Die KolumneWarum gibt es derart viele schlechte Autofahrer?
Marianne Siegenthaler
14.10.2018
Seit «Bluewin»-Kolumnistin Marianne Siegenthaler Motorrad fährt, ist es ihr so richtig bewusst geworden: Auf Schweizer Strassen sind (zu) viele schlechte Autofahrerinnen und -fahrer unterwegs.
Eigentlich ist es für mich nichts Neues. Doch seit ich mit dem Motorrad unterwegs bin, ist es mir so richtig bewusst geworden: Auf Schweizer Strassen bewegen sich unzählige richtig schlechte Autofahrerinnen und Autofahrer. Sie sind nicht nur eine Gefahr für sich selber, sondern auch für andere. Für mich zum Beispiel.
Wie grad gestern bei meiner Mittagsrunde, als mir eine Frau aus einer Stoppstrasse direkt vor den Töff gefahren ist. Ich ging voll auf die Bremsen. Es war knapp, ist aber zum Glück nichts passiert.
Die Frau hat nur blöd gegrinst – und weiter ins Handy geschnattert. Und das Beste: Es war eine Fahrlehrerin. Nein, nicht der Schüler ist gefahren, sie war allein in ihrem Fahrschulauto unterwegs. Schon bedenklich, dass es sogar unter Fahrlehrern solche Ignoranten gibt.
Unfallursache Unaufmerksamkeit
Wenn ich mit dem Auto unterwegs bin, was regelmässig der Fall ist, finde ich die dilettantische Fahrweise mancher Automobilistinnen und Automobilisten einfach nervig. Ich trete dann halt je nach dem voll auf die Bremse, klemme mich an den Randstein oder drücke kräftig die Hupe, um den Autolenker, der mir auf meiner Spur entgegenkommt, wieder aufzuwecken.
Bin ich aber mit meiner Motorrad Buell XB unterwegs, sind solche Verkehrsteilnehmer eine echte Bedrohung. Gemäss Bundesamt für Strassen (Astra) sind letztes Jahr 3793 Motorradfahrerinnen und -fahrer verunfallt, 51 mussten sterben.
Jeder fünfte Unfall mit Personenschaden ist auf Unaufmerksamkeit und Ablenkung am Steuer zurückzuführen. So gab es in der ersten Jahreshälfte 2017 im Schweizer Strassenverkehr mehr Schwerverletzte wegen Unaufmerksamkeit und Ablenkung als wegen Alkohol und Geschwindigkeit.
Hauptsünder Smartphone
Da braucht es nicht mal eine Statistik, das ist nur allzu offensichtlich. Da wird am Radio herumgefummelt, aufs Navi gestarrt, die Haare im Rückspiegel gerichtet, gegessen, getrunken, geraucht undsoweiter. Und telefoniert.
Manche quatschen fast pausenlos ins Handy. Oder lesen SMS. Oder schreiben Nachrichten. Oder kontrollieren auf dem Display, ob was reingekommen ist. Fachleute sprechen von Gesamtressourcenbeanspruchung.
Also Hirn am Anschlag, sozusagen. Selbst wenn die Gespräche, die im Auto am Handy geführt werden, noch so banal sind: Sie lenken ab vom Verkehrsgeschehen und sind deshalb gefährlich. Denn auch wenn es sich viele einreden: Multitasking ist ein Mythos. Mehrere komplexe Tätigkeiten gleichzeitig auszuführen, macht unser Hirn nicht mit.
Easy-Rider-Feeling
Ich habe mir das Motorradfahren jedenfalls ein bisschen anders vorgestellt. Mehr Richtung Freiheit und Abenteuer. So wie damals auf dem Mofa. Oder etwas später auf der Vespa.
Sich den Fahrtwind um die Ohren pusten lassen, voll in die Kurven liegen und auf der Geraden über Land einfach die Fahrt geniessen. Doch auf dem Töff muss man ständig damit rechnen, dass sich irgendein Verkehrsteilnehmer falsch verhält. Und man wegen der fehlenden Knautschzone gefährdet ist.
Aber ich gebe nicht auf. Denn immer mal wieder läuft einfach alles rund. Und in solchen Momenten ist das «Easy-Rider-Feeling» einfach unbeschreiblich.
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