Wir sind die SchweizTamara Brog (25) erweckt das Hotel Grimsel Passhöhe zu neuem Leben
Marianne Siegenthaler
25.7.2018
Familie Brog hat das stillgelegte Hotel auf der Grimsel Passhöhe gekauft und liebevoll saniert. Seit ein paar Wochen gehen wieder Gäste ein und aus.
Sieben Jahre lang war das Hotel auf der Grimsel Passhöhe auf 2165 Meter über Meer leer und verlassen. Seit Ende Juni herrscht wieder viel Betrieb. Familie Brog aus Innertkirchen BE hat das baufällig Hotel am Ufer des Totensees gekauft und umfassend saniert.
Eine Ausnahme, denn viele traditionsreiche Hotels an den Passstrassen sind heute geschlossen. Das Engagement der Familie Brog bewog die Schweizer Berghilfe, das Projekt Hotel Grimsel Passhöhe finanziell zu unterstützen . «Bluewin» hat mit der Betriebsleiterin des Hotel Grimsel Passhöhe Tamara Brog gesprochen.
Bluewin: Frau Brog, Sie sind erst 25 Jahre alt, haben gerade die Hotelfachschule abgeschlossen und sind jetzt Betriebsleiterin im Hotel Grimsel Passhöhe. Wie ist es dazu gekommen?
Tamara Brog: Vor etwas mehr als einem Jahr fragten mich meine Eltern, welches das schönste Haus an der Grimsel ist. Ich musste nicht lange überlegen: Natürlich das strahlend weisse Haus am See. Und genau da wollten sie zusammen mit mir einen Familienbetrieb eröffnen.
Und wie haben Sie reagiert?
Im ersten Moment war ich geschockt und musste erst mal eine Nacht darüber schlafen. Ich bin ja noch recht jung und will auch mal die Welt bereisen. Das habe ich dann mit meinen Eltern besprochen. Ihnen ist natürlich schon klar, dass ich nicht bis zur Pensionierung gebunden sein will, und so stimmte ich zu.
Ihr Hotel ist also ein Familienprojekt. Gibt es da keine Reibereien?
Natürlich gibt es Diskussionen, aber grundsätzlich ziehen wir alle am selben Strick. Ich bin Betriebsleiterin, da ich mit meiner Ausbildung dafür die nötigen Voraussetzungen habe. Mein Vater hat das Hotel entdeckt und zu neuem Leben erweckt. Meine Mutter unterstützt mich mit ihrer Erfahrung im Gastro-Bereich. Meine Schwester wird demnächst ebenfalls hier einsteigen, und sogar mein Bruder, der eine Lehre als Zimmermann absolviert, unterstützt uns am Wochenende.
Das Hotel stand sieben Jahre lang leer. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Unser Hotel soll mehr sein als einfach ein Ort, wo man zufällig Halt macht, wenn man über den Grimsel fährt. Vielmehr streben wir an, dass die Leute gerade wegen unserem Hotel hierherkommen. Nicht nur die Zimmer wurden sehr sorgfältig renoviert, wir legen auch viel Wert auf eine frische Küche mit lokalen Zutaten und natürlich einen persönlichen Service.
Und wie kommt das bei den Gästen an?
Die Eröffnung ist noch nicht lange her, aber bisher läuft es sehr gut. Manche machen auf einer 3-Tages-Velotour hier einen Zwischenhalt, andere kommen hierher für Wanderungen. Und am Wochenende besuchen uns auch Tagesgäste.
Nun leben Sie auf über 2000 Metern auf dem Pass. Fehlen Ihnen Freunde, Ausgang und Kino nicht?
Das Zusammensein mit meinen Freunden vermisse ich schon etwas. Aber ich wusste ja, auf was ich mich einlasse mit dem Familienprojekt. Und während meiner Ausbildung hatte ich auch wenig Zeit für meine Freunde. Aber hier auf dem Grimselpass herrscht eine einzigartige Stimmung, die mich für vieles entschädigt. Besonders am morgen früh, wenn das Wasser noch ganz ruhig ist, ist es hier wunderschön. Und über mangelnde Kontakte kann ich mich dank unserer Gäste, mit denen ich mich gerne austausche, auch nicht beklagen.
Jetzt herrscht viel Betrieb, aber das ist vermutlich nicht immer der Fall. Ist es dann nicht gar etwas einsam auf dem Grimselpass oben?
Das kann ich mir im Moment noch nicht so recht vorstellen. Bis jetzt war ja immer viel los, und wenn das Wetter mal nicht so gut ist und wenig Gäste zu betreuen sind, gibt es immer noch jede Menge zu tun, Bürokram zum Beispiel, oder auch putzen.
Welchen persönlichen Bezug haben Sie zu den Bergen und der Schweiz allgemein?
Ich liebe meine Heimat und natürlich ganz besonders die Berge. Früher machte ich häufig Wanderungen, doch durch die Gastronomie habe ich viel weniger Zeit «Zbärg zga». Die hochalpine Natur ist herrlich. Ich geniesse die wunderbaren Stimmungen, wenn die Sonne aufgeht und die Berggipfel erleuchtet.
Was gefällt Ihnen besonders an Ihrem «neuen» Leben?
Ich lebe und arbeite da, wo andere Ferien machen. Das ist grossartig. Aber mich freut es auch, wie das Hotel in neuem Glanz erstrahlt. Das Beste aber ist, dass die ganze Familie mit anpackt und wir mit einigen einheimischen Mitarbeitenden ein super Team bilden.
Was weniger?
Dazu fällt mir jetzt nichts ein. Klar sind es lange und harte Arbeitstage. Und auch die Planung ist sehr schwierig, da einerseits das Wetter eine wichtige Rolle spielt. Anderseits viele Gäste auch ganz spontan vorbeikommen und nach einem freien Zimmer fragen. Aber in der Gastronomie ist das eben so, das kenne ich ja bereits und habe mich bewusst darauf eingelassen.
Wie sehen Sie Ihre Zukunft?
Jetzt steht auf jeden Fall das Hotel Grimsel Passhöhe an erster Stelle. In Zukunft werde ich sicher auch mal reisen gehen. Aber wann der Zeitpunkt gekommen ist – wir werden sehen.
Seit 1943 setzt sich die Schweizer Berghilfe für die Menschen in den Schweizer Bergen ein. Sie unterstützt Projekte, die Arbeitsplätze und Wertschöpfung im Berggebiet schaffen. Damit wird der Abwanderung entgegen gewirkt und dafür gesorgt, dass die Bergregionen auch in Zukunft lebendig bleiben. Die Schweizer Berghilfe finanziert sich ausschliesslich durch Spenden. berghilfe.ch
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