Kolumne Weihnachtsmärkte – warum tun sich die Menschen diesen Trubel an?

Von Marianne Siegenthaler

9.12.2019

Alle Jahre wieder fragt sich die Kolumnistin: Was treibt die Menschen in Massen an die Weihnachtsmärkte?
Alle Jahre wieder fragt sich die Kolumnistin: Was treibt die Menschen in Massen an die Weihnachtsmärkte?
Bild: Keystone

Weihnachtsmärkte gehören zur Vorweihnachtszeit wie die Essiggürkli zum Raclette. Für viele ist ein Bummel durch die festlich geschmückten Buden der absolute Höhepunkt im Advent – aber nicht für unsere Kolumnistin.

Alle Jahre wieder frage ich mich: Was treibt die Menschen in Massen an die Open-Air-Veranstaltung namens Weihnachtsmarkt?

Es ist kalt. Manchmal sogar sehr kalt. So kalt, dass einem im Nullkommanix beinahe die Ohren abfrieren. Und die Füsse. Aber fast nie ist kalt genug für ein bisschen leise rieselnden Schnee.

Dafür ist es nass, denn Regen gehört fast schon zwingend mit dazu. Der tropft oder eher rinnt einem dann von den Dächern der genormten Holzhäuschen fadegrad in den Kragen, wenn man zur falschen Zeit am falschen Ort steht. Und bildet grossen Pfützen auf dem Boden, in denen sich allerhand ansammelt. Zigarettenstummel zum Beispiel.



Oder Wurstpapier. Glühweinbecher. Maronischalen. Oder irgendwelches Schleckzeug, das dem kleinen Finn oder der Sophia aus der Hand gefallen ist. Worauf er oder sie laut brüllend den Verlust beklagt.

Verzweiflung und Körperverletzung

Überhaupt ist es auch unsäglich laut an diesen Weihnachtsmärkten. Stille Nacht? Von wegen.

Aus irgendeinem Lautsprecher dröhnt immer, wirklich immer «Last Christmas» oder «Jingle Bells». Oder auch beides gleichzeitig aus verschiedenen Richtungen. Und der Song bleibt einem dann die nächsten 24 Stunden als nerviger Wurm im Ohr erhalten.

Möglicherweise ist es einfach pure Verzweiflung, die so viele Menschen auf die Weihnachtsmärkte treibt. Genau. Die verzweifelte Suche nach einem passenden Geschenk für die liebe Familie, die Freunde und die Verwandten. Nachdem man weder in den Läden noch im Internet fündig geworden ist, bleibt doch die Hoffnung, dass es hier mit dem Präsent endlich klappt.

Aber freut sich Tante Amelie wirklich über eine Holzpuppe made in China? Die Arbeitskollegin über einen Traumfänger aus weissen Federn? Der Göttibub über ein hochwertiges Lernspielzeug aus Holz? Und das Grossmami über einen Aromavernebler? Eben.



Apropos Aroma: Der Geruchsmix an Weihnachtsmärkten ist für mich nebst den Menschenmassen das absolut Schlimmste und grenzt schon fast an Körperverletzung. Raclette, Duftlämpchen, Bratwurst, verbrannte Mandeln, Maroni, Massageöl, Frühlingsrollen, Frittieröl, Hamburger – und natürlich Glühwein.

Ohne Glühwein geht am Weihnachtsmarkt gar nichts. Denn erst ein, zwei Becher davon machen die Kälte, die Nässe, das Gedränge, den Lärm und die Gerüche erträglich.

Und plötzlich findet man es gar nicht mehr so schlimm am Weihnachtsmarkt.

Marianne Siegenthaler ist freie Journalistin und Buchautorin. Wenn sie grad mal nicht am Schreiben ist, verbringt sie ihre Zeit am liebsten im, am und auf dem Zürichsee.

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