Experte zur Flugzeug-Kollision in Japan «Da ist ein katastrophaler Fehler passiert»

Von Manuel Kellerhals

2.1.2024

Ein Flugzeug von Japan Airlines ist bei der Landung mit einer Maschine der Küstenwache zusammengekracht und in Flammen geraten. 
Ein Flugzeug von Japan Airlines ist bei der Landung mit einer Maschine der Küstenwache zusammengekracht und in Flammen geraten. 
Bild: IMAGO/Bestimage

In Japan ist ein Passagierflugzeug mit einer Maschine der Küstenwache kollidiert und in Flammen aufgegangen. Ein Aviatik-Experte ordnet den Unfall und die spektakuläre Rettung der Passagiere ein. 

Von Manuel Kellerhals

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Eine Passagiermaschine ist auf der Piste des Flughafen Tokio-Haneda in Brand geraten.
  • Alle Passagiere des Flugzeuges konnten evakuiert werden, laut Japan Airlines hat keiner der Passagiere sich lebensgefährlich verletzt.
  • Das Flugzeug sei bei der Landung mit einer Maschine der Küstenwache kollidiert. Fünf Mitglieder der Besatzung des anderen Flugzeuges sind verstorben.
  • Stefan Eiselin ist der Herausgeber des Aviatik-Magazins «Aerotelegraph» und ordnet den Unfall für blue News ein. 

Herr Eiselin, die Videos des brennenden Airbusses in Japan zeigen ein Flammen-Inferno. Dennoch konnten alle Passagiere und Crew-Mitglieder aus dem Flugzeug evakuiert werden. Was sagen Sie dazu?

Es zeigt, wie professionell die Besatzung war. Es gibt in der Luftfahrt eine Vorschrift, dass grosse Passagierflugzeuge innerhalb von 90 Sekunden geräumt werden sein müssen. Pro 50 Passagiere braucht es dafür eine*n Flugbegleiter*in, auch die Platzierung und Grösse der Ausgänge sind darauf ausgelegt. Gerade bei so einem Brand ist dieser Zeitraum entscheidend. Nach 90 Sekunden wird es durch die Hitzeentwicklung und Rauchentwicklung in einem Flugzeug lebensgefährlich. Es ist also entscheidend, dass das funktioniert – was es hier hat.

Wie gehen Flugbegleiter*innen in einem solchen Fall vor?

Sie müssen das Vorgehen in Krisensituationen völlig verinnerlicht haben. Das ist die eigentliche Kernkompetenz der Flugbegleiter*innen. Es geht in diesem Beruf nicht darum, Orangensaft einzuschenken oder Schokolade zu verteilen, sondern darum, die Menschen auch bei solchen Unfällen sicher zu behalten. Das muss immer wieder geübt werden. Sie müssen die Leute bei solchen Crashs antreiben wie Drill Sergeants.

Wie verhaltet man sich als Passagier am besten in so einem Fall?

Man muss unbedingt alle Anweisungen sofort befolgen und am besten noch die Anleitungen, die vor dem Start gezeigt werden, im Kopf haben. Es gibt einen Grund, warum sie auch beim 100. Flug gezeigt werden. Durch Repetition gehen die Anweisungen ins Unterbewusstsein ein – und retten so Leben. 

Zur Person: 
Stefan Eiselin Aerotelegraph
ZVG

Stefan Eiselin ist der Gründer und Herausgeber des Schweizer Aviatik-Magazins «Aerotelegraph».

Man sollte sich ausserdem merken, wo der Notausgang ist. Oft kann es dabei auch hilfreich sein, die Sitzreihen zu zählen. Wenn das Flugzeug voller Rauch ist, sieht man die Pfeile vielleicht nicht mehr. Da ist eine Zählung hilfreich. Als Letztes macht es sicher Sinn, beim Start und der Landung immer seine Schuhe anzubehalten. So können eventuelle Schwierigkeiten wie ein heisser Boden oder scharfe Scherben und Trümmer umgangen werden. 

Wie häufig ist ein solcher Zwischenfall auf der Piste?

Solch ein grosser Crash und Brand ist extrem selten. Da ist irgendwo ein katastrophaler Fehler passiert. Ob er bei den Lotsen oder den Piloten lag, das wissen wir noch nicht. Aber: So etwas darf nicht passieren. Glücklicherweise ist die Luftfahrt in den letzten 30 Jahren massiv sicherer geworden. Man hat riesige Fortschritte gemacht in Technik und Prävention und lernt aus jedem Zwischenfall. Auch dieser Crash wird auf dem Flughafen Tokio-Haneda – und vielleicht sogar in der ganzen Luftfahrt – zu neuen Regeln und Protokollen führen.