Politik der Eindämmung? Der Ton zwischen China und den USA wird immer rauer

Von Philipp Dahm

13.3.2023

Präsident Xi: China soll zu «grosser Mauer aus Stahl» aufrüsten

Präsident Xi: China soll zu «grosser Mauer aus Stahl» aufrüsten

China muss nach den Worten des wiedergewählten Staatschefs Xi Jinping in seine Sicherheit investieren, um zu einer «grossen Mauer aus Stahl» zu werden. Zum Abschluss der jährlichen Parlamentssitzung sagte Xi am Montag, Sicherheit sei die Grundlage für Entwicklung und Stabilität sowie die Voraussetzung für Wohlstand.

13.03.2023

Peking bleibt auf Konfrontationskurs: Erstmals beschuldigt Xi Jinping die USA, einen westlichen Kreuzzug gegen China anzuzetteln – und warnt vor «Konflikt und Konfrontation».

Von Philipp Dahm

«Die Beziehungen zwischen China und den USA sind in einer noch schwierigeren und gespannteren Phase als unter Trump», schätzt Primrose Riordan die Lage ein.

Die Asien-Korrespondentin der «Financial Tîmes» erklärt auch warum: «Wohl zum ersten Mal überhaupt hat Xi Jinping die USA direkt als Drahtzieher eines globalen Efforts benannt, China einzuschränken.»

Weniger zurückhaltend ist da Chris Chappell. «China ist im Angriffsmodus», sagt der Moderator von China Uncensored mit Blick auf eine aktuelle Rede von Xi Jinping. «Alle Probleme, die China hat, sind Amerikas Schuld.»

Comeback der amerikanischen Containment-Politik

Bisher sei Chinas starker Mann mit Blick auf die Washingtoner Politik immer zurückhaltend und vage geblieben, so Chappell. Nach dem Motto: «‹Bestimmte› Staaten tun das. ‹Einige› Länder haben eine Kalter-Krieg-Mentalität.» Doch diese Zeiten seien nun vorbei.

Gemeint ist, was Xi Jinping laut «Wall Street Journal» vor Kurzem in Peking gesagt hat: «Westliche Länder – angeführt von den USA – haben eine umfassende Eindämmung, Umkreisung und Unterdrückung von uns umgesetzt. Das stellt die Entwicklung unseres Landes vor nie dagewesene, schwere Herausforderungen.»

Stehende Ovationen: Chinas Präsident Xi Jinping kommt am 12. März auf dem Volkskongress in Peking an.
Stehende Ovationen: Chinas Präsident Xi Jinping kommt am 12. März auf dem Volkskongress in Peking an.
AP

Die Streitpunkte zwischen Washington und Peking sind zahlreich: Da wären neben der Taiwan-Frage und den Spionage-Ballonen die US-Sanktionen wegen des Völkermords an den Uiguren, die Chinas Wirtschaft bremsen. So wie die Nachwehen der Pandemie, die nach Xi Jinpings Lesart einem amerikanischen Militärlabor entsprungen ist.

Aussenminister droht mit «katastrophalen Konsequenzen»

Auch Chinas neuer Aussenminister Qin Gang schlägt härtere Töne an. «Wenn die Vereinigten Staaten nicht auf die Bremse treten, sondern weiter in die falsche Richtung rasen, wird es sicher Konflikt und Konfrontation geben», warnt Qin laut CNN beim Volkskongress in Peking. Washingtons «leichtsinniges Spiel» könnte «katastrophale Konsequenzen» haben.

Russlands Aussenminister schüttelt seinem chinesischen Amtskollegen die Hand: Sergej Lawrow (links) und Qin Gang treffen sich am 2. März in Neu-Delhi am Rande des G20-Gipfels.
Russlands Aussenminister schüttelt seinem chinesischen Amtskollegen die Hand: Sergej Lawrow (links) und Qin Gang treffen sich am 2. März in Neu-Delhi am Rande des G20-Gipfels.
AP

Gleichzeitig lässt Qin, der einst chinesischer Botschafter in den USA war, durchblicken, dass Peking nicht von Moskau abrücken wird. «Je unstabiler die Welt wird, desto zwingender ist es für China und Russland, ihre Beziehungen ununterbrochen zu verbessern.»

Gleichzeitig vergleicht der Aussenminister die Ukraine und Taiwan: Warum liefert Uncle Sam Taiwan Waffen, fordert aber gleichzeitig, die Souveränität der Ukraine anzuerkennen? Und warum wiederum sollte Peking nun unter diesen Umständen Moskau mit einem Embargo belegen? «Einmischung von aussen» und «spalterische Aktivitäten» von Unabhängigkeitskräften lehnt China entschieden ab, ergänzt Xi Jingping.

Neuer Verteidigungsminister unter US-Sanktionen

Um die zukünftige Aussenpolitik zu decken, setzt der Staats- und Parteichef auf ein starkes Militär, das 7,2 Prozent mehr Budget bekommt: Die Volksbefreiungsarmee solle zu einer «Grossen Mauer aus Stahl» werden, kündigt er am 13. März zum Abschluss der neuntägigen Jahrestagung des Volkskongresses in Peking an.

Chinesische Militärs hören am 13. März in Peking beim Volkskongress den schliessenden Worten Xi Jinpings zu.
Chinesische Militärs hören am 13. März in Peking beim Volkskongress den schliessenden Worten Xi Jinpings zu.
Keystone

Die Benennung des neuen Verteidigungsministers passt zum Konfrontationskurs Chinas: Mit Li Shangfu übernimmt ein General den Posten, der seit 2018 wegen Russland-Geschäften unter US-Sanktionen steht. Er gilt als Luftfahrtexperte und ist in das Raumfahrtprogramm seines Landes involviert, kann aber keine Geschäfte mit US-Dollar abschliessen.

Die bilateralen Beziehungen werden jedoch nicht einseitig untergraben. «Ich bin gerade von einer Reise nach Taiwan zurückgekommen», sagt der republikanische Abgeordnete Tony Gonzales Ende Februar. «Ich war 20 Jahre im Militär. Ich weiss, wie Krieg aussieht. Wir sind im Krieg. Das ist ein Krieg.»

General befürchtet Krieg im Jahr 2025

Sein republikanischer Kollege Chris Stewart fordert gar eine Abkehr von der Ein-China-Politik, wegen der Taiwans Unabhängigkeit nicht formell anerkannt wird. «Die Zeiten haben sich geändert: Wenn wir abschrecken wollen, müssen wir klar sein und sagen, wir würden Taiwan militärisch verteidigen.»

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Wer ist schuld an den steigenden Spannungen zwischen Washington und Peking?

Nicht zuletzt sorgen auch US-Militärs dafür, dass die Spannungen eher zu- als abnehmen. «Ich hoffe, dass ich falsch liege», schreibt ein Vier-Sterne-General der US Air Force im Januar mit Blick auf China in einem Memo an seine Truppe. «Mein Bauch sagt mir, wir werden 2025 kämpfen.»

Der Grund für Michael Mihihans pessimistische Aussage sind die Wahlen, die 2024 sowohl in den USA als auch in Taiwan anstehen. Washington könnte sich davon ablenken lassen – und Peking die Chance ergreifen, der abtrünnigen Insel Herr zu werden.