Analyse zu Wagner-Aufstand «Erheblicher Schaden für Putin und für Russlands Ukraine-Krieg»

euc

25.6.2023

Wladimir Putins ist nach dem Wagner-Aufmarsch deutlich geschwächt.
Wladimir Putins ist nach dem Wagner-Aufmarsch deutlich geschwächt.
Gavriil Grigorov/Pool Sputnik Kremlin/AP/dpa

Unter dem Wagner-Anführer Jewgeni Prigoschin konnte die Söldner-Truppe beinahe ungebremst Richtung Moskau vordringen. Laut Analysen ist Wladimir Putins Macht nun deutlich geschwächt. 

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Knapp einen Tag lang dauerte der bewaffnete Aufstand der Wagner-Söldner gegen den Kreml.
  • Sie waren am Samstag in Russland einmarschiert und hatten die Städte Rostow am Don und Woronesch unter ihre Kontrolle gebracht.
  • Der Kreml bestätigte am Abend einen Deal mit Prigoschin: Es gebe keine Strafverfahren gegen ihn und seine Kämpfer.
  • Prigoschin soll auf dem Weg nach Belarus sein.
  • Laut Analyse vom Institute for the Study of War ist Putin deutlich geschwächt.

euc

Der Kreml hatte Mühe, eine zielstrebige Antwort auf den Wagner-Aufstand festzulegen. Das Institute for the Study of War (ISW) schreibt in seiner jüngsten Analyse des Konflikts: Das mache «die Schwächen der internen Sicherheit, die wahrscheinlich auf die Überraschung und die Auswirkungen der schweren Verluste in der Ukraine zurückzuführen sind, deutlich.»

In der ISW-Analyse heisst es weiter, dass die Ereignisse des Wochenendes «der Regierung Putin und den russischen Kriegsbemühungen in der Ukraine wahrscheinlich erheblichen Schaden zufügen werden», auch wenn sie nicht den unmittelbaren Zusammenbruch der russischen Regierung voraussagen.

Russische Nationalpolizei untätig

Besonders auffällig sei die interne Unfähigkeit. Die russischen Behörden mobilisierten die Rosgvardia, die russische Nationalpolizei, als Reaktion auf den Wagner-Aufmarsch.

Doch «das ISW hat keine Berichte oder Aufnahmen beobachtet, die darauf hindeuten, dass Rosgvardia-Einheiten zu irgendeinem Zeitpunkt mit den Wagners verhandelt haben».

Ringen um Deutungshoheit: Russischer Geheimdienst sieht «Putschversuch beendet», Wagner-Chef widerspricht

Ringen um Deutungshoheit: Russischer Geheimdienst sieht «Putschversuch beendet», Wagner-Chef widerspricht

STORY: Die Kämpfer der Wagner-Gruppe des rebellischen russischen Söldnerchefs Jewgeni Prigoschin hielten sich am Samstagnachmittag hier im Zentrum von Rostow am Don auf. Die Männer interagierten mit Einwohnern der Stadt 500 Kilometer südlich von Moskau. Eine Frau, die in der Menge stand, fragte einen der Kämpfer, ob die Ereignisse den Beginn eines Bürgerkriegs ankündigten. «Nein, alles wird gut – keine Sorge», antwortete der Kämpfer, der sein Gesicht mit einer Maske verbarg. Söldner-Chef Prigoschin verlangte am Samstag, dass Verteidigungsminister Sergej Schoigu und Russlands oberster General Waleri Gerassimow zu ihm in die südrussische Stadt kommen. Er hatte erklärt, er verfüge über 25.000 Kämpfer, die «die Gerechtigkeit wiederherstellen» würden, und hatte behauptet, das Militär habe bei einem Luftangriff eine grosse Zahl von Kämpfern seiner privaten Wagner-Miliz getötet, ohne dafür jedoch Beweise vorzulegen. Das russische Verteidigungsministerium widersprach der Darstellung. Prigoschins Wagner-Miliz hatte im vergangenen Monat die Einnahme der ukrainischen Stadt Bachmut angeführt und beschuldigt Schoigu und Gerassimow seit Monaten offen der Inkompetenz und der Verweigerung von Munition und Unterstützung für Wagner. Nun behauptet Wagner, die Kontrolle über alle militärische Einrichtungen hier in Rostov am Don zu haben. Die russische Regierung sprach nach der Mobilisierung der Wagner-Kämpfer und dem Marsch nach Norden von einem Putschversuch. Dieser sei aber bereits gescheitert sei. so der russische Auslandsgeheimdienst.

25.06.2023

Instabilität im Kreml

Dabei hat Rosgvardia die Aufgabe, interne Bedrohungen für die Sicherheit der russischen Regierung abzuwehren, wie beispielsweise einen Vormarsch auf Moskau. Es sei «bemerkenswert, dass Rosgvardia nicht eingriff, obwohl Wagner wichtige militärische Einrichtungen in Rostow am Don einnahm und russische Militärflugzeuge zerstörte.»

Der Kreml sieht sich nun mit einem zutiefst instabilen Gleichgewicht konfrontiert. Das von Lukaschenko ausgehandelte Abkommen sei eine kurzfristige Lösung, keine langfristige, und Prigoschins Rebellion hat schwere Schwächen des Kremls und des russischen Verteidigungsministeriums offenbare.

Russische Streitkräfte lächerlich gemacht

Ausserdem heisst es: «Das Bild von Putin, der im nationalen Fernsehen zur Beendigung einer bewaffneten Rebellion aufruft und vor einer Wiederholung der Revolution von 1917 warnt – und dann die Vermittlung eines ausländischen Führers zur Beilegung der Rebellion verlangt – wird eine nachhaltige Wirkung haben.»

Der Aufstand habe die Schwäche der russischen Sicherheitskräfte offenbart und« gezeigt, dass Putin nicht in der Lage ist, seine Streitkräfte rechtzeitig einzusetzen, um eine innere Bedrohung abzuwehren.» Das führe dazu, dass sein Gewaltmonopol weiter ausgehöhlt wird. Prigoschins rasanter Vorstoss in Richtung Moskau «machte einen Grossteil der regulären russischen Streitkräfte lächerlich.»