Krieg in NahostDarum ist die israelische Armee so schlagkräftig
Red.
9.10.2023
Israel mobilisiert 300'000 Reservisten – so viele wie noch nie
Das gab es noch nie: Israel mobilisiert wegen des Kriegs mit der im Gazastreifen herrschenden islamistischen Palästinenserorganisation Hamas rund 300'000 Reservisten.
09.10.2023
Die israelischen Streitkräfte gelten als vielleicht schlagkräftigste Armee in der Nahost-Region. Was sie so stark macht und wer Wehrpflicht leisten muss, erfährst du hier.
Red.
09.10.2023, 21:05
Red.
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Fast 170'000 aktive Soldaten und rund 465'000 Reservisten zählen die israelischen Streitkräfte.
In Israel gilt für Männer und Frauen ab dem 18. Lebensjahr Wehrpflicht für 32 respektive 24 Monate.
Im Krieg verfolgt die israelische Armee (Israel Defense Forces) eine offensive Taktik.
Das bedeutet vereinfacht ausgedrückt: Die Offensive an sich zu reissen, um den Krieg so schnell und mit so wenigen eigenen Verlusten wie möglich zu beenden.
«Wir werden alle Orte, an denen die Hamas organisiert ist und sich versteckt, in Trümmerinseln verwandeln» – mit diesen harten Worten kündigt Israels Premierminister Benjamin Netanjahu die maximale Vergeltung Israels an – als Antwort auf den überraschenden Grossangriff der radikal-islamistischen Terrorgruppe Hamas von Samstag in der Früh.
Noch am selben Abend fordert Netanjahu in einer Ansprache die Bewohner des Gazastreifen auf: «Flieht jetzt von dort, denn wir werden überall und mit all unserer Kraft handeln.» Israel werde Rache für diesen schwarzen Tag nehmen und die Kampfhandlungen würden lange dauern, kündigt Netanjahu an. «Es liegen noch herausfordernde Tage vor uns.» Dass die Reaktionen der Israel Defense Forces (IDF) – zu Deutsch israelische Verteidigungskräfte – heftig ausfallen werden, ist somit gewiss.
Was steckt hinter Israels schlagkräftiger Armee, die als vielleicht stärkste des Nahen Ostens gilt? Hier die wichtigsten Fakten zusammengefasst:
Wie ist die IDF gegliedert?
Die israelischen Verteidigungskräfte unterteilen sich in drei Streitkräfte: – die Bodentruppen (Ground Forces) – die Marine (Naval Forces) – und die Luftstreitkräfte (Israel Air Force)
Die Streitkräfte stehen unter dem Kommando eines Generalstabs, dem seit 2019 Aviv Kochavi vorsteht. Er untersteht direkt dem Verteidigungsminister Joaw Galant und somit indirekt dem Premierminister Benjamin Netanjahu.
Übrigens: Die Polizeikräfte, einschliesslich der Grenz- und Einwanderungspolizei, hingegen sind dem Ministerium für öffentliche Sicherheit unterstellt. Die israelische Sicherheitsbehörde (ISA) ist mit der Bekämpfung von Terrorismus und Spionage in Israel, im Westjordanland und im Gazastreifen beauftragt. Sie untersteht dem Premierminister. Die im Westjordanland operierenden ISA-Kräfte unterstehen jedoch für Operationen und operative Nachbesprechungen den IDF.
2022 zählten die Streitkräfte 170'000 aktive Mitglieder; davon 130'000 bei den Bodentruppen, 10'000 bei der Marine und 30'000 bei den Luftstreitkräften. Weiter verfügen die IDF über zirka 465'000 Reservisten, von denen nun nach dem verheerenden Hamas-Angriff 300'000 mobilisiert wurden.
Der Anteil der Soldaten an der Gesamtbevölkerung beträgt fast zwei Prozent.
Ab dem 18. Lebensjahr gilt die Wehrpflicht, ab dem 17. Lebensjahr kann man sich freiwillig für den Wehrdienst melden.
Juden und Drusen können eingezogen werden, Christen, Tscherkessen und Muslime können sich freiwillig melden.
Beide Geschlechter sind wehrpflichtig; die Wehrpflicht beträgt 32 Monate für Männer und 24 Monate für Frauen (variiert je nach militärischem Beruf).
Was ist der offizielle Auftrag der IDF?
Laut offizieller Seite lautet der Auftrag der IDF, die Existenz, territoriale Integrität und die Souveränität des Staates Israel zu verteidigen, die Bewohner Israels zu beschützen und alle Formen des Terrorismus zu bekämpfen, die das alltägliche Leben bedrohen.
Weil sich das Land seit seiner Gründung vor mehr als sieben Jahrzehnten (1948) im ständigen Konfliktzustand befindet, sind seine Verteidigungskräfte unerlässlich. Oder anders ausgedrückt, Israel hat keinen Platz für defensive Kriegstaktiken.
Das wiederum heisst, dass die Streitkräfte als primäres Ziel haben, die strategische Kriegsinitiative an sich zu reissen und den Krieg so schnell und mit so wenigen eigenen Verlusten wie möglich zu beenden – nicht zuletzt wegen der tiefen Bevölkerungszahl im Vergleich zu seinen Nachbarn.
Das zeigt sich auch daran, dass sogenannte Himmelfahrtskommandos ausdrücklich verboten werden, um keinen der wenigen Soldaten auf riskanten Missionen zu verlieren.
Ein anderes Beispiel für die hohe Priorität des Schutzes der eigenen Soldaten ist der Merkava-Panzer, bei dem mit einem hochmodernen Löschsystem und mehreren Evakuierungsluken sehr viel dafür getan worden ist, dass die Besatzung überleben kann, wenn der Panzer zerstört wird. Die Grundidee ist, dass es Israel erheblich leichter fällt, einen neuen Panzer zu beschaffen, als eine neue Besatzung auszubilden.
All dies hat dazu geführt, dass das verhältnismässig kleine Land eine der vielleicht stärksten Streitkräfte in der gesamten Nahost-Region stellt.
Was kosten die Streitkräfte den israelischen Staat?
2022 haben die Streitkräfte 4,5 Prozent vom Bruttoinlandprodukt ausgemacht. Das ist für eine demokratisch und marktwirtschaftlich ausgerichtete Volkswirtschaft beachtlich hoch. Im Nahen Osten haben nur Saudi-Arabien (6%) und Qatar (5%) einen höheren Anteil. Zum Vergleich: in den USA, die das grösste Militärbudget aufweist, belasten die Streitkräfte das BIP mit lediglich 3,5 Prozent (Stand: 2022).