Wie viele andere StaatenAuch Spanien setzt Impfung mit Astrazeneca-Vakzin aus
SDA/dpa/tafu
15.3.2021
Nach Norwegen, Dänemark und den Niederlanden haben nun auch Deutschland und Spanien die Impfungen mit dem Impfstoff des Herstellers Astrazeneca ausgesetzt. Weitere Untersuchungen seien notwendig.
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15.03.2021, 20:21
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Zunächst war es nur ein vermeintlich schlechter Ruf, nun stoppen mehr und mehr Länder die Impfungen mit dem britisch-schwedischen Impfstoff Astrazeneca. Zuletzt teilte das deutsche Bundesgesundheitsministerium am Montag mit, dass Corona-Impfungen mit dem Präparat des Herstellers vorsorglich ausgesetzt werden. Dabei wurde auf eine aktuelle Empfehlung des deutschen Paul-Ehrlich-Instituts zu notwendigen weiteren Untersuchungen verwiesen.
Spahn: "Das PEI weist darauf hin, dass Personen, die mit #AstraZeneca geimpft wurden & sich mehr als 4 Tage nach Impfung zunehmend unwohl fühlen - z.B mit starken & anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen - sich unverzüglich in ärztl. Behandlung geben sollten."
«Nach neuen Meldungen von Thrombosen der Hirnvenen im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung in Deutschland und Europa, hält das PEI weitere Untersuchungen für notwendig", so ein Sprecher. Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA werde entscheiden, ob und wie sich die neuen Erkenntnisse auf die Zulassung des Impfstoffes auswirken. Der deutsche Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollte sich noch am Nachmittag äussern.
Am Sonntagabend hatte bereits die Niederlande erklärt, für zwei Wochen die Impfungen mit dem Impfstoff auszusetzen. Dies geschehe auf der Grundlage «neuer Informationen», hatte Gesundheitsminister Hugo de Jonge mitgeteilt. Dabei bezog er sich auf sechs Fälle möglicher Nebenwirkungen in Dänemark und Norwegen an diesem Wochenende.
Nach Angaben des Ministeriums wurden in den Niederlanden bisher keine Fälle von schweren Nebenwirkungen bekannt. «Wir müssen immer auf Nummer sicher gehen», sagte der Minister. «Daher ist es klug, nun auf die Pausetaste zu drücken.»
«Extreme Vorsicht» in Italien
Auch in Italien gab es bereits Probleme mit Astrazeneca. Nach dem Tod einer geimpften Lehrkraft hatte die Region Piemont in Italien zunächst vorübergehend die Impfungen mit Astrazeneca ausgesetzt. Man handle aus «extremer Vorsicht», bis man herausfinde, ob die Impfung mit dem Tod in Verbindung stehe, sagte der Gesundheitsbeauftragte der norditalienischen Region, Luigi Genesio Icardi, am Sonntag.
Am Sonntagabend wurden die Impfungen dann wieder aufgenommen, nachdem eine Charge ausgemacht wurde, mit der die Person geimpft worden war. Die Impfungen würden mit anderen Chargen weitergehen, teilte die Region mit.
Frankreich reagiert ebenfalls
Kurz nachdem Deutschland die Impfungen aussetzte, reagierte am Montag allerdings auch Italien mit einem landesweiten Stopp der Corona-Impfungen mit Astrazeneca. Das teilte die italienische Arzneimittel-Agentur Aifa mit. Die Verwendung werde vorsorglich und vorübergehend eingestellt, bis eine Entscheidung der Europäische Arzneimittelbehörde EMA vorliege, hiess es in der Mitteilung weiter. Die Entscheidung fiel demnach im Einklang mit denen anderer Länder in Europa.
Ebenfalls am Montag teilte auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit, man wolle den Impfstoff vorerst nicht mehr einsetzen und die Einschätzung der Europäischen Arzneimittelbehörde abwarten. Es handle sich um eine «Vorsichtsmassnahme», und es bestehe die Hoffnung, dass die Impfungen mit Astrazeneca schnell wieder aufgenommen werden könnten. Macron gab an, Astrazeneca bis mindestens Dienstagnachmittag aussetzen zu wollen.
Spanien setzt ebenfalls Impfung mit Astrazeneca-Vakzin aus
Auch Spanien setzte am Montagabend die Impfungen aus. Als «Vorsichtsmassnahme» werde der Impfstoff für mindestens zwei Wochen nicht mehr eingesetzt, sagte Gesundheitsministerin Carolina Darias.
