Auf Kollisionskurs Die USA und China geraten an immer mehr Fronten aneinander

Von Philipp Dahm

28.2.2023

Chinas Ukraine-Friedensplan stösst international auf Skepsis

Chinas Ukraine-Friedensplan stösst international auf Skepsis

Zum Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine macht China Vorschläge zur Beendigung des Krieges. Da Peking als enger Verbündeter Moskaus gilt und eine klare Verurteilung des russischen Vorgehens bislang vermeidet, stossen die Vorschläge in

24.02.2023

Washington warnt Peking unverhohlen davor, Russland mit Waffen zu beliefern. Auch die Pandemie sorgt für Misstöne zwischen den Ländern – und im Pazifik stehen die Zeichen ohnehin auf Sturm.

Von Philipp Dahm

«Wir haben noch nicht gesehen, dass China Russland mit militärischer Ausrüstung für den Krieg in der Ukraine versorgt», sagt Joe Bidens Sicherheitsberater Jake Sullivan dem US-Sender CNBC und betont: «Wir haben es noch nicht gesehen.»

Sicherheitsberater Jake Sullivan (links) reist mit Joe Biden am 20. Februar im Zug durch die Ukraine, während der US-Präsident eine Rede durchgeht.
Sicherheitsberater Jake Sullivan (links) reist mit Joe Biden am 20. Februar im Zug durch die Ukraine, während der US-Präsident eine Rede durchgeht.
AP

Doch Washington bleibt «wachsam», versichert der 46-Jährige und warnt, es würde viele Staaten – darunter die europäischen – «befremden», falls China das täte. Damit würde das Land auch «Verantwortung für die Kriegsverbrechen» in der Ukraine übernehmen. «Aber das ist eine Entscheidung, die Peking allein treffen muss.»

Diese Warnung ist nur der jüngste Fall in einer ganzen Reihe von Konfrontationen zwischen den beiden Grossmächten in Februar. Grosses Aufsehen haben die Ballone über den USA erregt, von denen aber offenbar nur einer aus China gekommen ist. US-Präsident Joe Biden bezeichnete den Flug als «Eindringen», der mit einem Abschuss durch eine F-22 ins Wasser gefallen ist.

Potenziell «gefährliche Eskalation»

Dass China erwägt, Moskau militärisch zu unterstützen, hat zuerst US-Aussenminister Antony Blinken berichtet. CIA-Chef William Burns bestätigt daraufhin, der US-Geheimdienst sei «sicher», dass Peking tatsächlich über die Lieferung von Munition und Material nachdenke – auch wenn es noch keine Fakten gebe. Ein solches Vorgehen wäre «sehr riskant und unklug», so Burns.

Eine militärische Unterstützung würde auch nicht zu dem Friedensplan passen, den sich Peking für den Krieg in der Ukraine ausgedacht hat. «Wenn China tatsächlich als Waffenlieferant Russlands in diesen Krieg eintreten sollte, würde das bedeuten, dass zwei ständige Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates aktiv an dem Versuch beteiligt wären, international anerkannte Grenzen mit Gewalt neu zu ziehen», schreibt «The Times»

Das würde «die auf Regeln basierende Nachkriegsordnung endgültig zerschlagen», kommentiert die Londoner Zeitung: «Man kann kaum überschätzen, was für eine gefährliche Eskalation des Krieges ein solcher Schritt Pekings wäre.»

Russland: China steigert Handelsvolumen und Marktanteile

Dabei unterstützt China Russland schon jetzt nach Kräften: Der Handel zwischen den Ländern ist im vergangenen Jahr um 30 Prozent auf ein Volumen von 190 Milliarden Dollar gestiegen, berichtet CNN. Ab März 2022 hat China in Russland 45 Prozent mehr Öl, 54 Prozent mehr Kohle und 155 Prozent mehr Gas gekauft.

Gleichzeitig hat China seinen Marktanteil in Russland stark gesteigert, so CNN: So habe der Anteil bei Smartphones Ende 2021 40 Prozent betragen, liege nun aber bei 95 Prozent. Dass beim bilateralen Warenaustausch auch Dual-Use-Güter dabei sind, die zivil, aber auch militärisch genutzt werden können, kann nicht überraschen.

«Beziehungen dürfen nicht von drittem Land bestimmt werden»

«Beziehungen dürfen nicht von drittem Land bestimmt werden»

Begrüssung mit offenen Armen. Der russische Staatspräsident Wladimir Putin hat in der Hauptstadt Chinas Chef-Diplomaten Wang Yi empfangen. Zuvor war der auch mit dem russischen Aussenminister Sergej Lawrow zu Gesprächen zusammengetroffen.

27.02.2023

Beobachter gehen davon aus, dass China zumindest die indirekte Hilfe Russlands ausbauen wird, berichtet die BBC. Dual-Use-Technologie könnte dabei auch über dritte Staaten wie Iran oder Nordkorea vermittelt werden, glaubt Andrew Small vom German Marshall Fund. Diese sei dann «so dementierbar wie es geht», erklärt der Experte der Washingtoner Denkfabrik.

