Sido, Rapper und Superstyler «Früher träumte ich davon, in Zürich zu leben»

Bruno Bötschi

6.9.2024

«Ich weiss ehrlich gesagt nicht einmal, wie viel die Brille, die ich gerade trage, im Laden kostet»: Sido, Rapper.
«Ich weiss ehrlich gesagt nicht einmal, wie viel die Brille, die ich gerade trage, im Laden kostet»: Sido, Rapper.
Bild: Viu

Rapper Sido trägt seit der Kindheit eine Brille. Nun hat er in Zürich seine neuste Kollektion vorgestellt, die er mit einem Schweizer Label lanciert hat. Ein Gespräch über seine Sehschwäche, Taylor Swift und Baden in der Limmat.

Bruno Bötschi

Keine Zeit? blue News fasst für dich zusammen

  • Rapper Sido hat in Zürich Brillen präsentiert, die er zusammen mit dem Schweizer Label Viu entwickelt hat.
  • Früher wurden Brillenträger*innen gehänselt. Heute gelten die Nasenvelos als prestigeträchtiger Konsumartikel – oder Neudeutsch: ein Must-have-Accessoire.
  • «In der Schule waren es meistens die besonders klugen Typen und Schlaumeier, die eine Brille trugen. Aber wer wollte als Kind schon aussehen wie Streber – ich auf jeden Fall nicht», sagt Sido im Gespräch mit blue News.

Was ist denn da los? Vor dem Eingang des Brillenladens Viu warten hinter Absperrgittern 30 Menschen, derweil Bodyguards darauf achten, dass niemand die Tür aufmacht.

Der Grund für den Auflauf heisst Paul Würdig, Rap-Liebhaber*innen besser bekannt unter seinem Künstlernamen Sido. Hier im Zürcher Niederdorf präsentiert der 43-Jährige an diesem Nachmittag Brillen, die er zusammen mit dem Schweizer Brillenlabel entwickelt hat.

Ich bekam vom Management einen Interview-Slot von zehn Minuten mit Sido bestätigt – allerdings mit der ausdrücklichen Bitte, dass Fragen in Zusammenarbeit des Musikers und Viu im Vordergrund stehen müssen. Fragen zur Musik seien auch erlaubt, persönliche Fragen hingegen tabu.

Das Interview findet mitten im Laden statt, zwischen PR-Menschen, Bodyguards und normalen Kund*innen. Kaum sitze ich Sido gegenüber, entdeckt der Musiker an meinem rechten Handgelenk ein Freundschaftsbändchen und fragt lachend:

Bruno, bist du ein Swiftie?

Ich war am Konzert von Taylor Swift in Zürich, bin aber kein Swiftie.

Wer am Konzert war, ist ein Swiftie (lacht).

Ich bin keiner, aber das Konzert war grossartig. Ich denke, ich bin zu alt, um ein Swiftie zu sein.

Hey, ein Swiftie kann man immer sein.

Bist du ein Swiftie?

Ich bin auch keiner …

… aber dafür bist du ein Brillen-Fetischist.

Nein, ich bin ein Brillen-Trag-Profi.

Demnach verlierst du deine Brille nie?

Wieso? Was hat das eine mit dem anderen zu tun?

Es gibt Menschen, die ständig ihre Brille verlegen.

Ich habe auch schon Brillen verloren – aber mehr im Sinn: Sie ging kaputt und konnte sie nicht mehr anziehen.

«Früher in der Schule waren es meistens die besonders klugen Typen und Schlaumeier, die eine Brille trugen. Aber wer wollte als Kind schon aussehen wie Streber – ich auf jeden Fall nicht»: Sido im Gespräch mit blue News Redaktor Bruno Bötschi.
«Früher in der Schule waren es meistens die besonders klugen Typen und Schlaumeier, die eine Brille trugen. Aber wer wollte als Kind schon aussehen wie Streber – ich auf jeden Fall nicht»: Sido im Gespräch mit blue News Redaktor Bruno Bötschi.
Bild: zVg

Du hast also noch nie deine Brille gesucht und nicht realisiert, dass du sie nach oben in die Haare geschoben hast?

Nein, das ist mir noch nie passiert. Das hat wohl damit zu tun, dass ich ohne Brille nichts sehen kann.

Du bist kurzsichtig. Wie gross ist deine Sehschwäche?

Ich bin nicht sicher, aber ich glaube, ich habe minus 3,5 Dioptrien.

Wie viele Brillen besitzt du insgesamt?

Seit ich mit Viu zusammenarbeite und meine eigene Brillenkollektion habe, habe ich zu Hause ein ganzes Schrankabteil für meine Brillen eingerichtet. Wie viele Modelle dort drin liegen, kann ich dir aber nicht sagen.

