigen, was hätte möglich sein können für dieses Land, hätte der andere Koalitionspartner verantwortlich gehandelt.» Die Abgeordneten der SPD-Fraktion wüssten um ihre Verantwortung, so Mützenich. Er sei aber auch dankbar, dass der Bundeskanzler einen Pfad aufgezeigt habe, wie es zu Neuwahlen kommen könne.

  • 23.42 Uhr

    Linke sieht Wahlchancen für eigene Partei in Ampel-Aus

    Die Linke sieht im Aus der Ampel-Koalition und voraussichtlichen Neuwahlen Chancen für die eigene Partei. «Wir sind bereit für Neuwahlen», erklärten die Vorsitzenden der Partei, Ines Schwerdtner und Jan van Aken, sowie der Linken-Gruppe im Bundestag, Heidi Reichinnek und Sören Pellmann. «Der Kampf um die Plätze links der Mitte ist eröffnet – und das ist gut so.»

    Die Linke werde «das Feld von hinten aufrollen und frischen linken Wind ins Land bringen». Die Partei wolle beweisen, «dass wir mit unserer neuen Einigkeit Wahlen gewinnen können», betonten die vier. «Wenn das ganze Land nach rechts rückt, gibt es viel Platz für Die Linke. Diese Chance werden wir nutzen.»

  • 23.33 Uhr

    FDP zieht alle Minister aus Ampel-Regierung ab

    Die FDP zieht alle ihre Minister aus der deutschen Bundesregierung zurück. Sie wollten ihren Rücktritt geschlossen beim Bundespräsidenten einreichen, kündigte Fraktionschef Christian Dürr in Berlin an. Damit beendet die FDP das Dreierbündnis der Ampel-Koalition. Im Bundestag wolle die Partei in der verbleibenden Zeit der Wahlperiode aber weiter konstruktiv sein. Über einzelne Projekte werde man mit allen demokratischen Fraktionen sprechen

  • 23.20 Uhr

    Markus Söder fordert sofortige Vertrauensfrage

    «Die Vertrauensfrage muss sofort und nicht erst im nächsten Jahr gestellt werden. Damit könnten Neuwahlen sogar noch im Januar stattfinden», CSU-Chef Markus Söder fordert Olaf Scholz auf, nach dem Ampel-Aus keine Zeit zu verlieren. Taktische Verzögerungen soll es nach dem Willen des Ministerpräsidenten Bayerns nicht geben. Die CSU ist wie die CDU in der Opposition und fordert seit Monaten Neuwahlen.

  • 22.05 Uhr

    Lindner weist jede Schuld am Ampel-Aus von sich

    Jetzt spricht Christian Lindner. Der Finanzminister wirft Olaf Scholz vor, den Bruch der Ampel-Koalition bewusst herbeigeführt zu haben. Dafür stehe dessen «genau vorbereitetes Statement» zuvor.

    Er selbst habe sich nichts vorzuwerfen. Er wollte lediglich die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse verteidigen. Nach einer Neuwahl wolle er gerne mit einer anderen Partei zusammenarbeiten.

  • 21.57 Uhr

    Die Grünen bedauern das Ampel-Aus

    Jetzt sprechen die Koalitionspartner. Für Vize-Kanzler Robert Habeck von den Grünen fühlt sich die Situation «nicht gut» an. Die Entscheidung des Kanzlers sei aber aber folgerichtig. Sie wäre allerdigns nicht nötig gewesen, wenn Christian Lindner verantwortungsvoll gehandelt hätte. Vor allem im Hinblick auf die Ukraine: Die Finazmittel für die Unterstützung hatte Lindner gekürzt

    Wie Habeck betont auch Aussenminister Annalena Baerbock, dass es wichtig ist, die Ukraine zu unterstützen – vor allem im Hinblick auf die US-Wahlen heute. 

    Die Grünen wollen bis zu den Neuwahlen geschlossen und entschlossen in der Regierung weiterarbeiten.

