Affären und SkandaleBerlusconi liebte die Schweiz – und lernte sie hassen
tafi
12.6.2023
Zeitraffer-Video: Berlusconis wahres Gesicht blieb früh auf der Strecke
Silvio Berlusconi hat dem jugendlichen Antlitz augenscheinlich auch mittels Schönheits-OPs auf die Sprünge geholfen. Das Zeitraffer-Video zeigt Bilder des italienischen Politikers im Wandel der Jahre.
12.06.2023
Silvio Berlusconi hatte ein zwiespältiges Verhältnis zur Schweiz. Italiens mit 86 Jahren verstorbener Ex-Ministerpräsident genoss privat Partys und Schönheits-OPs, schlug sich politisch aber mit der Justiz herum.
tafi
12.06.2023, 14:03
12.06.2023, 17:59
tafi
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Silvio Berlusconi ist am Montagmorgen im Alter von 86 Jahren gestorben.
Italiens ehemaliger Ministerpräsident hatte ein besonderes Verhältnis zur Schweiz.
Privat liebte und lobte Berlusconi die Schweiz, politisch gab es aber immer wieder Ärger – auch wegen Korruptionsermittlungen.
Italiens ehemaliger Ministerpräsident Silvio Berlusconi ist mit 86 Jahren verstorben. Der streitbare Politiker und Medienmogul hatte mit seinen vielen Affären und Skandalen auch die Schweiz immer wieder beschäftigt.
Doch so innig die Beziehung war, so häufig flogen auch die Fetzen. Einerseits wurde Berlusconi nicht müde, der Schweiz seine Liebe zu versichern: «Sie ist meine zweite Heimat.» Anderseits konnte er in seinen vier Amtszeiten als italienischer Ministerpräsident – insgesamt immerhin neun Jahre — nicht ein einziges Mal zu einem Staatsbesuch durchringen.
Privat freilich war der «Cavaliere» häufig zu Gast, gerne zum Feiern in St. Moritz oder zu Schönheitsoperationen in Gravesano TI, wie der «Blick» weiss. Drei von Berlusconis fünf Kindern wurden in Arlesheim BS geboren, auch fünf Enkelkinder kamen in der Schweiz zur Welt.
Das erste Geld kam von Schweizer Konten
Silvio Berlusconis besonderes Verhältnis zur Schweiz begann schon im Kindesalter. Sein Vater Luigi Berlusconi war einige Jahre in Eriswil im Kanton Bern interniert. Später nutzte Berlusconi senior das Schweizer Bankensystem, um seinem Sohn Geldgeber für die ersten grossen unternehmerischen Tätigkeiten zu vermitteln – Verstrickungen mit der Cosa Nostra inklusive.
Berlusconi hat sich sein Wirtschaftsimperium mit anonymen Finanziers und undurchsichtigen Geldflüssen aus der Schweiz aufgebaut. Die Verstrickungen wurden im Laufe der Jahrzehnte so innig, dass sich die italienische Justiz bei Ermittlungen gegen Berlusconi immer wieder Amtshilfe in Bern ersuchte.
Schweizer Rechtshilfe kommt bei Berlusconi nicht gut an
Die Schweiz habe, so berichtet «20 Minuten», in Dutzenden von Fällen Rechtshilfe geleistet. Dies, obwohl Berlusconis Anwälte häufig bis vor Bundesgericht zogen, um gegen die Herausgabe von Bankdokumenten zu kämpfen.
2005 eröffnete die Bundesanwaltschaft eine eigene Untersuchung wegen Geldwäscherei. Das Verfahren wurde aber im September 2011 eingestellt. Ein grosser Teil der Anklagepunkte war verjährt.
Verurteilt wurde Berlusconi schliesslich 2012 in Italien in der Mediaset-Affäre. Von den erstinstanzlich verhängten vier Jahren Gefängnis wurde drei erlassen. Berlusconis Mediaset-Gruppe war vorgeworfen worden, Filmrechte zu überhöhten Preisen gekauft zu haben, um Schwarzgeld auf geheimen Bankkonten zu hinterlegen. Zur Verschleierung diente ein komplexes Netzwerk von Offshore-Gesellschaften.
Das Leben von Silvio Berlusconi in Bildern
Berlusconi wurde am 29. September 1936 in Mailand als Sohn eines Bankangestellten und einer Hausfrau geboren. Er studierte Jura und verdingte sich als Entertainer auf Kreuzfahrtschiffen.
Bild: KEYSTONE
Sein Aufstieg begann in den 60er Jahren in der Baubranche. In den 70er und 80er Jahren entdeckte er dann den Fernsehmarkt für sich. Er gründete eigene TV-Sender, die er später zum Einstieg in die Politik nutzte.
Bild: Keystone
Dass er in jener Zeit auch den AC Mailand kaufte und diesen bis an die Spitze des europäischen Fussballs hievte, bestärkte 1994 viele in der Ansicht, dass Berlusconi ein Gewinner und Retter Italiens sei. Im Bild: Berlusconi (rechts) im Jahr 2007 nach einem Triumpf des AC Milan.
