Kolumne Kleinkarierte Mode ist nun «in» – und trotzdem schläft Mama nicht

Von Julia Wagner

18.10.2019

Die Mutter der Kolumnistin geht sogar so weit, dass sie das Fehlen eines Ehemannes ursächlich auf das Nichtvorhandenseins eines Blazers in der Garderobe der Tochter zurückführt.(Symbolbild).
Die Mutter der Kolumnistin geht sogar so weit, dass sie das Fehlen eines Ehemannes ursächlich auf das Nichtvorhandenseins eines Blazers in der Garderobe der Tochter zurückführt.(Symbolbild).
Bild: iStock

Mit seltsamen Looks liesse sich kein anständiger Mann finden, findet die Mutter der Kolumnistin – und plädiert für karierte Blazer. Und obwohl ihre Gebete erhört worden sind, kann die Mama immer noch nicht schlafen.

Es gibt Mütter von Ü30-Kindern, die wünschen sich sehnlichst Enkel. Es gibt ausserdem Mütter, die wünschen sich, dass ihr Ü30-Kind in eine private Rentenversicherung investiert, statt das Geld für die nächste Weltreise zu verpulvern.

Und dann gibt es meine Mutter.

Ihr sehnlichster Wunsch ist es, dass ihre mehr als erwachsene Tochter zur Abwechslung mal einen Blazer trägt und nicht immer diesen «hypermodischen Scheiss», den «verrückte Designer» auf ihren Laufstegen so präsentieren.

Aufdruck «Bla Bla Bla»

In meinem Alter müsse man doch bitte nicht mehr Tops mit Puffärmeln, Karottenjeans im 90ies-Look, Ugly Sneaker oder Sweater mit dem Aufdruck «Bla Bla Bla» tragen. Meinem Alter entsprechend hätte der Blazer doch am besten kariert zu sein. Dazu vielleicht ein Faltenrock oder eine schlichte Bluse und Jeans, aber letztere eher Boot Cut als Karotte.

Meine Mutter geht sogar so weit, dass sie das Fehlen eines Ehemannes ursächlich auf das Nichtvorhandenseins eines dezenten Blazers in meiner Garderobe zurückführt. Mit meinen seltsamen Looks würde man ja bitte keinen anständigen Mann finden.

Anruf bei Victoria Beckham

Es scheint, als wären die Gebete meiner Mutter endlich erhört worden. Oder sie hat heimlich bei Victoria Beckham, Isabel Marant oder Miuccia Prada angerufen.

Tatsache ist jedenfalls: In diesem Herbst sind karierte Blazer, ob Glencheck, Hahnentritt oder englisches Karo wieder schwer angesagt – und nicht nur unter Fashion-Influencern in der aktuellen Saison ein absolutes Must-have.



Natürlich habe ich einen im Kleiderschrank und seit Kurzem noch einen, sogar mit passender Hose. Mehr (klein)kariert geht eigentlich nicht. Ob meine Mutter nun endlich beruhigt schlafen kann? Natürlich nicht. Der Blazer ist im Oversized-Look, und sie wollte wissen, ob ich da «jemals reinwachsen werde», was meinerseits mit einem Augenverdrehen quittiert wurde.

Gut, der Modegeschmack meiner Mutter hat sich immer schon diametral zu den aktuellen Trends verhalten. Alles, was sie richtig hässlich findet, ist garantiert besonders cool. Die Frage ist allerdings, wie lange diese Formel noch gilt.

Gerade erst habe ich gelesen, dass «Ugly Fashion» also Oversize, Streetwear oder Chunky Sneaker, tot sein soll. Was bedeutet, dass wir uns vielleicht bald wieder in Klamotten hüllen, die meiner Mutter ernsthaft gefallen könnten: feminin, knöchellang, bieder. Der Diana-Gedächtnislook oder karierte Blazer waren da vielleicht erst der Anfang.

Künftig gibt es hier an jedem Freitagmorgen eine Autoren-Kolumne –abwechselnd zu den Themen Mode, Essen, E-Mobility und Mutter.

Zur Autorin: Julia Wagner besuchte als Chefredaktorin von miss und später als Leiterin von Stylebook.de alle wichtigen Fashionweeks dieser Welt. Jetzt pendelt sie als Freelancerin ständig zwischen Berlin, Zürich und Wien – und trägt fast nur noch Hipster-Look: Sneaker, Jeans & Rucksack. Das liegt vor allem daran, dass die Haute Couture nicht ins Handgepäck passt.

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