Von der RolleWC-Papier als neues Small-Talk-Thema – was für eine Welt!
Von Gil Bieler und Tobias Bühlmann
29.3.2020
Das Coronavirus verwandelt einen Gegenstand, an den wir normalerweise keine Gedanken verschwenden, in ein begehrtes Gut. Toilettenpapier ist in aller Munde, wird sogar gehamstert – wie konnte es nur so weit kommen?
In der Aufwärmrunde zur Apokalypse, die wir in der Schweiz gerade drehen, macht kein Gegenstand eine so erstaunliche Karriere durch wie das Toilettenpapier.
Die Rollen sind über Nacht zum begehrten Gut geworden – und die Frage, wo man überhaupt noch Nachschub herkriegt, hat sich als neues Small-Talk-Thema etabliert. Das merken wir schon an der morgendlichen «Bluewin»-Redaktionssitzung via Skype: Irgendjemand kommt fast immer auf das Thema zu sprechen.
Krass. Oder hätten Sie sich vorstellen können, wie viele Gedanken man sich zu WC-Papier machen kann? Einem Gegenstand, der nach Gebrauch innert Sekunden aus unserem Leben scheidet? Doch heute sieht die Sache anders aus. Aus Australien und den USA erreichen uns Bilder von Menschen, die sich um die letzte Packung streiten, und wohl jeder stand mittlerweile schon vor einem leer gefegten Regal in der Migros oder im Coop.
Eine umtriebige Verkäuferin vom Laden um die Ecke tröstet den enttäuschten Kunden gar mit einem Geheimtipp: An einer bestimmten Tankstelle gebe es noch palettenweise WC-Papier, das wisse sie ganz genau. Wenn das so weitergeht, sind wir nur noch einen Schritt von dubiosen Hinterhof-Deals mit völlig überteuertem WC-Papier entfernt.
Die Psychologie der Hamsterkäufe
Überhaupt, diese Hamsterkäufe: Dass man sich in der allgemeinen Verunsicherung mit Teigwaren und Reis eindeckt, ist ja noch nachvollziehbar. Aber Toilettenpapier? Wie konnte es bloss so weit kommen? Diese Frage müssen derzeit Experten weltweit ergründen.
Psychiater Michael Huppertz wurde im Interview mit «Watson.de» besonders tiefgründig: «Das Toilettenpapier unterscheidet den Menschen vom Tier», sagte er dem Newsportal. Viele Leute hätten nun bereits das schlimmstmögliche Szenario vor Augen und handelten nach der Devise: «Wenn ich mich in Krisenzeiten schon nicht versorgen kann, dann darf zumindest das Klopapier nicht fehlen. Denn da geht es wirklich ans Körperliche, an die Würde.»
Auch der Herdentrieb des Menschen muss als Erklärung herhalten. Im englischsprachigen Raum spricht man von «Fear of missing out» – der Angst, leer auszugehen. «Die Leute denken, wenn diese Person das kauft, wenn mein Nachbar das kauft, dann gibt es dafür gute Gründe und ich brauche das auch», sagte Nitika Garg, Forscherin an der australischen University of New South Wales, zur BBC. Bloss nicht als letzter Depp vor dem leeren Regal stehen, so lautet die Erklärung von Fachleuten.
Dieser Effekt kann auf alles Mögliche zutreffen. Dass nun ausgerechnet Toilettenpapier gehortet werde, habe «etwas Zufälliges», meinte Wirtschaftsprofessor Bruno S. Frey in der «Luzerner Zeitung». «Wenn man dann zu Hause erstmals einen Jahresvorrat WC-Papier hat, merkt man schon, dass das nicht viel bringt.»
Herstellern drohen magere Jahre
Für die Hersteller könnt sich der Run auf Toilettenpapier am Ende übrigens sogar negativ auswirken. Denn eigentlich ist WC-Papier ein unspektakulärer Artikel: Jeder braucht davon ungefähr gleich viel, auch fehlen saisonale Schwankungen – niemand braucht im Winter plötzlich mehr davon. Der Verbrauch in der Schweiz liegt bei etwa 21 Kilogramm pro Hintern und Jahr.
Weil die Nachfrage gewöhnlich so gradlinig verläuft, ist es für die Hersteller von Toilettenpapier auch nicht so einfach, ihre Produktion plötzlich massiv hochzufahren, wie der US-Podcast «Planet Money» feststellte. Und es wäre auch nicht im Interesse der Hersteller.
Denn all jene, die nun daheim einen Vorrat für die nächsten zwei Jahre bunkern, werden in der folgenden Zeit vermutlich kaum noch neues WC-Papier kaufen. Das begehrte Gut ist zwar sehr lange haltbar, braucht aber auch einiges an Platz – auf Dauer werden viele nun also ihre Vorräte abbauen und entsprechend kein neues WC-Papier mehr kaufen. Den Herstellern drohen also für die nächste Zeit sogar Umsatzeinbussen.
