KolumneHeilkraft oder Hokuspokus? Sie setzt auf die Kraft der Steine
Von Michelle de Oliveira
26.7.2021
Steine in allen Farben und Formen begleiten die Kolumnistin ständig. Auch wenn sich die Wirkung von Heilsteinen wissenschaftlich nicht belegen lässt, ist sie davon überzeugt, dass die farbigen Steine ihr Leben besser machen.
Oft von Ängsten geplagt, liess mich meine Mutter einen Stein auswählen. Ich erinnere mich noch genau an den Laden: Es roch nach Räucherstäbchen, er war voller Glasvitrinen und alles sah wahnsinnig wertvoll und zerbrechlich aus. Ich wagte kaum zu atmen und machte nur ganz kleine Schritte, aus Angst, mich irgendwo zu stossen und einen Steinschlag auszulösen.
Ich habe damals einen Moosachat (Selbstbewusstsein, Wohlbefinden, Hoffnung) gewählt und ihn fortan in meiner Hosentasche getragen. Immer, wenn ich unsicher war, wenn mich der Mut verliess oder vor einer Prüfung griff ich nach dem warmen Stein und umschloss ihn für eine Weile mit der ganzen Hand. Das Ritual hat mir geholfen.
Und das tut es bis heute.
Heilsteine haben eine lange Tradition
Je nach Laune stecke ich mir manchmal einen Amethyst (Entspannung, Kreativität, Konzentration) oder einen Rosenquarz (Liebe, Vertrauen, Harmonie) in die Tasche, hänge mir einen Bergkristall (Schutz, Zuversicht, Energie) oder einen Amazonit (Lebensfreude, Ausgleich, Geduld) um den Hals.
Zur Autorin: Michelle de Oliveira
Bild: zVg
Michelle de Oliveira ist Journalistin, Yogalehrerin und Mutter und immer auf der Suche nach Balance – nicht nur auf der Yogamatte. Ausserdem hat sie ein Faible für alles Spirituelle und Esoterische. In ihrer Kolumne berichtet sie über ihre Erfahrungen mit dem Unfassbaren. Sie lebt mit ihrer Familie in Zürich.
In herausfordernden Momenten nehme ich die Steine kurz in die Hand, manchmal greife ich ganz unbewusst danach, manchmal tagelang nicht.
Nicht nur in meinem Leben, auch in der Geschichte der Menschheit haben Heilsteine eine lange Tradition.
Im alten Ägypten wurde Schmuck mit Steinen besetzt und als Talisman zum Schutz getragen, aus Indien gibt es frühe Überlieferungen, in denen Heilsteine eingesetzt wurden, der altgriechische Philosoph Aristoteles beschrieb die Wirkung von Heilsteinen. Auch die Benediktinerin Hildegard von Bingen, die 1098 bis 1179 lebte und als Naturheilkunde-Pionierin gilt, war überzeugt von der Wirkung der Heilsteine.
Die Theorie der Schwingung
Ein Erklärungsversuch, warum die Steine auf Menschen und Tiere wirken, ist die Theorie der Schwingung. Im physikalischen Sinne besteht alle Materie aus Schwingungen. Also Menschen, Tiere, Pflanzen. Aber eben auch Steine.
Und jede Schwingung, die auf eine andere Schwingung trifft, bewirkt eine Resonanz. Harmonische Schwingungen, die von aussen auf uns treffen, verändern demzufolge unsere eigene Schwingung zum Positiven hin. Ein Stein in meiner Hand kann mich also in eine bessere Stimmung versetzen.
Wissenschaftlich beweisen liess sich die Wirkung von Heilsteinen bis heute nicht.
Oft wird angenommen, dass einzig der Placebo-Effekt einen Unterschied mache. Und das ist in Ordnung, finde ich. Denn wenn es mir nicht gut geht, könnte ich durchaus Dümmeres tun, als für eine Weile einen schön farbigen Stein zu halten oder ihn mir an einer Kette um den Hals zu hängen. Das bewusste Wahrnehmen, was in meiner Gefühlswelt gerade passiert, das Innehalten und daran glauben, dass ich schaffe, was gerade ansteht, tut mir gut. Und somit entfalten die Steine so oder so ihre Wirkung.
Ein falscher Schritt bedeutet Steinschlag
Eine Wirkung, die ich auch meinen Kindern mit auf den Weg geben möchte, wie meine Mutter mir damals. Kürzlich habe ich sie wieder einmal in meinen liebsten Steinladen mitgenommen.
Meinen vierjährigen Sohn an der Hand, die zweijährige Tochter aus Sicherheitsgründen auf dem Arm. Der Laden ist eng und voll. Ein falscher Schritt bedeutet Steinschlag, ich fühlte mich in meine Kindheit zurückversetzt. Mein Sohn wählte exakt den gleichen Stein wie beim letzten Mal, einen Aventurin (Mut, Optimismus, Ruhe). Die Intuition spiele eine wichtige Rolle bei der Auswahl des Steins, erklärte die Verkäuferin. Offenbar sei dieser Stein genau der Richtige für ihn.
Für meine Tochter kaufte ich einen grossen Amethyst und einen noch grösseren Rosenquarz. Die Steine sollen ihr helfen, besser schlafen zu können.
Und falls sie nicht helfen, habe ich wenigstens etwas, um in der Hand zu halten und meine Nerven zu beruhigen, wenn ich wieder einmal stundenlang an ihrem Bett sitze.
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