Die Corona-Pandemie und die Labor-Theorie

Neben dem Krieg in der Ukraine und der Ballon-Affäre lässt auch die Corona-Pandemie dunkle Wolken am bilateralen Horizont aufziehen. Das US-Energieministerium geht nun laut «Wall Street Journal» davon aus, dass Covid-19 bei einer Labor-Panne versehentlich entwichen ist. Andere US-Behörden sind zu anderen Ergebnissen gekommen.

Peking reagiert dennoch mit Nachdruck: Aussenamtssprecherin Mao Ning kontert vor Journalisten, die Suche nach dem Ursprung des Virus sei eine wissenschaftliche Angelegenheit und solle «nicht politisiert» werden. Man müsse aufhören, die Labortheorie immer wieder aufzubauschen und China zu verleumden, so die Sprecherin weiter.

Aussenamtssprecherin Mao Ning weist am 27. Februar bei einer Pressekonferenz in Peking den Vorwurf zurück, das Coronavirus sei wegen einer Labor-Panne in China ausgebrochen.
Aussenamtssprecherin Mao Ning weist am 27. Februar bei einer Pressekonferenz in Peking den Vorwurf zurück, das Coronavirus sei wegen einer Labor-Panne in China ausgebrochen.
EPA

Doch kein Spionageballon, die Ukraine oder Corona sind das Damoklesschwert über den bilateralen Beziehungen, sondern die Lage im Pazifik. Der grösste Zankapfel bleibt Taiwan: Zuletzt gibt es am 27. Februar Ärger, weil eine amerikanische P-8 Poseidon durch die Strasse von Taiwan geflogen ist. Das «gefährde» den Frieden in der Region, schimpft Peking.

Zankapfel Taiwan – Laser-Attacke gegen Filipinos

China hat sich noch nicht dazu entschlossen, wie es mit der Frage umgehen soll, glaubt die CIA. «Präsident Xi hat die Volksbefreiungsarmee und die chinesische Militärführung angewiesen, bis 2027 in der Lage zu sein, Taiwan zu erobern», zitiert die «Deutsche Welle» William Burns. Ob eine Invasion dann erfolgt, stehe aber noch nicht fest.

Auch im weiteren Pazifik-Umfeld geht Washington auf Konfrontation. Anfang Februar ist erstmals seit 30 Jahren wieder eine US-Botschaft auf den Salomonen eröffnet worden. Damit soll ein Gegengewicht zu China entstehen, das die Inseln derzeit diplomatisch umgarnt.

Vorposten vor Australien: Die Lage der Salomonen (rot markiert) im Pazifik.
Vorposten vor Australien: Die Lage der Salomonen (rot markiert) im Pazifik.
Google Earth

Mit den Philippinen, mit denen es bereits Militärabkommen gibt, haben die USA Anfang des Monats vereinbart, an neun weiteren Orten auf der Inselgruppe Militär stationieren zu dürfen. Am 6. Ferbuar kommt es dann prompt zu einem Vorfall mit China, als ein Boot der Küstenwache von einem chinesischen Schiff bedrängt und mit einem Laser belästigt wird.

Stoltenberg: China schaut in der Ukraine genau hin

Washington verurteilt die Aktion – und warnt Peking, es werde die Philippinen verteidigen, wenn es nötig werden sollte. Auch Tokio will enger mit Manila zusammenarbeiten: Bei einer Visite des philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos Jr. bei Premier Fumio Kishida in Japans Hauptstadt wurden am 9. Februar entsprechende Verträge geschlossen.

Ein Foto der philippinischen Küstenwache zur angeblichen Laser-Attacke eines chinesischen Schiffes am 6. Februar im Südchinesischen Meer.
Ein Foto der philippinischen Küstenwache zur angeblichen Laser-Attacke eines chinesischen Schiffes am 6. Februar im Südchinesischen Meer.
AP

Chinas wachsende Stärke im Pazifik macht Tokio nervös: Japan will deshalb bis zu 400 Marschflugkörper vom Typ Tomahawk kaufen. Sie würden im Falle einer Attacke für Gegenangriffe eingesetzt werden: Entsprechende Pläne sind nun im entsprechenden Budget-Komitee besprochen worden. Auch die USA erwägen, Mittelstrecken-Raketen in Japan zu stationieren.

Ob dem Pazifik nun wirklich stürmische Zeiten bevorstehen, ist schwer vorherzusagen, findet auch Jens Stotenberg. Der Nato-Generalsekretär äussert sich Anfang Februar in Tokio im Beisein von Premier Kishida wie folgt: «China schaut sich [den Krieg in der Ukraine] genau an und zieht seine Schlüsse, die zukünftige Entscheidungen beeinflussen können.»