«Bitter» Deutsche dürfen nach Mallorca, aber im eigenen Land sind Ferien verboten

Von Andreas Fischer

23.3.2021

Osterferien trotz Corona-Lockdown: Deutschland schüttelt wegen seiner Mallorca-Reisenden den Kopf. Die brechen trotzdem zur Völkerwanderung auf die Balearen auf.

Von Andreas Fischer

Deutschland geht über Ostern in den härtesten Lockdown seit Beginn der Corona-Pandemie. Doch es gibt einen Ausweg: Mallorca. Seit zehn Tagen dürfen die Deutschen wieder auf ihre liebste Ferieninsel, ohne bei der Rückkehr in Quarantäne zu müssen. Das freut Tausende coronamüde Menschen, das freut auch die Fluggesellschaften und Reiseveranstalter. Bei vielen anderen allerdings hält sich die Begeisterung in Grenzen.

Die Aufhebung der Reisewarnung und Quarantänepflicht für Mallorca-Reisende am 14. März sorgt für viel Wirbel, erst recht nach den gestern verkündeten Massnahme-Verschärfungen über die Osterfeiertage. Deutschland steckt im Mallorca-Dilemma. Im eigenen Land dürfen die Deutschen nämlich weiterhin keine Ferien machen.

«Das ist für uns niederschmetternd. Wir müssen gegen die massive Ungleichbehandlung der ganzen Branche vorgehen, denn das halbe Land wird nun nach Mallorca fliegen», klagt ein Tourismus-Manager aus der Lüneburger Heide der Nachrichtenagentur dpa. Das beliebte Ausflugsziel liegt in einem der Bundesländer, die bei den Beratungen mit Kanzlerin Angela Merkel Osterferien im eigenen Land einforderten – und abblitzten.

Ferien auf Mallorca sind für Deutsche erlaubt, aber nicht erwünscht. 
Ferien auf Mallorca sind für Deutsche erlaubt, aber nicht erwünscht. 
Clara Margais/Symbolbild/dpa

Unverständnis und ein hilfloser Appell

Selbst der Tourismus-Beauftragte der deutschen Bundesregierung Thomas Bareiss steht der Aufhebung der Reisewarnung kritisch gegenüber. «Für mich war es bitter, dass wir Mallorca möglich machen und dass es dort keine Reisewarnung mehr gibt, aber das Schwarzwaldhotel oder das Hotel an der Ostsee muss weiterhin geschlossen bleiben», so Bareiss. Auch einige Ministerpräsidenten der Bundesländer schüttelten den Kopf. «Wir merken, dass die Mallorca-Entscheidung der Bundesregierung ein richtiger Stimmungskiller ist», sagte etwa Stephan Weill aus Niedersachsen.

Trotz allen Unverständnisses heben in den nächsten Wochen Hunderte zusätzliche Flieger nach Mallorca ab. Die Regierung in Deutschland hat dem nur noch wenig entgegenzusetzen, etwa einen eher hilflosen Appell an die Fluggesellschaften, nicht noch mehr zusätzliche Flüge für die Osterferien anzubieten.

Immerhin sollen die Gesetze in Deutschland jetzt dahingehend geändert werden, dass für alle Flüge nach Deutschland eine generelle Testpflicht vor Abflug eingeführt wird. Bislang mussten nur Reisende aus Gebieten mit besonders vielen Infektionen sowie aus Gebieten mit neuen Virusvarianten bei der Einreise einen Test vorweisen.

Die Änderung zielt nun insbesondere auf die Mallorca-Reisenden, die von dort in den nächsten Wochen nach Deutschland zurückkehren. Deutschland erwartet eine kleine Völkerwanderung: Allein in der Osterzeit sollen es um die 40'000 Ferienrückkehrer sein.

Schweizer buchen zurückhaltend

Die Schweiz hat Spanien, und damit Mallorca, sogar noch ein paar Tage früher als Deutschland von der BAG-Risikoliste gestrichen. Seitdem gibt es auch hierzulande mehr Buchungsanfragen für Reisen in das Land. Die Swiss verzeichnet nach eigenen Angaben innerhalb einer Woche fünfmal mehr Buchungen und reagiert mit mehr Flügen und grösseren Flugzeugen auf die gestiegene Nachfrage.