Grossbritannien will weiter impfen
Generell bleibt die Regierung an der Impfung mit Astrazeneca. Gesundheitsminister Robert Speranza betonte am Sonntag in einem Interview der Zeitung «La Repubblica»: «Die Impfstoffe in Italien und Europa sind alle wirksam und sicher.»
Grossbritannien hält ebenfalls an dem Wirkstoff fest. «Wir prüfen die Berichte genau, aber angesichts der grossen Anzahl verabreichter Dosen und der Häufigkeit, mit der Blutgerinnsel auf natürliche Weise auftreten können, deuten die verfügbaren Beweise nicht darauf hin, dass der Impfstoff die Ursache ist», sagte Phil Bryan von der britischen Aufsichtsbehörde für Arzneimittel (MHRA) einer Mitteilung zufolge. «Alle Menschen sollten sich gegen Covid-19 impfen lassen, wenn sie dazu aufgefordert werden», sagte Bryan.
Zuletzt hatte die irische Impfkommission sich für einen vorübergehenden Stopp der Impfungen mit dem Präparat ausgesprochen, das der britisch-schwedische Konzern Astrazeneca gemeinsam mit der Universität Oxford entwickelt hat. Es handele sich um eine Vorsichtsmassnahme.
Österreich will gesamteuropäisches Vorgehen
Unterdessen sieht Österreich die nationalen Entscheidungen zum vorsorglichen Impfstopp mit Astrazeneca kritisch. Nötig sei vielmehr eine «raschestmögliche, klare Stellungnahme von den Europäischen Behörden für ein gemeinsames gesamteuropäisches Vorgehen», sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Montagabend in Wien. «Wir haben uns bei den Impfungen auf ein gemeinsames europäisches Vorgehen geeinigt. Nationale Einzelgänge sind in diesem Zusammenhang weder effektiv noch vertrauensbildend», so Anschober.
Derart weitreichende Entscheidungen müssten durch fundierte Daten und Fakten eindeutig belegt sein. Derzeit gebe es keinen Beweis für einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Impfstoff von Astrazeneca und den aktuell diskutierten gesundheitlichen Ereignissen, die auch bei ungeimpften Personen auftreten könnten.
Schwere Reaktionen in Dänemark und Norwegen
Zuvor waren einzelne Fälle in Dänemark und Norwegen bekanntgeworden, in denen schwere Blutgerinnsel nach der Verabreichung des Mittels auftraten. In Norwegen sind bei drei jungen Menschen Blutgerinnsel beziehungsweise Hirnblutungen aufgetreten, nachdem sie mit dem Impfstoff geimpft worden sind.
Wie die norwegische Gesundheitsbehörde Folkehelseinstitutt am Samstag mitteilte, arbeiten alle drei im Gesundheitswesen. Es werde nun untersucht, ob es einen Zusammenhang zwischen der Impfung und dem Blutgerinnsel gibt. «So etwas ist sehr selten, aber sehr ernst», sagte Steinar Madsen von der Arzneimittelbehörde dem Norwegischen Rundfunk NRK.
Bislang wurden in Norwegen 121'820 Dosen des Impfstoffs verabreicht. Am Donnerstag stoppte die Gesundheitsbehörde die Vergabe, nachdem in Dänemark ein Mensch kurz nach der Impfung an einem Blutgerinnsel gestorben war. Die Dänen haben bislang aber keinen eindeutigen Zusammenhang feststellen können.
Astrazeneca hatte nach einer Analyse von Impfdaten erneut Sorgen über die Sicherheit seines Corona-Impfstoffes zurückgewiesen. Eine sorgfältige Analyse der Sicherheitsdaten von mehr als 17 Millionen Geimpften in der EU und Grossbritannien habe keine Belege für ein höheres Risiko für Lungenembolien, tiefen Venenthrombosen und Thrombozytopenie geliefert, wie der Konzern am Sonntag in London mitteilte. Damit bezieht sich das Unternehmen nun auf noch mehr Datensätze. Am Freitag hatte Astrazeneca sich bereits ebenso geäussert und dabei auf 10 Millionen Datensätze verwiesen.
In der Schweiz ist der Impfstoff bisher noch nicht zugelassen, die Zulassung hatte sich verzögert. Bis dato vorliegende Daten reichten Swissmedic für eine Zulassung noch nicht aus.