Bild: KEYSTONE
Der damals 57-Jährige siegte nur zehn Wochen nach der Gründung der Partei Forza Italia 1994 bei den Parlamentswahlen und formte seine erste Mitte-Rechts-Regierung.
Bild: KEYSTONE
Von 2001 bis 2006 und von 2008 bis 2011 stand Berlusconi drei weiteren Regierungen vor, ehe nach dem Rekord von insgesamt 3340 Tagen seine Zeit im Palazzo Chigi vorbei war. Kurz davor war bereits bekannt geworden, dass der verheiratete Mann junge Frauen zu privaten Feiern in seine Villa einlud – der Begriff «Bunga Bunga» war geboren.
Bild: KEYSTONE
Kurz davor war bereits bekannt geworden, dass der verheiratete Mann junge Frauen zu privaten Feiern in seine Villa einlud – der Begriff «Bunga Bunga» war geboren. Im Bild: Berlusconi im Jahr 2013
Bild: KEYSTONE
Noch wuchtiger als alle Sexskandale war die Finanzkrise, wegen der Italien just unter Ministerpräsident Berlusconi an den Rand des Staatsbankrotts schlitterte. Auf Druck internationaler Partner – und auch von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel – musste er Ende 2011 zurücktreten.
Bild: KEYSTONE
Eine weitere Demütigung folgte 2013, als er wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde. Er wurde aus dem Parlament und in den Jahren danach grundsätzlich von politischen Ämtern ausgeschlossen.
Bild: KEYSTONE
Erst zur Europawahl 2019 durfte er wieder antreten und schaffte den Einzug in das EU-Parlament. Dort blieb er bis Oktober 2022, als er in den italienischen Senat – die kleinere der zwei Parlamentskammern – gewählt wurde.
Bild: KEYSTONE
Den Traum, Staatspräsident zu werden, hatte er Anfang 2022 begraben müssen. Was wäre das für eine Pointe gewesen: Silvio Berlusconi als oberster Repräsentant Italiens in der Welt, der das Parlament auflösen, Regierungschefs beauftragen oder ablehnen darf!
Bild: KEYSTONE
Das höchste Amt im Staat hätte zum Selbstverständnis dieses Mannes gepasst, der Dreistigkeit zur Tugend erhob und das Frauenbild in Italien mit sexistischen Bemerkungen nachhaltig zerstörte, wie Kritiker sagten. «Es gibt niemanden auf der Welt, der so tun kann, als könne er mit mir mithalten», sagte Berlusconi einmal über sich selbst. Im Bild: Berlusconi mit unbekannten Frauen im Jahr 2004.
Bild: KEYSTONE
In puncto Unterhaltungswert könnte das stimmen. Berlusconi sorgte in seiner langen Karriere für etliche teils kuriose, teils empörende Momente: 2009 etwa brüskierte er Merkel beim Nato-Gipfel in Kehl, als er aus dem Auto stieg und dann mit dem Handy am Ohr minutenlang am Rheinufer entlang spazierte, statt die verblüffte Gastgeberin zu begrüssen.
Bild: KEYSTONE
Den Spielern seines neuen Vereins AC Monza versprach er Ende 2022 bei einer Weihnachtsfeier einen Bus voller Prostituierter, wenn diese gegen Topteams wie Juventus oder Milan gewinnen.
Bild: KEYSTONE
Im Ausland schüttelten viele den Kopf über Berlusconi, etwa nach dem russischen Angriff auf die Ukraine fiel der Italiener gleich mehrmals mit Kommentaren auf, in denen er Verständnis für den guten Freund Wladimir Putin zeigte. Im Bild: Berlusconi (links) um Jahr 2003 mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei Moskau.
Bild: KEYSTONE
2010 hatte Silvio Berlusconi am Rande eines EU-Gipfels einmal so sein Lebensmotto formuliert: «Ich bin ein fröhlicher Mensch, ich liebe das Leben und die Frauen. Niemand wird mich dazu bringen, meinen Lebensstil zu ändern, ich bin stolz darauf.» Im Bild: Silvio Berlusconi begrüsst bei einem Anlass im Jahr 1986 zwei Frauen.
Bild: KEYSTONE
Das Leben von Silvio Berlusconi in Bildern
Berlusconi wurde am 29. September 1936 in Mailand als Sohn eines Bankangestellten und einer Hausfrau geboren. Er studierte Jura und verdingte sich als Entertainer auf Kreuzfahrtschiffen.
Bild: KEYSTONE
Sein Aufstieg begann in den 60er Jahren in der Baubranche. In den 70er und 80er Jahren entdeckte er dann den Fernsehmarkt für sich. Er gründete eigene TV-Sender, die er später zum Einstieg in die Politik nutzte.
Bild: Keystone
Dass er in jener Zeit auch den AC Mailand kaufte und diesen bis an die Spitze des europäischen Fussballs hievte, bestärkte 1994 viele in der Ansicht, dass Berlusconi ein Gewinner und Retter Italiens sei. Im Bild: Berlusconi (rechts) im Jahr 2007 nach einem Triumpf des AC Milan.