  • 21.38 Uhr

    Neuwahlen wohl bis spätestens Ende März

    Wie geht es weiter in Deutschland?  Christian Lindner wird offiziell vom Bundespräsidenten entlassen. Scholz ist sich mit Vizekanzler Robert Habeck einig, dass die wichtigsten Gesetzesvorhaben noch umgesetzt werden müssen.  Dies solle bis Ende Jahr geschehen.

    Am 15. Januar 2025 will Olaf Scholz dann die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Verliert er sie, wovon auszugehen ist, stünden innert 60 Tage Neuwahlen an. Diese würden also spätestens Ende März stattfinden.

  • 21.32 Uhr

    «Deutschland ist ein starkes Land»

    Olaf Scholz wird zum Ende der Ampel-Koalition so deutlich, wie er es in der bisherigen Regierungszeit selten war. Die Erklärung zur Entlassung Lindners wird zu einer regelrechten Abrechnung. Deutschland habe das Hin und Her nicht verdient. Er selber sei in den drei Jahren immer wieder an die Grenze seiner politischen Überzeugungen gekommen. «Deutschland ist ein starkes Land.»

  • 21:29 Uhr

    Scholz: Lindner geht es nur um die eigene Klientel, er handelt «kleinkariert»

    Der Ton, den Scholz nun in Bezug auf Lindner anschlägt, ist in seiner Schonungslosigkeit beispiellos: Lindner habe sich von «egoistischen Motiven» leiten lassen, sei «kleinkariert» und habe einzig im Sinne «der eigenen Klientel» gehandelt. Der Finanzminister habe mehrfach das Vertrauen gebrochen, bereits augehandelte Kompromisse nachträglich wieder einseitig aufgekündigt.

    Der deutsche Finanzminister Christian Lindner wollte die Ampel-Koalition verlassen, wurde aber vorher vom Bundeskanzler entlassen.
    Der deutsche Finanzminister Christian Lindner wollte die Ampel-Koalition verlassen, wurde aber vorher vom Bundeskanzler entlassen.
    Anna Ross/dpa
  • 21.26 Uhr

    Lindners Entlassung sei folgerichtig

    Lindner habe keinerlei Bereitschaft gezeigt, gemeinsam an einer Lösung zu abreiten. Der Finanzminister sei auf keinerlei Kompromissvorschläge eingegangen. Das ist verantwortungslos, sagt der Bundeskanzler.

  • 21.23 Uhr

    Scholz will Chaos vermeiden

    Olaf Scholz will das Land nicht ins Chaos stürzen. Daher habe er sich entschlossen, den Finanzminister zu entlassen. Damit sei der Weg für eine geordnete Weiterarbeit frei.

  • 21.07 Uhr

    Olaf Scholz tritt vor die Medien

    Ampel-Koalition am Ende: In wenigen Augenblicken tritt Kanzler Olaf Scholz vor die Medien – blue News tickert live.

  • 21.07 Uhr

    Erste Details zum Ampel-Aus

    Vor seiner Entlassung hatte Christian Lindner vorgeschlagen, dass die Ampel-Parteien gemeinschaftlich schnellstmöglich Neuwahlen für Anfang 2025 anstreben sollten, um «geordnet und in Würde» eine neue Regierung für Deutschland zu ermöglichen. Die FDP wäre in diesem Fall bereit gewesen, den heftig umstrittenen Nachtragshaushalt 2024 gemeinsam zu beschliessen und einer geschäftsführenden Bundesregierung anzugehören.

    Zuvor hatten die Spitzen von SPD, Grünen und FDP zweieinhalb Stunden beraten, um Wege aus der Ampel-Krise zu finden. Im Kern ging es darum, wie das Milliardenloch im Haushalt 2025 gestopft und die schwer angeschlagene deutsche Wirtschaft wieder auf Trab gebracht werden kann.

  • 20.44 Uhr

    Die deutsche Ampel-Koalition ist nicht mehr

    Bundeskanzler Olaf Scholz hat den FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner entlassen. Damit ist die Regierungskoalition zerbrochen.

    Wie «Bild» zuerst berichtete, kam Scholz damit der FDP zuvor. Offenbar hatte Christian Lindner geplant, spätestens morgen den Koalitionsvertrag mit SPD und Grünen aufzukündigen. Ihre Minister sollten die Regierung verlassen.