Kolumne am Mittag Warum Carl Jakob Haupt einen festen Platz in meinem Herzen hat

Von Markus Wanderl

10.4.2020

Wie das personifizierte Lächeln – der früh verstorbene Carl Jakob Haupt.
Wie das personifizierte Lächeln – der früh verstorbene Carl Jakob Haupt.
Bild: Keystone

An Karfreitag vor einem Jahr ist der Modeblogger und Switzerland's-next -Topmodel-Juror Carl Jakob Haupt gestorben – 34-jährig. Er kommt mir immer noch regelmässig in den Sinn.

An Gründonnerstag am Abend ist er in ein Hospiz gegangen, am Karfreitag ganz in der Früh ist er in den Armen seiner Ehefrau gestorben: Carl Jakob Haupt. 

Bloss 34 Jahre alt ist der Modeblogger geworden, in der ersten Staffel von Switzerland's next Topmodel war er Juror gewesen. Friday-Fashion-Director Martina Loepfe schrieb in einer Art Nachruf, sie habe vor seinem Urteil heimlich gezittert. Wenn jemand als unbestechlich in Erinnerung bleibt, dann ist das nicht das Schlechteste. Aber bei Carl Jakob Haupt scheint es mir so viel mehr zu sein.

Ich muss vorwegschicken, dass ich Carl Jakob Haupt nicht persönlich kannte und nur flüchtig seinen Modeblog «Dandy Diary», den er mit seinem Schulfreund David Roth seit etwa der Jahrzehntwende betrieb. Auch auf einer seiner parodischen Partys zur Berliner Fashion Week bin ich nie gewesen. Und ich habe auch gefehlt, als Carl Jakob Haupt und Kompagnon einen veganen Imbiss ausgerechnet im Döner-Eldorado Berlin-Neukölln eröffneten – die Menschenschlange war so lang, dass sogar die Polizei sich einzuschreiten verpflichtet sah. Das tut sie in Berlin-Neukölln sonst nie.

Fussspur in Fussspur, das verbindet

Aber ganz sicher haben Carl Jakob Haupt und ich dasselbe Strassenpflaster betreten; wir wuchsen im selben Landstrich auf, und auch Berlin-Mitte war einmal meine Heimat. Fussspur in Fussspur, das verbindet. Mein Gefühl sagt mir: Wir sind bestimmt einmal aneinander vorbeigelaufen und haben uns angelächelt. Und würde ich gefragt: «Ein Essen mit Michelle Obama oder Carl Jakob Haupt?» – meine Antwort fiele eindeutig aus. Müssen Sie mir nicht glauben.

«Du bist das erste, an das ich denke, wenn ich morgens aufwache – und das letzte, woran ich denke, wenn ich einschlafe» – dies notiert CJH an seine junge Frau zum Abschied.
«Du bist das erste, an das ich denke, wenn ich morgens aufwache – und das letzte, woran ich denke, wenn ich einschlafe» – dies notiert CJH an seine junge Frau zum Abschied.
Bild: Getty 

«Andere bekamen Kinder, ich bekam Krebs» – so hat Carl Jakob Haupt es unnachahmlich lapidar beschrieben, bald, als er seine Diagnose erhalten hatte: 31 war er da erst gewesen. Wenige Wochen zuvor, so ist es etwa in den Nachrufen beschrieben worden, hatte er erst jene Frau kennengelernt, die er dann im September 2018 ehelichen sollte, in Sizilien – da wusste Carl Jakob Haupt längst, dass er seiner Krankheit, von der er zwischendurch als geheilt galt, in nicht allzu weiter Ferne erliegen würde.

Eine Chemotherapie hatte er über sich ergehen lassen müssen, sein Magen war ihm entfernt worden, doch nun hiess es: Metastasen am Rückenmark. Es ist Mai 2018. Und Carl Jakob Haupt gab auf, ohne aufzugeben.

Einzug statt Abstand

In seiner Brautrede wenige Monate später sagt er: Es sei nicht das wichtigste Ja seines Lebens gewesen, das habe er nach seiner Krebsdiagnose erhalten. Er hatte sie, Giannina, gebeten, «um ihrer selbst Willen von ihm, dem nun Schwerkranken, Abstand zu nehmen. Ihre Antwort sei gewesen, bei ihm einzuziehen».

Es hatten sich zwei gefunden. Die «Energie» habe sie zusammengeführt, wie es Giannina Haupt formuliert hat.

Zum Abschied notierte Carl Jakob Haupt an seine junge Frau dieses: «Du bist das erste, an das ich denke, wenn ich morgens aufwache – und das letzte, woran ich denke, wenn ich einschlafe. Und das seit wir uns kennen. Und so wird es auch jetzt gewesen sein, wenn ich zum letzten Mal eingeschlafen bin.»

Es geht doch gar nicht anders, als Menschen, die solche Sätze lächeln, einen festen Platz im Herzen einzuräumen. 

Regelmässig gibt es werktags um 11.30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «Bluewin» die Kolumne am Mittag – es dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.

Dieser Text erschien bereits am 19. November 2019, und weil es dem Autoren am Herzen liegt, wird er heute noch einmal ausgespielt – dem an Karfreitag 2019 verstorbenen CJH zu Ehren.

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