Selbst Hollywoodstars sitzen im selben Boot
Das kann man sich heute wohl noch kaum vorstellen, doch andererseits – wer hätte vor ein paar Wochen noch gedacht, dass sich auch die Hollywood-Prominenz Sorgen um den WC-Papiervorrat macht? Schauspieler Woody Harrelson hofft offenbar, er könne aus einer leeren Rolle Nachschub ziehen.
Glücklich können sich da die Menschen in Indien, Sri Lanka, Thailand und allen anderen Ländern schätzen, bei denen sich WC-Papier gar nie durchsetzen konnte. Sie setzen stattdessen auf Wasser. Zum Abschluss sei dieses Video eines Philippinos empfohlen, der uns im Abendland mit musikalischem Pfiff eine Alternative zum Toilettenpapier anpreist.
Die tröstliche Botschaft, die Herr und Frau Schweizer daraus ziehen können: Was auch noch alles kommen mag, am fehlenden WC-Papier geht eine Gesellschaft nicht zugrunde.
Ein Mann geht an Tonnen von Müll vorbei, die am Fusse des Wasserkraftwerks am Potpecko-Stausee in Serbien schwimmen. Vor allem Plastikabfälle gelangen durch Nebenflüsse in den Stausee und sammeln sich hier an. Eine serbische Zeitung schrieb bereits von einer «fliessenden Müllhalde». (26.1.2021)
Bild: Darko Vojinovic/AP/dpa
Klein, aber oho: Ein internationales Forscherteam hat auf Madagaskar eine neue Chamäleonart entdeckt, bei der das Männchen lediglich 13,5 Millimeter lang ist. Obwohl das männliche Tier das kleinste unter rund 11'050 Reptilienarten ist, verfügt es in Relation zur Körpergrösse über die grössten Genitalien. Der Grund: Eine erfolgreiche Paarung mit den bedeutend grösseren Weibchen wäre sonst nicht möglich. (28.1.2021)
Bild: Frank Glaw/SNSB-ZSM/dpa
Feuer an der Tankstelle: Die deutsche Rastanlage Hunsrück Ost an der Autobahn A61 ist einer nur knapp einer Katastrophe entgangen, nachdem hier ein Kleintransporter beim Betanken in Vollbrand geriet. Erst die Feuerwehr konnte das Feuer löschen – zuvor hatte der Kassier allerdings richtig reagiert und per Notschalter die ganze Tankanlage ausser Betrieb genommen. (28.1.2021)
Bild: Keystone
Winston hat das Coronavirus besiegt: Der Gorilla erholt sich im Zoo von San Diego nach einer umfangreichen medikamentösen Behandlung von einem schweren Verlauf seiner Corona-Infektion. Bei dem 48-jährigen Silberrücken Winston waren im Zuge der Infektion eine Lungenentzündung und Herzprobleme aufgetreten. Er wurde daraufhin mit einer Antikörper-Therapie, Herzmedikamenten und Antibiotika behandelt. (26.1.2021)
Bild: Ken Bohn/San Diego Zoo Global/dpa
Und sie tun es immer noch: In Rio De Janeiro tummeln sich grosse Menschenmengen auf engem Raum am Strand von Ipanema in Rio de Janeiro. Und das, obwohl Brasilien nach wie vor sehr hohe Corona-Fallzahlen hat.
Bild: Bruna Prado/AP/dpa
Von Ruhe auf einer Parkbank kann hier nicht die Rede sein: Möwen und Tauben schwirren und fliegen um eine Frau in Tokio umher. (26.1.2021)
Bild: Eugene Hoshiko/AP/dpa
Nasskaltes Ende: Zwischen Frauenfeld und Matzingen ist eine 33-jährige Wagenlenkerin bei Glatteis von der Strasse abgekommen und im Murgkanal gelandet. Die Frau wurde mit leichten Verletzungen ins Spital gebracht. (26.1.2021)
Bild: Kapo TG
Banger Blick zum Horizont: Ein freiwilliger Helfer benutzt sein Walkie-Talkie, während er den Vulkan Mount Merapi während einer Eruption überwacht. Der Vulkan, der als einer der gefährlichsten der Welt gilt, ist erneut ausgebrochen und spukte mehrere Stunden glühende Asche und Gestein. (27.1.2021)
Bild: Slamet Riyadi/AP/dpa
Galionsfigur mit Kettensäge: Im ungarischen Szilvásvárad streckt sich ein Feuerwehrmann auf dem Dach eines Zugs, um einen Ast abzusägen, der unter der Schneelast heruntergebrochen ist und die Bahnstrecke blockiert. (25.1.2021)
Bild: Keystone
Himmlische Hilfe: Feuerwehrfrau Tegan Rayner von der Belair Brigade CFS freut sich über den Regen, während sie nach Löscharbeiten der Buschbrände in Cherry Gardens in der Nähe von Adelaide, Australien, steht. (25.1.2021)
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