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Von einem Ansturm auf Kurzferien auf der Baleareninsel, wie er in Deutschland zu beobachten ist, könne in der Schweiz aber keine Rede sein, bestätigt TUI-Sprecherin Milica Vujcic auf Nachfrage von «blue News». Zumindest während der Osterferien nicht: Zwar sei die Nachfrage gestiegen, «seit sich Mallorca beziehungsweise Spanien nicht mehr auf der BAG-Quarantäneliste befindet» und der Reiseveranstalter verzeichne «mittlerweile auch mehr Buchungen». Aber, so Vujcic, «wir sprechen hierbei von einem sehr geringen Niveau».

Strenge Regeln auf Mallorca

Das mag daran liegen, dass Touristen sowohl bei der Einreise nach Mallorca als auch bei Rückreise in die Schweiz weiterhin einen gültigen PCR-Test vorlegen müssen. Bedeutet: zusätzliche Kosten und erhöhter Aufwand. In der Schweiz mag das noch zu Zurückhaltung führen, im Nachbarland nehmen die Menschen alles in Kauf. Hauptsache, raus.

Ausser den Reisenden selbst gefällt das in Deutschland aber kaum jemandem. Zwar gelten auf Mallorca strenge Corona-Regeln, eine Maskenpflicht im Freien etwa und eine Ausgangssperre ab 22 Uhr. Auch viele Geschäfte bleiben zu, Cafés und Restaurants müssen um 17 Uhr schliessen. Trotzdem, das haben zuletzt mehrere Umfragen gezeigt, hält die Mehrheit der Bürger Reisen auf die Insel für unverantwortlich.

Angst vor brasilianischer Variante

Seit der Rückkehr der deutschen Feriengäste ist die Zahl der Neuansteckungen je 100'000 Einwohner binnen sieben Tagen auf den Balearen, zu denen Mallorca gehört, gestiegen. Sie lag am Montagabend bei 26,45. Vergangene Woche hatte die Sieben-Tage-Inzidenz noch unter 20 gelegen. Nun will die Regionalregierung Mallorcas die erst vor Kurzem wieder geöffneten Innenräume von Cafés, Restaurants und Beizen schliessen. Die Massnahme solle noch diese Woche umgesetzt werden.

Zusätzlich angeheizt wird die Debatte, weil auf der Balearen-Insel offenbar eine Mutation aus Brasilien im Umlauf ist. Der deutsche SPD-Politiker und Gesundheitsexperte Karl Lauterbach warnte am Wochenende auf Twitter vor der Virusvariante P1, die bereits nachgewiesen worden sei. Das spanische Gesundheitsministerium hat dies laut der deutschsprachigen «Mallorca-Zeitung» zwar bestritten, es handele sich vielmehr um den weniger gefährlichen Vorläufer B.1.1.28. Die Zweifel bleiben in Deutschland trotzdem bestehen.

Spanier selbst «scheitern am Türsteher»

Auch in Spanien ist man übrigens zwiegespalten. Nicht nur auf den Mittelmeerinseln, auch in Madrid und Barcelona stieg die Anzahl ausländischer Touristen in den vergangenen Wochen wieder spürbar an. Die Spanier und Spanierinnen selbst aber dürfen ihre Heimatregionen nicht verlassen – nicht einmal während der «Semana Santa», der heiligen Osterwoche.

Das sorgt einerseits für Unmut im Land, oder wie es «Der Spiegel» beschreibt: «Spanien wirkt derzeit mehr denn je wie die Bar Europas – und die Spanier selbst scheitern schon am Türsteher.» Andererseits ist das Land stark vom Tourismus abhängig – und jeder Feriengast willkommen, um die wirtschaftliche Katastrophe etwas abzumildern.

Transparenz: Dieser Artikel wurde mit Material der Nachrichtenagentur dpa erstellt.