Meyers LiebesklinikMeine Tante will, dass ich gebäre, aber ich bin kinderlos glücklich
Bruno Bötschi
21.4.2024
Ramona (33) hat keine Kinder. Für die blue News-Leserin ist das völlig in Ordnung so. Für ihr Umfeld scheinbar nicht. Am letzten Familienfest sagte eine Tante zu ihr, sie solle nicht vergessen, dass die biologische Uhr ticke.
Nach fünfjähriger Beziehung habe ich mich von meinem Freund getrennt. Ich geniesse mein Singleleben gerade. Doch mein Umfeld versteht meine jetzige Lebenssituation nicht.
Oft werde ich gefragt, ob kein interessanter Mann am Horizont sei. Schliesslich sei ich schon 33 (!) und im besten Alter für Kinder. Meine Tante fügte am letzten Familienfest noch hinzu, ich solle nicht vergessen, meine biologische Uhr ticke laut.
Ich finde, solche Fragen stehen meinem Umfeld (und fremden Personen) nicht zu. Ich habe mich noch gar nicht definitiv entschieden, ob ich Kinder will.
Wenn ich mir die momentane Weltlage ansehe (Kriege, Hungersnöte, Klimawandel), dann eher nicht. Wie kann ich das elegant lösen, ohne zu verletzen oder zickig zu wirken?
Ich danke dir.
Ramona*, Winterthur
Liebe Ramona
Du hast völlig recht: Solche Fragen und Kommentare stehen deinem Umfeld nicht zu. Und zwar unabhängig davon, ob du noch unentschlossen bist in der Kinderfrage – das ist eine Privatangelegenheit wie auch dein Liebesleben und so manches mehr.
Zur Person: Thomas Meyer
Bild: Joan Minder
Schriftsteller, Drehbuchautor – und Coach in Beziehungs- und Liebesfragen: Thomas Meyer, Jahrgang 1974, berät neu die Leser*innen von blue News bei Liebeskummer und Beziehungsproblemen.
Leider sehen das nicht nur die Leute in deinem Umfeld ganz anders, sondern auch sonst ziemlich viele. Die Schlagersängerin Beatrice Egli berichtete kürzlich, dass sie sich regelmässig sagen lassen müsse, sie sei ja «gar nicht so dick», wie man anhand von Fotos vermutet habe. Auch dünne Menschen dürfen ständig ungefragt Bemerkungen über ihren Körper entgegennehmen.
Man nennt das verbalen Missbrauch.
Die Urheberinnen und Urheber nennen es natürlich nicht so. Sie sind immer total überrascht, wenn man sie darauf hinweist, dass sie eine Grenze überschritten haben, retten sich in die Ausrede, es «nicht böse gemeint» zu haben (wäre ja noch schöner!), und stellen dann die Möglichkeit in den Raum, dass ihr Gegenüber überempfindlich sein könnte.
Du fragst dich, wie du klare Verhältnisse schaffen kannst, ohne jemanden zu verletzen. Die Antwort lautet: gar nicht.
Weise diese frechen Menschen in die Schranken
Du wirst diese Menschen, namentlich deine freche Tante, in aller Deutlichkeit in die Schranken weisen müssen. Es ist offensichtlich, dass es sich um schamlose Grobiane handelt, und die verstehen keine zarten Hinweise oder freundlichen Bitten. Sie merken auch nicht von allein, dass sie zu weit gegangen sind.
Du brauchst nicht zu warten, bis es das nächste Mal passiert. Schreib allen, die es angeht, ein E-Mail oder eine Nachricht, zum Beispiel so:
«Die vielen Kommentare zu meiner Familienplanung fühlen sich für mich nicht gut an. Bitte respektiere meinen Wunsch, das Thema nicht mehr anzusprechen. Es ist meine Privatsache. Wenn ich darüber reden will, werde ich das von mir aus tun. Danke.»
Nun ist es leider so, dass soziale Systeme es nicht schätzen, wenn sich jemand entwickelt, und alles versuchen, das zu sabotieren. Geh nicht auf die garantiert eintreffenden Versuche ein, dir deine Gefühle und deine Wahrnehmung auszureden. Du hast deinen Punkt gemacht.
Wer ihn nicht würdigen kann, würdigt dich nicht – und sollte in deinem Leben keinen Platz mehr haben.
Du hast eine Frage zu Beziehungs- oder Liebesproblemen an Schriftsteller und Coach Thomas Meyer? Schreib jetzt ein E-Mail an liebesklinik@bluewin.ch
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Thomas Meyer ist Schriftsteller und Drehbuchautor. Der Zürcher unterstützt als Coach in Beziehungs- und Liebesfragen. Mit Claudia Lässer spricht er über seine persönlichen Trennungserfahrungen.