Das Protokoll zum Regierungs-Aus Erst fliegen die Fetzen – dann zerbricht die Ampel

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6.11.2024 - 22:18

Finanzminister Lindner ist am Mittwochabend entlassen worden. 
Finanzminister Lindner ist am Mittwochabend entlassen worden. 
KEYSTONE

Die Ampel-Koalition ist am Ende. Am Mittwochabend zerbricht sie endgültig, Kanzler Olaf Scholz entlässt Finanzminister Lindner. Das Protokoll des Schicksal-Abends.

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Die Ampel-Koalition ist am Ende.
  • Am Mittwochabend zerbricht sie endgültig, Kanzler Olaf Scholz entlässt Finanzminister Lindner.
  • Das Protokoll des Schicksal-Abends in der Übersicht.

Die Spannungen innerhalb der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP haben sich so weit verschärft, dass ein Ende der Zusammenarbeit der drei Parteien wahrscheinlich ist. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) soll Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Neuwahlen vorgeschlagen haben, was dieser jedoch ablehnte. Kurz darauf wurde bekannt, dass Scholz Lindner entlassen hat, was faktisch das Ende der Ampel-Koalition besiegelt.

Die Spitzen der Koalitionsparteien hatten sich getroffen, um über die Zukunft der Zusammenarbeit zu beraten, insbesondere angesichts des Haushaltslochs für 2025 und der angeschlagenen Wirtschaft. Trotz intensiver Gespräche konnte keine Einigung erzielt werden – es ist nun sogar zum grossen Bruch gekommen.

blue News liefert das Protokoll des Abends, an dem die Ampel-Regierung endgültig zerbricht.

18 Uhr: Krisentreffen beginnt

Im Kanzleramt tagt der Koalitionsausschuss seit 18 Uhr. Bereits am Montag und Dienstag liefen erste Gespräche, nun folgt der grosse Krisengipfel. 

Die Koalitionspartner haben sich offenbar auf lange Verhandlungen eingestellt. Laut «Focus» hatte Wirtschaftsminister Robert Habeck die Teilnahme an einer Abendveranstaltung am Donnerstag bereits vorsorglich abgesagt.

18.15 Uhr: Erste Drohung nach aussen

Lindners Chefberater Lars Feld wendet sich nach aussen. Kurz nach dem Start der Krisensitzung erscheint im Politikmagazin «Cicero» ein Interview. Dort geht Feld auf Lindners Vorschläge gegenüber Scholz ein und sagt: «Gelingt es nicht, zu Kompromissen mit SPD und Grünen zu kommen, die substanzielle Teile der gemachten Vorschläge umsetzen, steht die Ampel-Regierung vor dem Aus.»

19.30 Uhr: Merz spricht erstmals von Neuwahlen

Oppositionsführer Christian Merz ist an einem Event verschiedener Start-ups zu Gast. Dort fällt um 19.30 Uhr ein Satz, der aufhorchen lässt. Das Ampel-Aus, so habe er soeben erfahren, sei «sehr wahrscheinlich». Am 9. März sollen Neuwahlen stattfinden, so Merz weiter.

20 Uhr: Knall hinter den Kulissen

Rund zwei Stunden dauert das Krisentreffen bereits, da knallt es hinter den Kulissen. Lindner fordert um 20 Uhr Neuwahlen Anfang 2025. Wie die «Bild»-Zeitung am Abend unter Berufung auf Teilnehmerkreise berichtet, sagte Lindner dort, die Gespräche der vergangenen Tage hätten gezeigt, dass keine ausreichende Gemeinsamkeit für eine Wende in der Wirtschafts- und Finanzpolitik herzustellen sei. Nach dem Wahlsieg Donald Trumps in den USA sei aber eine Wirtschaftswende noch dringlicher geworden.

20.25 Uhr: Die Entlassung

Olaf Scholz spricht sich vorerst gegen Neuwahlen aus. Er entscheidet sich, den Bundesfinanzminister zu entlassen. Es ist das Aus der Ampel-Regierung. Wenige Minuten später dringt die Nachricht an die Öffentlichkeit. 

20.35 Uhr: FDP verlässt Kanzleramt

Laut «Bild» verlässt die FDP-Delegation um kurz nach 20.30 Uhr das Kanzleramt. Noch am Abend soll eine Krisensitzung der FDP stattfinden. Auch die SPD will sich zu Sondierungsgesprächen in der Nacht treffen. 

21.15 Uhr: Scholz spricht öffentlich und skizziert sein weiteres Vorgehen

Um 21.15 Uhr tritt Scholz vor die Medien und macht Lindner schwere Vorwürfe. Dem FDP-Politiker gehe es einzig um die eigene Klientel und um das kurzfristige Überleben der eigenen Partei, sagt Scholz in Berlin. Die Unternehmen im Land bräuchten Unterstützung, sagt er mit Blick auf die schwache Konjunktur und hohe Energiepreise. Er verweist zudem auf die internationale Lage mit den Kriegen in Nahost und der Ukraine. «Wer sich in einer solchen Lage, einer Lösung, einem Kompromissangebot verweigert, der handelt verantwortungslos. Als Bundeskanzler kann ich das nicht dulden.»

Kanzler Scholz gibt bekannt, dass er im Januar die Vertrauensfrage im Bundestag stellen will, um Neuwahlen einzuleiten.

Der Prozess könnte mehrere Monate dauern, da der Bundespräsident nach einer abgelehnten Vertrauensfrage 21 Tage Zeit hat, das Parlament aufzulösen. Zwischen der Auflösung und der Neuwahl dürfen maximal 60 Tage liegen, wobei die Parteien Zeit für die Wahlvorbereitung benötigen. Allfällige Neuwahlen sollen dann bis Ende März durchgeführt werden.