Geheimdokumente enthüllen Bei diesen Szenarien würde Putin den Atomknopf drücken

twei

28.2.2024

Was die Kreml-Leaks über Putin, Propaganda und Manipulation verraten

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Ein Whistleblower hat westlichen Medien Kreml-Dokumente zugespielt, die zeigen, wie die Bevölkerung vor der Präsidentschaftswahl Mitte März 2024 manipuliert wird. Was das Ganze mit einer kruden Agentenposse zu tun hat, die in den 80ern spielt, erfährst du im Video.

27.02.2024

Wann betätigt Wladimir Putin den Atomknopf? Geheime russische Dokumente, die nun einer britischen Zeitung zugespielt wurden, schlüsseln etwaige Szenarien überraschend detailliert auf.

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Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Kein Land der Welt verfügt über mehr atomare Sprengköpfe als Russland. Welche Kriterien Wladimir Putin für deren Einsatz anlegt, enthüllte jetzt ein Bericht der «Financial Times».
  • Zwar beziehen sich die Geheimdokumente, die der Zeitung zugespielt wurden, auf ein Bedrohungsszenario Chinas, Experten gehen aber davon aus, dass die Kriterien auch auf andere Konflikte übertragen werden können.
  • Trotz der Erkenntnisse aus den geheimen Papieren halten Experten einen russischen Nuklearangriff auf die Ukraine für unwahrscheinlich.

Fast die Hälfte der weltweit verfügbaren Atomsprengköpfe geht auf das Konto von Russland. Sollte Wladimir Putin seine bis dato vagen Andeutungen bezüglich eines Atomschlages im Zuge des Ukraine-Krieges also in die Tat umsetzen, stünde die Welt wohl am Scheideweg. Auch deshalb forderte Liviu Horovitz (40), Nato- und Nuklearexperte bei der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin, Europa müsse sein Atomarsenal aufstocken.

Geheime Dokumente aus Russland ermöglichten der britischen Zeitung «Financial Times» nun seltene Einblicke rund um den ominösen Atomknopf und darüber, wie nah Putins Finger bereits am Auslöser ist.

«Die Dokumente zeigen, dass die operative Schwelle für den Einsatz von Atomwaffen ziemlich niedrig ist, wenn das gewünschte Ergebnis nicht mit konventionellen Mitteln erreicht werden kann», gab Alexander Gabuev, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center in Berlin, eine Einschätzung gegenüber «Blick» ab.

Papier bezieht sich auf «Invasionsszenario Chinas»

Von anonymen «westlichen Quellen» zugespielt, enthalten die Papiere der russischen Streitkräfte «hypothetische Invasionsszenarien Chinas». Damit ist auch klar: Zwar haben sich die beiden Staaten in den vergangenen Monaten angenähert, Putin scheint aber immer noch grosses Misstrauen gegenüber China zu hegen.

Ausserdem beinhalten die Geheimdokumente Details über das russische Verständnis von Atomwaffen und welche konkreten Massnahmen Russland ergreift, um seine Truppen für einen möglichen Einsatz von Atomwaffen zu schulen.

Laut russischer Militärdoktrin sei ein «Einsatz taktischer Atomwaffen in der Vorphase eines Konflikts mit den grossen Weltmächten» durchaus im Bereich des Möglichen. Experteneinschätzungen der Papiere zufolge sei die Schwelle Russlands zum Einsatz von Nuklearwaffen deutlich geringer ausgeprägt, als es Putins Propaganda bislang hatte vermuten lassen.

Russlands Präsident Wladimir Putin verfügt über das grösste Atomwaffenarsenal der Welt.
Russlands Präsident Wladimir Putin verfügt über das grösste Atomwaffenarsenal der Welt.
Bild: Alexander Kazakov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

So lauten Putins Atom-Kriterien

Ganz konkret sagen die Dokumente aus: Russland sieht die Nutzung von Nuklearwaffen als plausibel an, wenn das Land derart viele Truppen verliert, dass es eine «grössere feindliche Aggression nicht aufhalten könnte». Gleiches gelte für den Fall, dass 20 Prozent der russischen U-Boote mit Atomwaffen kampfunfähig sind oder drei oder mehr Kreuzer, Flugplätze oder Kommandozentralen an der Küste Angriffen zum Opfer fallen.

Als potenzieller Aggressor taucht in den Papieren zwar nur China auf. Sollte Russland jedoch in einem anderen Land eine Gefahr erkennen, vermuten Experten, dass der Inhalt des Papiers dann ebenfalls in die Tat umgesetzt werden würde.

Experte glaubt nicht an russischen Atomschlag in der Ukraine

In der Öffentlichkeit beschränkte sich Wladimir Putin bislang auf verbales Säbelrasseln. Einen Nuklearschlag würde es nur als Reaktion auf einen feindlichen Nuklearangriff geben oder wenn er die Existenz Russlands gefährdet sehe, so Putin 2023.

Ungeachtet der von Putin gering betitelten Wahrscheinlichkeit für diese Ereignisse lässt er seine Truppen regelmässig für den Ernstfall üben – unter anderem im Juni und November 2023. Die Strategie dahinter könnte laut Experten darauf abzielen, Gegner mit dem Einsatz von Atomwaffen zu überraschen oder den «Angstanreiz» zu seinen Gunsten zu nutzen, um dem Krieg in der Ukraine ein Ende zu setzen.

Verbale Drohkulissen hin oder her: William Alberque, Direktor der US-Denkfabrik IISS, hielt gegenüber «Financial Times» einen russischen Atomschlag auf die Ukraine für unwahrscheinlich. Dadurch würde die Lage eskalieren und einen britischen oder US-amerikanischen Eingriff in das Kriegsgeschehen nach sich ziehen. «Das ist absolut das Letzte, was Putin will», schätzte Alberque die Lage ein. Obendrein besitze die Ukraine selbst keine Atomsprengköpfe, was Russlands Toleranzschwelle deutlich anhebe.