Kolumne Hudelwetter – woher kommt der Ausdruck eigentlich?

Markus Daniel Gessner

31.1.2019

Was ist eigentlich Hudelwetter? Der Sprachpfleger geht dem Phänomen auf den Grund. 
Was ist eigentlich Hudelwetter? Der Sprachpfleger geht dem Phänomen auf den Grund. 
Bild: iStock

Der Schnee peitscht einem ins Gesicht wie schon lange nicht mehr. So ein Hudelwetter. Aber was hat «Hudel» eigentlich mit Sauwetter zu tun? Der Sprachpfleger hat diverse Nachschlagewerke herangezogen.

Allein die deutsche Standardsprache umfasst rund 75'000 Wörter. Wir gebrauchen wie selbstverständlich auch solche, deren Bedeutung sich uns nicht erschliesst – Wörter wie «Hudel» etwa. Dazu meint der «Duden»: «Lappen; Stofffetzen; liederlicher Mensch». Letzteres kommt nicht infrage, es sei denn, man stelle sich vor, jemand Überirdisches, der bei der Niederschlagsgenerierung geschludert habe, zeichne für unser wetterbedingtes Unbehagen verantwortlich. Aber Stofffetzen? Fallen etwa Schneeflocken, gross wie Stofffetzen oder gar Putzlappen, auf uns nieder?

Ich forsche weiter. Unter dem Verb «hudeln» versteht das bekannte Nachschlagewerk ausserdem «jemand schlecht behandeln». Das hat was für sich: Wenn es hudelt, spielt uns das Wetter übel mit. Doch ist das plausibel? Die Suche geht weiter. Das «Wortauskunftssystem zur deutschen Sprache in Geschichte und Gegenwart» spricht von Hudel als «Zeug zur Ausfüllung der Spitzen an den Schuhen». Verstehe, ist der Boden nass, dringt die Nässe dort zuerst durch. Um abzudichten, behalf man sich mit Hudeln. Ich bleibe aber skeptisch.

Frei nach den Brüdern Grimm – dennoch wahr

Ich konsultiere nun das «Deutsche Wörterbuch der Brüder Jakob und Wilhelm Grimm». Dort heisst es: «Knüpftuch, von Frauenspersonen um den Kopf gewunden». Klingt vernünftig. Regen ... kalter Wind ... ein schützendes Tuch – der Hudel – wird über den Kopf gezogen. Aber was machen dann die Männer? Also weiter im Text.

«Idiotisches» aus dem Schweizer Wörterbuch

Es gibt ja noch das «Idiotikon», das alte Wörterbuch der Schweizer Sprache . (Wobei dies nicht etwa Idioten verfasst haben. Der Ausdruck stammt aus dem altgriechischen ìdios: eigen, eigentümlich.) Und damit naht jetzt endlich die Lösung. Nach diesem Sprachwälzer bedeutet hudeln nämlich so viel wie schlottern. Das leuchtet ein: Es ist dermassen kalt, nass und windig, dass man schnell ins Schlottern kommt. 

Aber halt! Im «Idiotikon» heisst es weiter: «bei Wind in grossen Flocken (Hudle) durcheinander regnen und schneien». Also doch. Somit war ich etwas vorschnell und glaubte die Lösung zu haben, bevor ich die Quelle vollständig geprüft hatte. Ich habe also fast gepfuscht, oder, wie die Süddeutschen sagen würden: gehudelt.

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