KolumneWeihnachten im Oktober? Hört endlich damit auf
Mara Ittig
21.10.2018
Neu ist die Aufregung nicht: Weihnachtsdeko und Lebkuchengebäck im September erzürnen die Schweizerinnen und Schweizer alle Jahre wieder. Unsere Redaktorin leidet ebenfalls unter dem spätsommerlichen Advents-Einbruch – auch ihrer Kinder wegen.
Die Busfahrt durch die Zürcher Innenstadt im Anschluss an die Herbstferien im Engadin katapultierte uns schlagartig in die Realität. Die Fahrt führte vorbei an Schaufenstern mit Schneeflocken, beschneiten Tannenbäumchen und Winterwunderwelten mit Mäusen und Bären und verwirrte unsere Kinder komplett. «Ist jetzt hier schon Winter?» wollten unsere beiden Söhne wissen.
Gerade eben waren wir noch kurzärmlig durch bunte Herbstwälder gewandert, und nun schien es mit einem Schlag Dezember zu sein. Im Engadin war der Herbst allgegenwärtig – und von Weihnachten noch keine Spur, so wie man das von einem sonnigen Oktober eigentlich erwarten würde.
Die Litanei über den verfrühten Weihnachtseinfall ist nicht neu – denn Jahr für Jahr werden wir vom Detailhandel ab Mitte September auf Advent getrimmt. Nach den Sommerferien kommt Weihnachten, gefolgt von Halloween und noch mehr Advent – so die Abfolge der Deko-Jahreszeiten.
Der Rubel scheint zu rollen, sonst würden die Detailhändler nicht eisern daran festhalten, obwohl sich, subjektiv empfunden, die ganze Schweizer Bevölkerung darob nervt. Irgendjemand scheint die ganzen Produkte also zu kaufen.
Wann kommt denn jetzt das Christkindli?
Ich gehöre definitiv nicht dazu, und mir stinkt es gewaltig, meinen Kindern wochenlang erklären zu müssen, dass das Christkindli nicht «jetzt dann grad» komme, obwohl es doch vor Anzeichen für die baldige Ankunft nur so wimmelt.
Kinder verfügen von Natur aus über eine gewisse Penetranz bei Themen, die ihnen wichtig sind – und Weihnachten zählt hier definitiv dazu. Ich verstehe meine Söhne ja: Ihnen fehlt das Verständnis dafür, dass die Festtage zwar in den Läden schon stattfinden, aber zu Hause eben erst Ende Dezember. In einem Kinderuniversum sind zehn Wochen eine unendlich lange Zeit. Also fragen sie immer wieder nach – nicht, dass sie's am Ende noch verpassen.
Aber auch mir selbst vermiest die wochenlange Beglitzerung in allen Schaufenstern den Weihnachtszauber. Ich mag die Adventszeit und Weihnachten unheimlich gern. Nur: Wenn man Anfang Dezember schon seit Wochen mit Jingle Bells beschallt wurde und sein Einkaufswägeli an Christbaumschmuck vorbeischieben musste, hat man irgendwann genug davon.
Zum 1. Advent bin ich regelmässig völllig übersättigt vom Weihnachtskram. Obwohl es dann ja eigentlich erst losgeht. Sich dem Ganzen zu entziehen ist schwierig, zu omnipräsent ist das Thema. Vielleicht würde ein Umzug ins Engadin helfen?
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