Kolumne am Mittag Metallica vergolden den letzten Tropfen Pech aus ihrem schwarzen Album

Von Gil Bieler

3.8.2021

Metallica-Frontmann James Hetfield bei einem Konzert 2019 im Zürcher Letzigrund-Stadium. 
Metallica-Frontmann James Hetfield bei einem Konzert 2019 im Zürcher Letzigrund-Stadium. 
Bild: Keystone/Ennio Leanza

Ohne ihr schwarzes Album wären Metallica kaum zur grössten Rockband der Welt geworden. Kein Wunder, holen sie aus dem Kassenschlager heraus, was nur geht. Doch nach 30 Jahren nimmt der Hype irre Züge an.

Von Gil Bieler

3.8.2021

Metallica sind der Jeff Bezos und der Elon Musk der Rockmusik.

Sie gehören zu den Platzhirschen in ihrem Fach, und an Selbstvertrauen mangelt es der kalifornischen Band auch nicht. Wobei die Grenze zum Grössenwahn mitunter fliessend ist. Gerade wenn es um ihr legendäres schwarzes Album geht.

Natürlich, das 1991 erschienene Werk gehört zu den erfolgreichsten Alben überhaupt. Es verkauft sich bis heute sagenhaft. Und zwar völlig zu Recht, denn die darauf enthaltenen Songs lassen Musikfans mit der Zunge schnalzen: «Enter Sandman», «Sad But True», «Wherever I May Roam» und natürlich «Nothing Else Matters», das sind alles Hits.

Solch ein Album hätte jede Band gern im Repertoire, und man darf es feiern. Metallica taten das zum Beispiel 2012 in Yverdon-les-Bains, als sie das Black Album in voller Länge spielten. Der Anlass dafür ist mir gerade entfallen, aber: Es war ein grandioses Konzerterlebnis.

Ja ja, schon gut

Auch jetzt, da sich das Erscheinen des Albums zum 30. Mal jährt, lassen sich James Hetfield, Lars Ulrich und Co. nicht lumpen: Eine Mega-Super-Ultra-Yabbadabbadooh-Version ist für den September angekündigt. Und diese bewerben Metallica – respektive ihr Label – so lautstark, dass es mir schon jetzt zu den Ohren raushängt.

Ja, ja, die Message ist angekommen: Wir schrieben das Jahr 1991, als vier Lichtgestalten aus dem Himmel herabstiegen und den ungewaschenen Massen verkündeten: «Es werde Rock!»*



Auf allen Musikseiten im Netz lese ich: Metallica! Schwarzes Album dies! Metallica! Schwarzes Album das! So geht das in einer Tour fort. Denn veröffentlicht werden Informationen, neue Songs und Soundschnipsel natürlich schön häppchenweise. Vielleicht ist ja die Pandemie schuld, in der das Zeitgefühl ohnehin schwammig wird, aber das Ganze zieht sich jetzt schon gefühlte 50 Monate hin.

Ist es denn nicht langsam genug des Hypes?

Nein, ist es nicht. Die zwölf Songs des Albums walzen Metallica bis zum Gehtnichtmehr aus. Nicht weniger als 53 (!) Künstlerinnen und Künstler werden ihren jeweils favorisierten Track neu interpretieren, darunter die Neptunes, Phoebe Bridges, Weezer, St. Vincent und wahrscheinlich auch noch Peach Weber mit seiner Gitarre, den Überblick kann ja angesichts dieser geballten Starpower keiner behalten.

Mit einer Ehrfurcht gebietenden Neuversion von «Nothing Else Matters», geschaffen von Miley Cyrus, Yo-Yo Man und Elton John wurden die Gehörgänge der Musikgemeinde bereits gönnerhafterweise erleuchtet.

Eine Offenbarung: «Nothing Else Matters» in einer Neuinterpretation.

Youtube

Die Super-Deluxe-Box umfasst 14 CDs, sechs Vinylplatten, sechs DVDs, randvoll mit Demos und Rohversionen der Songs, Outtakes und Livemitschnitte, bli, bla und blo. Bei Amazon – dem Versandhaus-Gigant von ebendiesem Jeff Bezos – gibt's das Paket für sportliche 211 Euro.

Die erste Band im All?

Hopp-hopp, zuschlagen! Denn wer jetzt nicht handelt, muss sich bis zum nächsten Meilenstein gedulden.

Wobei ... jede Wette, dass Metallica bald auch die erste Rockband im Weltraum sein werden? Das «Blackhole Album: Outer Space Super Deluxe Version»-Paket wäre dann so sicher wie das Amen in der Kirche – und enthält womöglich einen Remix von Gott höchstselbst.

*Nur so nebenbei: Bis dahin spielten Metallica eindeutig Heavy Metal, Thrash Metal, um genau zu sein, doch der deutlich softere Grundton des schwarzen Albums bildete auch eine Zäsur im Bandsound, der bis heute zu unerschöpflichen Diskussionen Anlass gibt. Aber das nur als Fussnote.

Voting
Frage an die Rock-Fans: Wann entstand die beste Musik?

Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.