Supervulkan löst 27 Erdbeben ausIn der Region Neapel wächst die Angst vor dem Ausbruch
Tobias Benz
5.3.2024
Seit Monaten lässt der aktive Supervulkan «Campi Flegrei» in der Region um Neapel den Boden erzittern. Alleine an diesem Wochenende bebte die Erde 27-mal. Die Angst vor einem Ausbruch steigt.
Tobias Benz
05.03.2024, 00:00
05.03.2024, 09:05
Tobias Benz
Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen
Ein aktiver Supervulkan hält die Region um die süditalienische Hafenstadt Pozzuoli seit Monaten in Atem.
Unzählige Erdbeben und das Ansteigen des Bodens weisen auf eine mögliche Eruption hin.
Experten glauben jedoch nicht an einen baldigen Superausbruch. Zudem gilt der «Campi Flegrei» als «bestbeobachteter Vulkan der Welt».
Ein Ausbruch vor 40'000 Jahren liess den Vulkan Gestein bis nach Ägypten und Asche bis nach Russland spucken.
Auch die Schweiz wäre von einer Eruption betroffen und wäre je nach Windrichtung innert Stunden von Staub und Asche überdeckt.
«Die Beben sind Teil der normalen Aktivität des Vulkans», versucht Gigi Manzoni, Bürgermeister der süditalienischen Stadt Pozzuoli, die knapp 77'000 Einwohner auf Facebook zu beruhigen. Die malerische Hafenstadt war am Wochenende erneut durch zahlreiche Erdbeben an die im Untergrund schlummernde Gefahr des Supervulkans «Campi Flegrei» erinnert worden.
Medienberichten zufolge waren einige Menschen verängstigt auf die Strassen gerannt und hatten Schutz im Freien gesucht. Schäden oder besondere Probleme wurden jedoch keine gemeldet. Dennoch will Bürgermeister Manzoni die Gebäude jetzt auf ihre Anfälligkeit untersuchen.
Einige der Beben erreichten auf der Richtwertskala eine Stärke von 3,4. Das berichtete das italienische Nationale Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) auf der Plattform «X».
Die Gefahr, die vom Supervulkan ausgeht, ist in der Gegend um Pozzuoli allgegenwärtig. Sie schwingt bereits im Namen mit: Campi Flegrei. Wörtlich übersetzt: Brennende Felder. Die Wissenschaft hat daraus mit etwas mehr Zurückhaltung die Phlegräischen Felder gemacht – ein 150 Quadratkilometer grosses, mit unzähligen Kratern übersätes Vulkanfeld, das jeden Moment in die Luft gehen könnte.
Wann es so weit sein wird, weiss niemand. Was bei einem Ausbruch geschehen könnte, weiss in der Region Neapel dafür jedes Kind. Vor 40'000 Jahren spuckte der Supervulkan Gestein bis nach Ägypten und Asche bis nach Russland. Dabei löschte Campi Flegrei in den grössten Teilen Süditaliens jegliches Leben aus.
Der letzte Ausbruch ist auf das Jahr 1538 datiert. Zuvor hatte sich dabei der Boden über einen Zeitraum von 70 Jahren durch Magmaschübe nach und nach um mehrere Meter angehoben. Das aktuelle Szenario sieht der Vergangenheit erschreckend ähnlich: Seit sieben Jahrzehnten wölben sich die Phlegräischen Felder wieder. In Pozzuoli erkennt man das daran, dass die Kaimauer im Hafen um ein paar Meter höher liegt als früher: Die Fischer haben Schwierigkeiten, sie von ihren Booten aus zu erreichen.
Mit den Magmaschüben kommen auch die Erdbeben. Sie nehmen exponentiell zu. Am Wochenende waren es über die ganze Region verteilt deren 27. Könnte das heissen, dass die Eruption naht?
Evakuation dauert drei Tage
«Das ist wahrscheinlich der bestbeobachtete Vulkan der Welt», beschwichtigte Geophysiker Giovanni Macedonio vom Observatorium des Nationalen Instituts für Geophysik und Vulkanologie (IGNV) in Neapel gegenüber der «dpa». Aktuell herrscht Warnstufe Gelb – erhöhte Wachsamkeit.
Auch ETH-Experte Olivier Bachmann beruhigte bei blue News bereits im Herbst: «Solche Supereruptionen sind äusserst selten und höchst unwahrscheinlich.» Wenn überhaupt, könne ein Ausbruch erst wenige Tage vor der Eruption vorausgesagt werden. Bis dahin kann es noch 1000 Jahre dauern, es kann aber auch viel schneller gehen.
Im Notfall müssten rund eine halbe Million Menschen aus der sogenannten roten Zone in Sicherheit gebracht werden. Drei Tage seien dazu nötig, heisst es seitens der Behörden. Auch die Schweiz wäre betroffen und würde je nach Windrichtung innert Stunden von Staub und Asche überdeckt. Zudem hätte der Superausbruch einen finsteren Himmel und tiefere Temperaturen zur Folge.
Aufgrund der anhaltenden Erdbeben ist die Stimmung rund um Pozzuoli angespannt. Aber man hat auch gelernt, mit der schlummernden Gefahr zu leben. Viele Familien haben stets einen Koffer mit dem Nötigsten gepackt. Auch die Pfarreien in der Region haben schon Vorsorge getroffen. Bei Gottesdiensten bleiben die Kirchentüren offen. So sollen die Gläubigen, wenn etwas passiert, schneller nach draussen kommen.
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