KolumneMerkels Zitteranfälle und ein todsicherer Befund
Von Christoph Held
29.7.2019
«Wer steht, kann untergehn» – die Angst geht um bei der älteren Bevölkerung. Erst recht seit den Zitteranfällen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Zittern gehört zu den häufigen Symptomen des alternden Menschen – die Gründe können völlig harmlos, aber auch sehr bedrohlich sein. Unabhängig von der Ursache solcher Erscheinungen besteht immer ein Risiko, die körperliche Balance zu verlieren und zu stürzen, oft mit schwerwiegenden Folgen. Weil nach dem Sturz oft vor dem Sturz bedeutet, gehört das Sitzen auf einem Stuhl zu den vorbeugenden Massnahmen, vor allem in Situationen, bei denen längeres Stehen gefordert ist.
Wenn Menschen von der Unabhängigkeit im Stehen zur sitzenden Position wechseln müssen, löst das in ihrer Umgebung Gefühle der Anteilnahme, aber auch der eigenen Betroffenheit aus. Das An-einen-Stuhl-Gefesselt-Sein ist Zeichen einer gewaltigen, aber in ihrem Ausmass noch nicht ganz fassbaren Veränderung.
Was für das familiäre Umfeld gilt, gilt auch für die Öffentlichkeit, besonders wenn es sich bei den Betroffenen um Persönlichkeiten handelt, die als Entscheidungs- oder Machtträger tätig sind.
Seltsam ist, dass bei der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, die nun auf einem Stuhl sitzt bei öffentlichen Auftritten, oft nur hinter vorgehaltener Hand von der eigenen Betroffenheit gesprochen wird. Dabei geht es weder um die Bekanntgabe einer Diagnose noch um das Recht auf Privatsphäre, das Frau Merkel selbstverständlich zugestanden wird.
Heimliche Betroffenheit
Was also könnte der Grund der heimlichen Betroffenheit sein? So wie Gesundheit und Krankheit sind auch Machtergreifung und Machtverlust Inbegriff der Vergänglichkeit. Diese Gegensatzpaare sind nicht nur in unserer Zeit medizinische und politische Leitthemen.
Am eindringlichsten wurden sie beschrieben von den Dichtern des 17. Jahrhunderts. Der Trug von Ruhm, Macht und Gesundheit, ja, von jeglichem Handeln und Gestalten beschreibt der Dichter Andreas Gryphius in seinen Gedichten und Theaterstücken. Dort setzt ein byzantinischer Feldherr seinen Kaiser ab und wird einige Jahre später selbst von einem Offizier beseitigt, der das knapp kommentiert: «Wer steht, kann untergehn». Der Sinnspruch beweist nicht nur in diesem Barock-Drama seine Wahrheit.
Jeder, der steht, kann untergehen. Alles ist vergänglich. Das ist, um zum aktuellen Geschehen in Gesundheit und Politik zurückzukehren, ein todsicherer Befund, vor dem sich eine gealterte Wählerschaft nicht nur in Deutschland, sondern auch bei uns so sehr fürchtet.
Die Gesundheit der Bundeskanzlerin, vor allem aber die eigene, möge doch, abgesehen von meist behandelbaren Alterserscheinungen, auf immer und ewig erhalten bleiben. Und mit ihr der Wohlstand für einen grossen Teil der älteren Bevölkerung. Um weiterhin angenehme Lebensstunden zu verbringen, im Zug oder im Flugzeug oder zu Hause bei «Morgenstund hat Gold im Mund»-hören am Radio.
Dazu braucht es natürlich eine halbwegs konstante Regierung in Bern und in Berlin. Mehr vom Gleichen – das ist das grosse (Wahl-)Versprechen für eine ältere Bevölkerung. Dass nun ausgerechnet die Bundeskanzlerin sich setzen muss, weckt Angst, ob es weiterhin eingelöst wird.
Der erste Tattoo-Artist Englands und eines seiner Werke um 1903: Tom Riley führte einen der ersten Tattoo-Shops in London und tätowierte angeblich sogar König Edward VII. 1771 brachte Captain James Cook das Phänomen «tatau» von seiner Reise aus Polynesien in unsere Breitengrade, seither hat sich die Kunst des Tätowierens weiter entwickelt.