Bild: KEYSTONE
Der damals 57-Jährige siegte nur zehn Wochen nach der Gründung der Partei Forza Italia 1994 bei den Parlamentswahlen und formte seine erste Mitte-Rechts-Regierung.
Bild: KEYSTONE
Von 2001 bis 2006 und von 2008 bis 2011 stand Berlusconi drei weiteren Regierungen vor, ehe nach dem Rekord von insgesamt 3340 Tagen seine Zeit im Palazzo Chigi vorbei war. Kurz davor war bereits bekannt geworden, dass der verheiratete Mann junge Frauen zu privaten Feiern in seine Villa einlud – der Begriff «Bunga Bunga» war geboren.
Bild: KEYSTONE
Kurz davor war bereits bekannt geworden, dass der verheiratete Mann junge Frauen zu privaten Feiern in seine Villa einlud – der Begriff «Bunga Bunga» war geboren. Im Bild: Berlusconi im Jahr 2013
Bild: KEYSTONE
Noch wuchtiger als alle Sexskandale war die Finanzkrise, wegen der Italien just unter Ministerpräsident Berlusconi an den Rand des Staatsbankrotts schlitterte. Auf Druck internationaler Partner – und auch von der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel – musste er Ende 2011 zurücktreten.
Bild: KEYSTONE
Eine weitere Demütigung folgte 2013, als er wegen Steuerbetrugs verurteilt wurde. Er wurde aus dem Parlament und in den Jahren danach grundsätzlich von politischen Ämtern ausgeschlossen.
Bild: KEYSTONE
Erst zur Europawahl 2019 durfte er wieder antreten und schaffte den Einzug in das EU-Parlament. Dort blieb er bis Oktober 2022, als er in den italienischen Senat – die kleinere der zwei Parlamentskammern – gewählt wurde.
Bild: KEYSTONE
Den Traum, Staatspräsident zu werden, hatte er Anfang 2022 begraben müssen. Was wäre das für eine Pointe gewesen: Silvio Berlusconi als oberster Repräsentant Italiens in der Welt, der das Parlament auflösen, Regierungschefs beauftragen oder ablehnen darf!
Bild: KEYSTONE
Das höchste Amt im Staat hätte zum Selbstverständnis dieses Mannes gepasst, der Dreistigkeit zur Tugend erhob und das Frauenbild in Italien mit sexistischen Bemerkungen nachhaltig zerstörte, wie Kritiker sagten. «Es gibt niemanden auf der Welt, der so tun kann, als könne er mit mir mithalten», sagte Berlusconi einmal über sich selbst. Im Bild: Berlusconi mit unbekannten Frauen im Jahr 2004.
Bild: KEYSTONE
In puncto Unterhaltungswert könnte das stimmen. Berlusconi sorgte in seiner langen Karriere für etliche teils kuriose, teils empörende Momente: 2009 etwa brüskierte er Merkel beim Nato-Gipfel in Kehl, als er aus dem Auto stieg und dann mit dem Handy am Ohr minutenlang am Rheinufer entlang spazierte, statt die verblüffte Gastgeberin zu begrüssen.
Bild: KEYSTONE
Den Spielern seines neuen Vereins AC Monza versprach er Ende 2022 bei einer Weihnachtsfeier einen Bus voller Prostituierter, wenn diese gegen Topteams wie Juventus oder Milan gewinnen.
Bild: KEYSTONE
Im Ausland schüttelten viele den Kopf über Berlusconi, etwa nach dem russischen Angriff auf die Ukraine fiel der Italiener gleich mehrmals mit Kommentaren auf, in denen er Verständnis für den guten Freund Wladimir Putin zeigte. Im Bild: Berlusconi (links) um Jahr 2003 mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin bei Moskau.
Bild: KEYSTONE
2010 hatte Silvio Berlusconi am Rande eines EU-Gipfels einmal so sein Lebensmotto formuliert: «Ich bin ein fröhlicher Mensch, ich liebe das Leben und die Frauen. Niemand wird mich dazu bringen, meinen Lebensstil zu ändern, ich bin stolz darauf.» Im Bild: Silvio Berlusconi begrüsst bei einem Anlass im Jahr 1986 zwei Frauen.
Bild: KEYSTONE
Streit und Krisen
Politisch blieben Ermittlungen und Schweizer Rechtshilfe nicht folgenlos: In Berlusconis Amtszeiten war das Verhältnis zwischen Rom und Bern zeitweise eisig. Die Schweiz fror Konten von Berlusconis Firmenimperium ein und beschlagnahmte mehrere Millionen Franken, Berlusconis Regierung reagierte mit politischen Schikanen beim Rechtshilfeverkehr zwischen beiden Ländern.
Ein paar Jahre später kam ein Streit um die Grenzgängerbesteuerung im Tessin hinzu, von der damalige Aussenministerin Micheline Calmy-Rey wie folgt kommentiert: «Wir haben mit Italien eine Krise im Steuerbereich.» Beigelegt wurde sie erst, nachdem Berlusconi nicht mehr als Ministerpräsident amtete.