KolumnePink Tax: Frauen bezahlen mehr, verdienen dafür aber weniger
Mara Ittig
28.10.2018
Frauen bezahlen mehr als Männer – aber nicht, weil sich Dienstleistung oder Produkt unterscheiden, sondern ganz simpel aus dem Grund, dass sie für Frauen sind: Pink Tax nennt sich das dann.
Und so bezahle ich beim Coiffeur fürs Spitzenschneiden 120 Franken, während mein Mann für seine wesentlich aufwändigere Kurzhaarfrisur 75 Franken hinblättert.
Meine Blusen werden in der Reinigung grundsätzlich zu einem höheren Preis wieder sauber als seine Hemden, obwohl ich mir nicht vorstellen kann, dass vom Aufwand her ein wesentlicher Unterschied besteht. Bei Terlinden kostet die Reinigung einer Bluse 8.80 Franken, ein sauberes Hemd gibt's für 4.40 Franken.
Auch Rasierer, Deo, Shampoo: Frauen zahlen drauf für die weibliche Produktversion. Ausser in der Aufmachung unterscheiden sich die Produkte allerdings in den meisten Fällen kaum.
Frau kann also getrost auf den pinken Glitzerrasierer, der extra für weibliche Beine (und Portemonnaies) designt wurde, verzichten und zum handelsüblichen Männermodell greifen. Was bei einem Mann im Gesicht keinen Schaden anrichtet, wird an Schienbeinen wohl auch seinen Dienst tun. Wer seine Kaufentscheidungen hinterfragt, kann der Pink Tax einigermassen entgehen.
Tampons kein Alltagsprodukt
Nur was ist zum Beispiel mit Tampons? Die werden in der Schweiz mit einem Mehrwertsteuersatz von 7,7 Prozent belegt , weil sie nicht als Produkt des täglichen Bedarfs klassiert sind. Viagra hingegen gilt als Produkt für den täglichen Bedarf und wird deshalb mit lediglich 2,5 Prozent besteuert. Ernsthaft.
Dass es so etwas wie eine Pink Tax überhaupt gibt, ist gleich doppelt daneben: Frauen verdienen in der Schweiz im Schnitt immer noch 18 Prozent weniger als Männer. Und leben länger – sollen also länger mit ihrem Geld auskommen. Eine Untersuchung in New York kam zum Ergebnis, dass Frauen pro Jahr über 1'300 Dollar mehr für Produkte ausgeben, nur weil diese pink sind.
Die Produkte suggerieren uns Frauen durch geschicktes Marketing, dass sie speziell für uns und unsere Bedürfnisse designt wurden – und wir sind offenbar gern dazu bereit, dafür etwas tiefer in die Tasche zu greifen. Denn die Ausrichtung aufs Geschlecht nimmt uns vermeintlich eine Entscheidung ab, das kommt im hektischen Alltag gerade recht.
Erklären kann man sich die Preisdifferenz aus Marketing-Sicht tatsächlich relativ einfach: Frauen legen im Schnitt mehr Wert auf ihr Äusseres und sind deswegen dazu bereit, mehr Geld in ihr Aussehen zu investieren. Das scheint leider schon im Kindesalter loszugehen, denn auch Mädchenspielzeug und –Shampoos kosten oft mehr als gleichwertige Produkte für Buben.
Es gibt aber auch Firmen, die die Zeichen der Zeit erkannt haben: Die Fast-Food-Kette Burger King machte im Sommer mit Witz in einer Kampagne darauf aufmerksam, dass Frauen für viele Produkte mehr bezahlen als Männer.
In Kalifornien oder New York ist das Gender Pricing für Dienstleistungen inzwischen verboten, in vielen Ländern die Tampon-Steuer abgeschafft. Und die Schweiz? Hinkt noch ein wenig hinterher.
Deshalb lohnt es sich beim nächsten Einkauf etwas genauer hinzusehen und die pinke Version links liegen zu lassen. Und beim Coiffeur einfach einmal nachzufragen, ob er nach Aufwand verrechnet. Haare haben schliesslich kein Geschlecht.
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