Bild: Getty Images
Sie liess sich in den 1940er Jahren ihr erstes Kunstwerk stechen. Über 200 Tattoos zierten den Körper der 78-jährigen Isobel Varley bei ihrem Tod im Jahre 2015.
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Mehr als 75 Prozent ihres Körpers waren tätowiert, auch den Intimbereich zierten 16 Tattoos und allein in ihren Ohrläppchen trug Varley 29 Piercings. Für die Engländerin war es eine Leidenschaft, die ihr den Titel «Seniorin mit den weltweit meisten Tattoos» im «Guinness Buch der Rekorde» einbrachte.
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Auch Julia Gnuse schaffte es ins beliebte Rekorde-Buch: «Meisttätowierte Frau der Welt» lautet ihr Titel. Tatsächlich sollen 95 Prozent ihrer Haut mit Tinte verschönert worden sein.
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Doch für Gnuse, auch bekannt als «Illustrated Lady» waren die Tattoos eher Mittel zum Zweck. Sie leidet an einer schmerzhaften Lichtempfindlichkeit, die Narben und Blasen auf dem Körper hinterlässt, und diese begann sie zu übermalen.
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John Kenneys Tätowierungen sind Ausdruck seines turbulenten Lebens. Im Alter von sieben Jahren floh er von Zuhause, Obdachlosigkeit, Drogen, Kriminalität und Gewalt dominierten seinen Alltag. Für 12'000 Dollar, um Speed und LSD zu kaufen, hackte er sich in den 1970ern den Finger ab.
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Selbst Kenneys Augäpfel sind tätowiert: Augen auf...
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... Augen zu. Heute tingelt der über 60jährige Australier durch die Schulen, warnt Jugendliche vor den Gefahren von Drogen und Alkohol und kümmert sich um die Obdachlosen in seiner Heimat.
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Oft scheint ein schweres Schicksal den Anstoss für die extreme körperliche Veränderung zu geben. So auch bei der Transfrau Eva Tiamat Medusa aka «Dragon Lady». Mit fünf sollen ihre Eltern sie und ihre Geschwister in der Wildnis ausgesetzt haben. Nach der Diagnose HIV im Erwachsenenalter begann die Transformation.
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Auch die Verwandlung von «Zombie Boy», mit bürgerlichem Namen Rick Genest, geschah aufgrund eines Schicksalsschlages. Er war bis zu seinem Tod 2018 als erfolgreiches Model und als Performancekünstler unterwegs.
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«Body Modification» ist für dieses Paar ein Lebensstil. Über 50 Piercings, mehrere Implantate, gespaltene Zungen, unzählige Tattoos: Gabriela und Victor Perralta führen ein Tattoo-Studio in Buenos Aires und zelebrieren auch privat die Kunst am Körper.
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Wolfgang Kirsch, aka Magneto, ist nicht nur am ganzen Körper tätowiert, seinen Spitznamen verdankt er mehreren Magneten unter der Haut. Erst mit 45 Jahren machte er seinem Spiesserleben ein Ende und begann mit den ersten Tattoos. Der heute 68-Jährige wollte einfach Anders sein, die Kunst am Körper zur Schau stellen.
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Auch die Schweiz hat einen Anhänger der extremen Körperverschönerung: Der Genfer Etienne Dumont gehört seit 40 Jahren zu den gefeiertsten Kunstkritikern der Schweiz.
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Seine Transformation begann mit dem ersten Tattoo im Jahre 1974. Neben unzähligen Kunstwerken auf der Haut, schmückt er seinen Körper mit Implantaten oder Ohrtunneln von 70 Millimetern Durchmesser.
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Dieser Mann hält den absoluten Rekord: «Lucky Diamond Rich» soll zu 99.99 Prozent tätowiert sein. Gregory Paul McLaren aus Neuseeland begann aus Neugier mit den Tätowierungen. Hunderte von Tattoo-Künstlern haben sich auf seiner Haut verewigt. Er tourt als Performance- und Strassenkünstler durch die Welt.
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