16 Jahre Haft Gericht verurteilt Ex-Boxerin wegen Mordes an ihrem Mann

hn, sda

9.12.2022 - 15:13

Tatort: Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die angeklagte Ex-Boxerin hier den Wirt des Restaurants Des Alpes erschlagen hat.
Tatort: Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass die angeklagte Ex-Boxerin hier den Wirt des Restaurants Des Alpes erschlagen hat.
Keystone / PETER SCHNEIDER

Das Regionalgericht in Thun hat am Freitag die ehemalige Boxweltmeisterin Viviane O. wegen Mordes zu einer Freiheitsstrafe von 16 Jahren verurteilt. 

16 Jahre muss eine ehemalige Box-Weltmeisterin hinter Gitter, weil sie im Oktober 2020 ihren Ehemann in Interlaken erschlagen hat. Die Angeklagte hat die Tat stets vehement bestritten, das Gericht wertete die Indizien als stichhaltig.

Kerzengerade und jede Faser ihres schmalen, durchtrainierten Körpers gespannt, sass die 36-jährige seit Tagen vor dem erstinstanzlichen Regionalgericht in Thun.

Dem Temperamentbündel fiel es sichtlich schwer, sich zurückzuhalten, wenn sie mit dem von Anwälten und Richtern Gesagten nicht einverstanden war. Sie zeigte sich überzeugt, dass mit ihr die falsche Person vor Gericht stand.

«Jemand hat meinen Mann umgebracht und ich stehe nun vor Gericht. Warum? Weil ich Brasilianerin bin, weil ich Boxerin bin, weil mein Mann 27 Jahre älter ist als ich?» fragte sie erzürnt.

Die Anklage verneinte dies und legte stattdessen zwölf Indizien vor, die für das Gericht letztlich ein stimmiges Mosaik ergaben. Gerichtspräsident Jürg Santschi betonte bei der Bekanntgabe des Urteils am Freitag, dass für das fünfköpfige Gericht kein Zweifel bestehe, dass die Angeklagte die Täterin sei.

Keine Einbruchspuren

Die Anklage hatte hingegen die Ermittlungen kritisiert, die sich von Anfang an auf die Angeklagte fixiert hätten anstatt Hinweisen auf eine mögliche andere Täterschaft fundiert abzuklären. Ins Feld führte der Verteidiger etwa einen Riss an einem Fensterrahmen der Wohnung des Mannes.

Einbruchspuren in die Wohnung des Opfers fanden die Ermittler keine. Und auch das Gericht war der Ansicht, dass der Riss unmöglich von einem Einbruch stammen könne. Wäre das Fenster von aussen geöffnet worden, hätte man noch ganz andere Schäden feststellen müssen.

Vielmehr ging das Gericht davon aus, dass es in der Beziehung des Paares gekriselt hatte. Der zur Tatzeit neunjährige Sohn habe sehr glaubhaft dargelegt, dass eine Scheidung ein Thema gewesen sei. Die Angeklagte habe in der fraglichen Zeit auch einem Ex-Freund wieder Avancen gemacht.

Die Ehegatten hätten zunächst einen Kinderwunsch gehabt, von dem der Mann dann wohl wieder abgerückt sei. Die Frau, die zur Tatzeit nicht mehr in der Wohnung des Ehemannes lebte, habe über einen Schlüssel verfügt, den ihr Mann verloren geglaubt hatte. Damit soll sie am Tatabend in die Wohnung gelangt sein.

Das Gericht hielt auch einen Zeugen für glaubwürdig, der das Auto der Angeklagten aufgrund des Geräuschs und seines Aussehens wiedererkannt hatte. Der Zeuge hatte den Cadillac als Mechaniker in einer Garage prüfungsreif gemacht und wusste um einen kleinen Defekt, der ein Geräusch verursachte.

Die Angeklagte hatte vor Gericht beteuert am Abend der Tat zu Hause in Oberried gewesen zu sein und einen Film geschaut zu haben. Tatsächlich konnten die Ermittler eruieren, dass auf dem iPad der Frau am Tatabend ein Film abgespielt wurde, der den ganzen Abend lang lief - inklusive dem ganzen Abspann.

Die Frau habe den Film abgespielt, um Ermittler auf eine falsche Fährte zu locken, kam das Gericht zum Schluss.

Schwerste Straftat

Das erstinstanzliche Regionalgericht erkannte auf die schwerste Straftat, auf Mord. Zusätzlich zur Freiheitsstrafe von 16 Jahren sprach das Gericht einen Landesverweis von 12 Jahren aus. Das Urteil kann an die nächsthöhere Instanz weitergezogen werden. Die Angeklagte bleibt in Haft.

Laut Anklageschrift kam es während Ferien des Paars im Herbst 2020 zum Streit. Danach ignorierte der Ehemann seine Frau weitgehend. Am Tatabend gab die Frau ihrem Sohn an, dass sie wohl noch joggen gehen werde. Sie startete auf ihrem Tablet einen Film. Ihr Mobiltelefon liess die Frau zu Hause. Dann fuhr sie zur Wohnung ihres Mannes, von dem sie wusste, dass er um diese Zeit noch arbeitete.

Als der Wirt gegen 22.20 Uhr nach Hause kam, griff ihn die Kampfsportlerin mit einem Baseballschläger an. Das Opfer erlitt massive Schädelverletzungen. Der Mann müsse unglaubliche Schmerzen und einen langen Todeskampf ausgestanden haben, folgerte die Anklage aus dem Spurenbild in der Wohnung.

Die Angeklagte eroberte 2018 den Championtitel des grössten Boxverbandes der Welt, der World Boxing Association (WBA). Sie betrieb in Interlaken einen Boxkeller.

hn, sda