Tourismusbranche leidet So reagieren Schweizer Reiseanbieter auf die Italien-Sperre

Von Jennifer Furer

10.3.2020

Die Italien-Ferien fallen dieses Jahr für tausende Schweizer ins Wasser. Der Coronavirus hat die Reisebranche fest im Griff. Auch der Schweizer Tourismus leidet.

Italien ist isoliert. Ein- und Ausreisen sind bis auf Weiteres nicht möglich. Die Regierung will so die weitere Ausbreitung des Coronavirus eindämmen. Von der Massnahme betroffen sind auch unzählige Schweizer, die ihre Ferien oder ein Wochenende in Italien verbringen wollten.

Die Schweizer Reiseanbieter reagieren jetzt auf die am Dienstag verhängte Italien-Einreisesperre. Bianca Gähweiler, Sprecherin bei Hotelplan Schweiz, sagt: «Reisen nach Italien können während der nächsten 30 Tage kostenlos umgebucht oder annulliert werden.» 

Beim Ferienwohnungsvermittler Holiday Home Division würden alle Buchungen von und nach Italien mit Reisebeginn bis zum 3. April kostenlos annulliert oder umgebucht, so Gähweiler. Wenn ein Kunde während der nächsten 30 Tage nach Italien reisen wolle, könne er das auf eigenes Risiko tun. «Er muss aber eine sogenannte Enthaftungserklärung unterschreiben», sagt Gähweiler.



Von der Italien-Sperre seien derzeit Kunden im tiefen dreistelligen Bereich betroffen. «Bei der Holiday Home Division bewegt sich die Anzahl betroffener Buchungen zusätzlich im selben Bereich», sagt Gähweiler. Die Sprecherin von Hotelplan Schweiz sagt, dass Buchungen für die kommenden Sommer- oder Herbstferien nach Italien ohne Einschränkungen möglich seien.

Keine Neubuchungen möglich

«Wir beobachten die Situation laufend und sind in engem Austausch mit unseren Mitarbeitenden und Agenten in den jeweiligen Ländern», sagt Gähweiler. Zudem halte man sich immer an die Angaben des Bundesamtes für Gesundheit und des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten.

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Als Sprecherin von Hotelplan wirbt Gähweiler damit, Buchungen über ein Reisebüro vorzunehmen: «Wir sind Profis an der Front, kennen uns in fast allen Destinationen dieser Welt aus und können die Kunden so optimal zu ihren Ferienplänen beraten.» Ein weiterer Pluspunkt gegenüber Online-Portalen sei, dass ein Reisebüro jederzeit für die Kunden erreichbar sei.

Bei Kuoni und Railtour sieht die Situation anders aus. Sprecher Markus Flick sagt: «Alle Reisen bis Anfang April sagen wir ab und nehmen auch keine Neubuchungen entgegen.» Kunden, die eine Veranstalterreise gebucht haben, erhielten die volle Rückerstattung.



Für die meisten bereits angemeldeten Reisen seien in der vergangenen Woche Umbuchungen oder Stornierungen vorgenommen worden. «Für Reisen ab Mitte April werden wir das Vorgehen zu einem späteren Zeitpunkt definieren. Es hängt von weiteren behördlichen Entscheidungen ab», sagt Flick.

Weniger betroffen ist der Schweizer Reiseanbieter TUI. Sprecherin Milica Vujcic sagt, dass seit des Bekanntwerdens der ersten COVID-19-Fälle in Norditalien sowie der weiteren Entwicklung des Virus in den anderen Regionen zwar weniger Buchungen getätigt würden.

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Das Reisebüro biete die Destination Italien allerdings in erster Linie als Sommerreiseziel an. «In den Skiregionen in Südtirol neigt sich mittlerweile die Saison dem Ende zu. TUI hat eine sehr geringe Anzahl von Buchung für die betroffenen Regionen in Italien», so Vujcic. «Unsere TUI-Reise-Experten kontaktieren nun die betroffenen Kunden, informieren diese aktiv über die aktuellen Reisehinweise und suchen gemeinsam nach individuellen Lösungen.»



Auch Airlines und Charterflüge sind von den eingeschränkten Reisemöglichkeiten betroffen. Mehdi Guenin, Sprecher der Helvetic Airways: «In Bezug auf unsere eigenen Flugoperationen kann man sagen, dass eine signifikative Anzahl an geplante Spezial- und Charterflüge bereits abgesagt oder auf einen späteren Zeitpunkt umgebucht wurde, die Situation bleibt hier äusserst dynamisch.»

Für eine Bestandsaufnahme sei es vorerst zu früh. «Im Moment fokussieren wir uns auf die notwendigen internen Massnahmen, dies um die richtigen Weichen für die kommenden Wochen und Monate zu schaffen.»

Investitionen neu evaluieren

Helvetic Airways passe ihre Kapazitäten ständig an. «Bei Helvetic Airways analysieren wir ruhig die Situation und ergreifen keine voreiligen Massnahmen. Unser Fokus liegt derzeit auf Kostensenkungen, so passen wir beispielsweise unsere Trainings- und Schulungspläne und Crewbedarf an die aktuelle Situation an.»

Dienstreisen würden auf ein Minimum reduziert und dringende, betriebsnotwendige Investitionen würden neu evaluiert und zum Teil auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. «Diese Massnahmen sollen unseren Betrieb nicht beeinträchtigen und unsere Mitarbeiter finanziell nicht belasten», sagt Guenin.

Einen positiven Effekt

Anders sieht die Situation bei Edelweiss aus. «Wir haben bis zum heutigen Zeitpunkt keine Flüge aufgrund des Coronavirus gestrichen. Die operationelle Lage ist bei uns stabil. Wir merken nach heutigem Stand einen leichten Buchungsrückgang», sagt Sprecher Andreas Meier.

Und auch Hotelplan Schweiz sagt, dass sie weitere Charterflüge buchen und durchführen würden. «Solange die Airlines noch nach Italien fliegen, können auch die Charterplätze von Hotelplan Suisse normal gebucht werden», sagt Sprecherin Gähweiler.

Für den Schweizer Tourismus hat das eingeschränkte Reiseverhalten einen positiven Effekt. Wie Martina Bieler, Leiterin Kommunikation vom Schweizer Tourismus-Verband, sagt: «Der einzige positive Effekt könnte sein, dass Schweizer Gäste ihre Ferien vermehrt vom Ausland ins Inland verlegen.»



Die Anzahl Übernachtungen von inländischen Gästen werde voraussichtlich zunehmen. «Der Ausfall der ausländischen Gäste kann dadurch aber nicht kompensiert werden», so Bieler.

Bereits jetzt sei die Anzahl Gäste aus dem Ausland stark rückläufig. «Die gesamte Tourismusbranche wird im ersten und auch im zweiten Quartal 2020 erhebliche Einbussen in Kauf nehmen müssen», so Bieler. Die Zahlen vom letzten Jahr mit insgesamt 39,6 Millionen Übernachtungen – davon 21,6 Millionen aus dem Ausland – würden markant zurückgehen. Gemäss ersten Einschätzungen um rund 20 Prozent.

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Die Tourismusverbände versuchen nun, auf politischer Ebene Einfluss zu nehmen. «Sie fordern vom Bundesrat, dass stark betroffene KMU rasch und unbürokratisch unterstützt werden», sagt Bieler. Im Zentrum stünden dabei ein pragmatischer Ansatz bei der Kurzarbeit sowie die Überbrückung von Liquiditätsengpässen.

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