Auch Ältere daten online «Männer sind auf Dating-Apps bis zur Lebensmitte im Nachteil»

Von Vanessa Büchel

17.3.2024

Die Liebe wird heutzutage weitgehend online gesucht. Egal, welche Altersklasse – alle swipen auf Dating-Apps.
Die Liebe wird heutzutage weitgehend online gesucht. Egal, welche Altersklasse – alle swipen auf Dating-Apps.
Imago/imagebroker

Heute wird online gedatet. Und das nicht nur von den Jungen. Auch ältere Personen swipen auf Apps nach der Liebe. Sozialpsychologin Johanna Degen über das unterschiedliche Datingverhalten der Generationen.

Von Vanessa Büchel

17.3.2024

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Das Alter spielt beim mobilen Onlinedating keine Rolle.
  • Auch ältere Personen versuchen ihr Glück auf der Suche nach der Liebe auf Dating-Apps.
  • Ob sie mehr oder weniger Glück haben, ist nicht bekannt, aber sie lassen sich weniger stressen, wie Sozialpsychologin Johanna Degen weiss.
  • «Dr. Tinder» forscht seit Jahren zu mobilen Dating-Applikationen. 

Onlinedating kennt keine Altersgrenze. Egal, aus welchem Milieu oder wie alt – heutzutage sucht die grosse Mehrheit der Singles nach Liebe, «Casual Sex» oder einfach nur Unterhaltungen auf Dating-Apps.

Waren Tinder und Co. in den Augen von Sozialpsychologin Johanna Degen vor einigen Jahren noch positiv angesehen, hat sich deren Image heute stark geändert. «Wir sind sozusagen im Zeitgeist der Onlinedating-Fatigue angekommen. Wir sind erschöpft und finden Daten per App jetzt eigentlich langweilig», sagt «Dr. Tinder», wie Degen von den Studierenden an der Universität Flensburg, Deutschland, genannt wird.

Obwohl es allen gleich geht und Dating-App-Userinnen und -User von oberflächlichen Nachrichten und nicht erfüllenden Verbindungen gestresst sind, sehen Ältere das Ganze laut Degen aber doch etwas entspannter. «Wenn sie einen Match haben, schreiben sie erst mal mit der Person, um sie besser kennenzulernen. Junge swipen meist auf Quantität, heisst, sie sammeln viele Matches. Das generiert deutlich mehr Stress», so Degen.

«Ältere können die App auch einfach mal weglegen»

Jüngere Onlinedatende hätten oft so viele Matches, die sie überhaupt nicht alle bedienen könnten. «Sie fühlen sich dann gestresst, haben ein schlechtes Gewissen oder das Gefühl, den anderen nicht gerecht zu werden oder womöglich etwas verpassen zu können», führt Degen aus. 

Kompensiert wird dieses schlechte Gefühl dann auf kontraproduktive Weise mit noch mehr vom Gleichen: weiter swipen und neue Matches finden. Absurderweise immer mit dem Hintergedanken, dass es gut sein muss, einfach mehr Onlinedating zu betreiben, obwohl es mir dabei im Grunde gar nicht gut geht. 

Dagegen würden ältere Personen eher ruhiger an die Sache rangehen und das Ganze entspannter sehen. «Sie können die App dann auch einfach mal weglegen und haben die Fähigkeit, sich weniger suchtähnlich einverleiben zu lassen.»

Männer sind ab der Lebensmitte im Vorteil

Interessant ist nicht nur die unterschiedliche Herangehensweise der verschiedenen Generationen in Sachen Dating-Apps, sondern in diesem Hinblick auch die Verschiedenheiten zwischen den Geschlechtern.

Dr. Johanna Degen
Dr. Johanna Degen forscht seit Jahren zu Dating-Apps. (Kath Konopka)

Johanna Degen ist Sozialpsychologin, Paartherapeutin und forscht seit 2017 an der Universität Flensburg, Deutschland, zu mobilen Dating-Applikationen. Sie weiss, inwiefern sich das Verhalten der Userinnen und User verhalten hat und woher die aktuell herrschende Onlinedating-Fatigue rührt. Von den Studierenden wird sie liebevoll «Dr. Tinder» genannt. Mit «Swipe, like, love» erscheint im Psychosozial-Verlag voraussichtlich im April Degens Studie, für die sie Intimität und Beziehung im digitalen Zeitalter untersucht hat.

So seien laut Degen Männer bis zur Lebensmitte massiv im Nachteil und würden «hart diskriminiert» werden. Denn: «Frauen selektieren härter.» 

Das ändere sich aber und ab der Lebensmitte seien Männer deutlich im Vorteil. Warum? «Weil bei ihnen beispielsweise Reichtum nicht so negativ eingeordnet und Kapital sowie Alter positiver gelesen werden. Auch alleinerziehend zu sein, wird bei Männern nicht so negativ gelesen wie bei Frauen.»

Während Frauen in Dating-Apps ihre Blütezeit vor der Lebensmitte erleben, entwerten sie sich laut «Dr. Tinder» danach eher als Männer. 

Dates sollen heute so wenig wie möglich kosten

Dr. Johanna Degen forscht mit ihrem Team seit 2017 zu mobilen Dating-Applikationen. Seither hat sich einiges verändert – auch in Bezug auf Offlinedating. «Wir waren lange Zeit überzeugt, mobiles Onlinedating unterscheidet sich von Offlinedating, doch dem ist nicht so», meint die Sozialpsychologin.

Vielmehr hätten sich unsere Datingprinzipien ganz generell verändert. «Unsere Einstellungen im Hinblick auf Quantifizierung, Parallelität oder ‹Low Cost› sind jetzt anders. Dates sollen heute so wenig wie möglich kosten – emotional, zeitlich als auch monetär gesehen.»

Das grosse Swipen geht weiter, und das, obwohl wir eigentlich müde davon sind. Denn messen wir Tinder und Co. zwar keine grossen Chancen mehr zu, aber der öffentliche Raum wird dennoch nicht als Alternative wahrgenommen. «Deswegen bleibt es auch dabei. Heutzutage hat man zwar eher eine skeptische und negative Haltung gegenüber Dating-Apps, Schluss machen damit wollen wir aber trotzdem nicht.»


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