Friends-forever-Kolumne Geh wirklich nur mit guten Freunden auf Reisen

Von Gabriella Alvarez-Hummel

11.2.2022

Auch Emily tritt ins Fettnäpfchen, als sie beim ersten Wochenendtrip mit ihrer neuen Freundin Camille aus Versehen mit deren jüngerem Bruder schläft. Hätte sie sie besser gekannt, wäre es nicht passiert. (Szene aus «Emily in Paris»)
Auch Emily tritt ins Fettnäpfchen, als sie beim ersten Wochenendtrip mit ihrer neuen Freundin Camille aus Versehen mit deren jüngerem Bruder schläft. Hätte sie sie besser gekannt, wäre es nicht passiert. (Szene aus «Emily in Paris»)
Netflix

Unsere Freundschafts-Kolumnistin musste es auf die harte Tour lernen. Zweimal. In Mittel- und in Südamerika.

Von Gabriella Alvarez-Hummel

11.2.2022


Pläne sind im Handumdrehen gemacht: «Ich war noch nie in Costa Rica!» – «Ich auch nicht!» – «Sollen wir gehen?» – «Logo!» Und schon ist er geschehen, der Anfang vom Fehler.

Ich schreibe diesen Text für dich, um dich zu schützen, solltest du noch nie den Fehler gemacht haben, mit flüchtigen Bekanntschaften zu verreisen. Ich musste es zweimal erleben, ehe ich daraus lernte.

Aber von vorne: Die obige Geschichte hat sich ungefähr so zugetragen: Ein neuer Freund und ich wollten also nach Costa Rica reisen, um in Nicaragua eine Woche später eine Freundin zu treffen. Ich kannte beide noch nicht lange, aber ich mochte sie und ich freute mich ehrlich darauf. Auch noch, als der Freund meinte, seine Partnerin würde sich uns anschliessen.

Ich bin ja unkompliziert.

Bereits nach zwei Tagen fand ich mich fest weinend an einem sehr schönen Wasserfall wieder. Alleine, weil die beiden sich irgendwo auf dem Weg verkracht hatten. Sie stritten und stritten und jeden Morgen verliess ich unser 3er-Zimmer (sorry, ich war noch Studentin) bei Sonnenaufgang, um mich am Meer selbst zu bemitleiden und noch ein bisschen mehr zu weinen.

Umfrage
Hast du die Wahl deiner Reisebegleitung schon mal bereut?

Klar, das könnte jetzt auch eine Lektion sein im Stil von: Verreise nie mit einem Paar. Insofern gerechtfertigt, als dass auch die andere Freundin, die wir später in Nicaragua treffen sollten, spontan ihren Partner im Schlepptau hatte. Und wir nicht wie geplant unsere langen Gespräche in unserem gemeinsamen Zimmer führten, weil sie bei ihm auf dem Sofa schlief.

Wutausbrüche in Argentinien

Ja ja, ich weiss, Pech gehabt. Einmal ist kein Mal. Nur: Ich hätte es besser wissen müssen. Denn nur zwei Jahre zuvor hatte ich es für eine gute Idee gehalten, als mich ein Bekannter auf eine Argentinien-Reise begleiten wollte: sechs Wochen, Süd nach Nord, easy. Er spräche sogar ein wenig Spanisch. Cool.

Es begann damit, dass er sich bereits im ersten Hostel darüber beschwerte, dass ich mit den Argentiniern Spanisch spreche, so verstehe er doch nichts. Es ging weiter mit Wutausbrüchen, dass die Fernbushaltestelle kein WC-Papier zur Verfügung stellte. Als er dann auf einer Busfahrt die schönste Landschaft schnarchend neben mir verschlief, während ich Tränen der Rührung verdrückte, hatte ich mich entschieden, allein weiterzureisen.

Noch nie hatte mich etwas so viel Mut gekostet wie der Moment, in dem ich aussprach: Ich glaube, ich reise allein weiter.

Wir begegneten uns ein paar Wochen später auf einer Wanderung, in zwei unterschiedlichen Gruppen, und winkten einander nur noch halbherzig zu.

Klar, einen Wochenend-Trip wird man schon überleben. Oder eine Gruppenreise, in der man nicht alle saugut kennt. Aber länger verreisen sollte man – das habe ich zweifellos bewiesen – wirklich nur mit guten, guten Freund*innen.

Ich fühle mich Ernest Hemingway in «Paris – ein Fest fürs Leben» sehr nahe, als er schrieb: «Eines habe ich gelernt (...), dass man nie mit jemandem verreisen sollte, den man nicht liebt.»


Friends-forever-Kolumne
zVg

Es gibt Elternblogs, Beziehungsratgeber, was aber ist mit Freundschaften? Warum werden sie im öffentlichen Diskurs so vernachlässigt? Die freie Autorin Gabriella Alvarez-Hummel will das mit ihrer Kolumne ändern. Hast du eine Frage oder einen Themenvorschlag? Immer her damit per Privatnachricht auf Instagram.