Corona-PandmieChina wirbt mit Geschenken für Impfungen
AP/toko
17.4.2021
Angesichts niedriger Infektionszahlen, eines Gefühls relativer Sicherheit und Skepsis ob der Wirksamkeit zögern viele Chinesen, sich impfen zu lassen. Die Regierung will die Bevölkerung nun mit materiellen Anreizen in die Impfzentren locken.
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17.04.2021, 12:36
17.04.2021, 12:45
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China will mit Geschenken seine Impfkampagne vorantreiben. Durch vergünstigte Lebensmittel, Waren und andere Prämien soll die Bevölkerung vom Impfen überzeugt werden. Ein Plakat eines städtischen Gesundheitszentrums in Peking wirbt unter anderem mit kostenlosen Eiern für alle Menschen ab 60 Jahren, die bereits eine Impfdosis erhalten haben.
Dank der erfolgreichen Eindämmung der Corona-Pandemie fühlen sich viele Chinesen weitgehend sicher vor Infektionen und zögern, sich impfen zu lassen. Sie denke, dass es aus einem Gefühl von Sicherheit und Bequemlichkeit für viele keine grosse Eile gebe, sich impfen zu lassen, es sei denn sie würden dazu aufgefordert, sagte Helen Chen, eine Gesundheitsexpertin bei einem Marktforschungsunternehmen in Shanghai.
Nachdem Ende 2019 die ersten Patienten mit Fieber, Husten und Atembeschwerden in Wuhans Krankenhäusern aufgetaucht waren, verhängte die Regierung im Januar 2020 mehrmonatige Ausgangssperren in Wuhan und anderen Städten der Provinz Hubei. Wuhan wurde später als Anfangsort des Ausbruchs der Corona-Pandemie bekannt.
Doch angesichts einer Welt, die sich nach einer Rückkehr zu einer Normalität wie vor der Pandemie sehnt, will sich China weiter öffnen und bereitet sich als Austragungsland der Olympischen Winterspiele im Februar 2022 darauf vor, Zehntausende Besucher zu empfangen.
Nach einem langsamen Start nimmt nun auch die Impfkampagne in China an Fahrt auf und es werden täglich Millionen Dosen verimpft — am 26. März waren es 6,1 Millionen Impfdosen an einem Tag. Zhong Nanshan, ein für die Regierung tätiger hochrangiger Arzt, teilte mit, dass das Ziel für Juni sei, 560 Millionen der insgesamt 1,4 Milliarden Einwohner zu impfen. Die Herausforderung liegt einerseits in der zu bewältigenden Anzahl von Impfungen, andererseits darin, Überzeugungsarbeit zu leisten.
Werbegeschenke und Prämien
In Grossstädten wie Shanghai und Peking setzt die Regierung bisher auf Werbegeschenke und Mitteilungen. Einkaufszentren boten Prämien in Form von Punkten oder Coupons an. Ein Tempel in Peking lockte Geimpfte mit freiem Eintritt; in Shanghai werden Busse als mobile Impfstationen eingesetzt. Und dann gibt es natürlich noch die kostenlosen Eier.
Einige Chinesen haben angesichts der schnellen Entwicklung Bedenken darüber geäussert, wie gut die vorhandenen Impfstoffe aus China und anderen Ländern sind. «Ich glaube nicht, dass so schnell ein wirksamer Impfstoff hergestellt werden kann», sagte Amy Lu, die an einer Universität in Shanghai arbeitet.Die derzeit in China eingesetzten fünf Impfstoffe haben nach Firmenangaben eine Wirksamkeit zwischen 50,7 Prozent und 79,3 Prozent. Das bedeutet aber nicht, dass sie nicht nützlich sind. Experten zufolge helfen Impfstoffe mit über 50 Prozent Wirksamkeit dabei, die Pandemie unter Kontrolle zu bringen und können Krankenhausaufenthalte und Todesfälle verhindern.
China ziehe mehrere Strategien wie das Mixen verschiedener Impfstoffe in Betracht, um die Effektivität zu steigern, sagte Gao Fu, der Direktor des chinesischen Zentrums zur Prävention und Kontrolle von Krankheiten (CDC), am vergangenen Wochenende. Experten sagen, dass in China irgendwann auch andere, bessere Impfstoffe wie die von Moderna und Pfizer/Biontech zum Einsatz kommen könnten. Impfexperte Jin Dong-yan sagte: «Am besten wäre es, die Verwendung anderer, besserer Impfstoffe tatsächlich zuzulassen und sie dem chinesischen Volk zur Verfügung zu stellen, aber das ist wahrscheinlich eine grosse politische Herausforderung.»
Eine Milliarde Impfungen
Das chinesische Unternehmen Fosun Pharma und der deutsche Hersteller Biontech haben sich bereits zusammengetan, um den Pfizer-/Biontech-Impfstoff in China zu vertreiben. Bislang wurde der Impfstoff jedoch nur in den Sonderverwaltungszonen Hongkong und Macao zugelassen, die ihre eigenen Zulassungsbehörden haben.
China müsse möglicherweise mindestens eine Milliarde Menschen impfen, um Herdenimmunität zu erreichen, sagte Wang Huaqing, ein hochrangiger CDC-Vertreter, in einem Interview der Staatsmedien. Anfang April hatten rund 34 Millionen Menschen zwei Impfdosen und 65 Millionen Menschen eine Impfdosis erhalten.
Impfungen sollten eigentlich freiwillig sein, aber übereifrige Bemühungen einiger lokaler Regierungen und Unternehmen veranlassten die Gesundheitsbehörden diese Woche, eine Warnung vor Zwangsimpfungen herauszugeben. Ein Krankenhaus in der Provinz Danzhou entschuldigte sich prompt dafür, dass es Mitarbeitern mitgeteilt hatte, wer nicht geimpft sei, könne entlassen werden.
Pflicht für Funktionäre
In der Provinz Zhejiang wurde am 2. April ebenfalls mitgeteilt, dass alle Regierungsabteilungen, Kader der Kommunistischen Partei und Personen, die an Universitäten arbeiteten, verpflichtet seien, sich impfen zu lassen. Auch die Bewohner der an Myanmar grenzenden Stadt Ruili forderte die Regierung wegen eines kürzlich aufgetretenen Virusausbruchs auf, sich impfen zu lassen.
Eine Impfung kann aber auch bedeuten, lästige Massnahmen zur Pandemiebekämpfung zu umgehen. Der Pekinger Student Bright Li sagte, er habe sich impfen lassen, damit er keine Genehmigung mehr brauche, um den Campus zu verlassen. Die Universität hatte zuletzt Plakate aufgehängt, die einen Studenten öffentlich anprangerten, der den Campus im letzten Winter ohne Erlaubnis verlassen hatte und in ein Gebiet mit einem bestätigten Covid-19 Fall gereist war.
Vereinzelt stösst Chinas Impfkampagne auf Engpässe und Verzögerungen. In Hainans Provinzhauptstadt Haikou verhängten die Gesundheitsbehörden «aufgrund der relativen Knappheit» an Impfstoffen einen vorübergehenden Aufschub für Impfungen mit der zweiten Dosis. Ausgenommen vom Impfstopp waren Menschen, die an zwei bevorstehenden grösseren Veranstaltungen teilnehmen. Engpässe wurden auch aus den Städten Foshan und Xiamen im Süden Chinas gemeldet.