Kolumne Ist die Waage mal wieder gemein? Dann hilft Ihnen nur ...

Von Jürg Hösli

3.1.2020

Nach dem Schlemmen folgt das schlechte Gewissen. Rasch ist der Vorsatz gefasst: Die Fettpolster müssen weg, und zwar am besten sofort.
Nach dem Schlemmen folgt das schlechte Gewissen. Rasch ist der Vorsatz gefasst: Die Fettpolster müssen weg, und zwar am besten sofort.
Bild: Getty Images

Mit Abnehmpräparaten und Stoffwechselkuren unerwünschte Kilos loswerden? Vergessen Sie's. Um nach den Festtagen wieder in Form zu kommen, helfen ein paar simple Tricks.

Ist die Waage in den letzten Tagen gemein zu Ihnen? Haben Sie mehr Mühe, Ihre Schuhe zu binden als auch schon? Dann können Sie sich ja beruhigt zurücklehnen.

Denn wenn Sie der Werbung Glauben schenken, die uns überall auflauert, gibt es ja tausend Mittelchen und Kürchen gegen die alljährliche Feiertagsvöllerei. Was aber hält einer genaueren Prüfung stand? Leider nichts, was irgendwie Geld kostet.

Betrachten wir einmal die Fakten. Ein Kilogramm Körperfett enthält durchschnittlich rund 7'000 Kilokalorien. Wenn nun eine Werbung sagt, dass Sie acht Kilogramm in zwei Wochen abnehmen können – was heisst dies?

Mittelchen gegen die Speckröllchen

Eine Frau braucht durchschnittlich zirka 2'000 Kilokalorien pro Tag, ohne Sport zu treiben. In zwei Wochen sind es also 14'000 Kilokalorien. Acht Kilo Körperfett sind aber 56'000 Kilokalorien. Komisch, nicht?

Wenn diese Frau also rein rechnerisch die acht Kilo abnehmen wollte, dann müsste sie pro Tag, ohne etwas zu essen, rund acht Stunden intensives Joggen betreiben. Dass so etwas nicht nur rein rechnerisch unmöglich ist, sollte jedem denkenden Menschen klar sein. Warum aber ist es nicht so einfach, wie es uns die Werbung sagt?

Beginnen wir bei den Tablettchen. Sie beinhalten meist Stoffe wie L-Carnitine, Koffein und werden als Fatburner hochgejubelt. Das Problem ist nur, würden sie wirklich funktionieren, so würden sie nicht 40 bis 50 Franken kosten, sondern ein Vielfaches davon.

Warum Hungern nicht funktioniert

Wenn wir Gewicht reduzieren wollen, geht es eben nicht nur darum, Fett zu verbrennen, sondern vor allem abzubauen. Und dies passiert nicht wie die Fettverbrennung in der Muskelzelle, sondern in der Fettzelle. Einen optimalen Fettabbau erreichen wir grundsätzlich nur dann, wenn wir mehr Sport treiben, über den Tag weniger Zucker zu uns nehmen – und vor allem begrenzte Portionen sinnvoll über den Tag verteilt essen. Die Lösung ist also sicher kein Tablettchen.



Und was ist mit Stoffwechselkuren? Hier werden teure Nahrungsergänzungen wie Probiotika, Proteindrinks und Aloe Vera mit einer strikten Diät angeboten. Wenn wir zwei bis drei Wochen aber nur 500 Kilokalorien essen, liegt es auf der Hand, warum wir wirklich abnehmen. Wir sollten uns fragen, warum sollte der Körper den Stoffwechsel in der Hungersnot hochfahren? Wie sollte er aus einem Teelicht ein Feuer machen, wenn wir dem Feuer immer weniger Holz geben?

Schlaflos, dünnhäutig und getäuscht

Das Gegenteil findet natürlich statt! Die selbst gemachte Hungersnot oder besser gesagt das Fasten sorgt zwar im Ruhezustand für eine bessere Sauerstoffaufnahme im Körper. Doch wenn wir uns körperlich betätigen, sinkt unsere Leistungsfähigkeit immer mehr. Stehen wir die Stoffwechselkur noch etwas länger als zwei, drei Wochen durch, schaltet der Körper auf Dauerhungersnot und beginnt den Stoffwechsel deutlich zu verringern.

Wir schlafen schlechter und werden dünnhäutiger. Das Immunsystem wird immer schlechter, schon sind wir mittendrin in der kompletten Überlastung. Und dafür brauchen wir beim besten Willen keine teuren Pülverchen. Wer fasten will, kann dies zu Jahresbeginn gern ein bis zwei Wochen lang tun. Aber bitte machen Sie keine solchen Kuren für teures Geld.

Wie die gesunden Vorhaben gelingen

Wer sich an gute Vorsätze halten und abnehmen will, der kann ein paar simple Tipps beachten:

1. Alkohol ist der Stoffwechselkiller. Legen Sie im Januar doch einfach mal eine Pause ein, und Sie werden merken, wie es Ihnen deutlich besser geht.

2. Zucker über den Tag weglassen und zum intensiven Training als Sportgetränk zuführen. Sie spüren deutlich mehr Energie und werden auch im Alltag leistungsstärker.

3. Über den Tag genug essen, dass man am Abend kaum mehr Hunger hat. Wer frühstückt, hat Vorteile im Stoffwechsel. Wer dann noch versucht, vier Stunden vor dem Schlafen das letzte Mal zu essen, schläft besser und unterstützt den Fettabbau. Sie müssen auch nicht die Kohlenhydrate weglassen. Bevorzugen Sie Kartoffeln, Süsskartoffeln oder Mais, diese haben deutlich weniger Kalorien bei gleichem Volumen.

4. Sport hilft, aber wer übermotiviert ins Fitnessstudio rennt, produziert eine Überlastung und fördert somit den Hunger. Wer «überfordert», der «überfördert» und nimmt sogar noch zu beim Sport.

5. Die einfachste Lösung aber wäre sicherlich: Das nächste Mal über Weihnachten einfach weniger essen.

Zum Autor: Jürg Hösli ist Ernährungswissenschaftler und greift gerne kontroverse Themen aus Sport, Psychologie und Ernährung auf. Er ist Begründer der Ernährungsdiagnostik und der Schule für Ernährungsdiagnostik erpse in Winterthur und Zürich.

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