Wer zeigt in Sachen Brillen mehr Mut: die Deutschen oder die Schweizer*innen?

Ich glaube, in Berlin ist Mode mehr Thema als in der Schweiz. Und deshalb sage ich: Die Berliner sind mutiger als die Schweizer.

Wie bist du überhaupt auf die Schweizer Brillenmarke Viu gekommen?

Ich kaufe meine Brillen schon viele Jahre im Berliner Viu Laden. Irgendwann kamen die Verantwortlichen der Firma auf mich zu und meinten, ob ich nicht Lust hätte, mit ihnen zusammen eine Kollektion zu realisieren. Das fand ich eine coole Idee und habe Ja gesagt.

Wie muss ich mir die Zusammenarbeit Sido und Viu konkret vorstellen – oder anders gefragt: Wie stark redest du bei den Modellen «Sido x Viu Eyewear» mit?

Ich bin hauptsächlich im kreativen Prozess involviert – also, wie sieht ein Modell aus, wie sieht die Verpackung dafür aus und wie sieht die Werbung dafür aus.

In meiner Kindheit wurden Menschen mit Brille in der Schweiz noch gehänselt und als «Brillenschlangen» betitelt.

Brillenschlange sagt man bei uns auch. Während meiner Schulzeit war ich auch die Brillenschlange.

Hat man dich wegen deines Nasenfahrrads auch schon ausgelacht?

Ich war acht Jahre alt, als ich eine Brille bekommen habe. Das war nicht nur für mich anfangs komisch, sondern für meine Freunde auch und ich wurde dann halt ganz oft «Brillenschlange» genannt.

Brillen gelten längst als prestigeträchtiger Konsumartikel – oder auf Neudeutsch: ein Must-have-Accessoire.

Früher in der Schule waren es meistens die besonders klugen Typen und Schlaumeier, die eine Brille trugen. Aber wer wollte als Kind schon aussehen wie Streber – ich auf jeden Fall nicht.

Warst du ein Streber?

Nein – ich war das Gegenteil (lacht). Aber du hast recht, mittlerweile ist die Brille zum Mode-Accessoire geworden. Es gibt ja heute sogar Menschen ohne Sehschwäche, die Brillen ohne korrigierte Gläser tragen.

«Mit Linsen kann ich nichts anfangen. Vor Jahren habe ich es einmal versucht, aber ich schaffe es einfach nicht, mir in die Augen zu fassen»: Sido.
«Mit Linsen kann ich nichts anfangen. Vor Jahren habe ich es einmal versucht, aber ich schaffe es einfach nicht, mir in die Augen zu fassen»: Sido.
Bild: Viu

Wie muss eine Brille aussehen, damit Sido sie tragen würde?

Bei mir ist zuerst die Form des Gestelles wichtig. Und dann kommt es auch noch darauf an, wie ich meinen Bart trage, also ob kurz oder lang. Ja, es ist eine Frage des Stylings, also wenn du dir das finanziell leisten kannst.

Das sollte bei Viu ja nicht so ein grosses Problem sein.

Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiss ehrlich gesagt nicht einmal, wie viel die Brille, die ich gerade trage, im Laden kostet.

Während Konzerten trägst du immer Sonnenbrillen. Wären Kontaktlinsen da nicht angenehmer?

Mit Linsen kann ich nichts anfangen. Vor Jahren habe ich es einmal versucht, aber ich schaffe es einfach nicht, mir in die Augen zu fassen. Das finde ich ekelhaft. Und wenn die Linsen einmal drin sind, musst du sie ja irgendwann wieder rausholen – da wird mir allein schon vom Gedanken daran schlecht.

Welches ist die lustigste Geschichte, die du mit einer Brille erlebt hast?

Ach, mir sind schon ein paar bescheuerte Sachen mit Brillen passiert. In meiner Jugend ging ich einmal mit einer halben Brille in die Schule, weil ich während des Eishockeyspielens einen Puck an den Kopf bekommen hatte und meine Eltern nicht genügend Geld hatten, mir ein neues Gestell zu kaufen.

Passiert es oft, dass die Menschen auf dich zukommen und sagen: Hey, Sido, wo hast du diese Brille gekauft?

Das passiert oft und ist auch einer der Gründe, warum ich die Zusammenarbeit mit Viu so cool finde. Ich sage diesen Menschen dann aber auch immer ganz ehrlich, dass das Modelle sind, die ich so angefertigt habe, dass sie zu mir passen.

Dann passen deine Brillen gar nicht auf die Nasen von anderen Menschen.

Das weiss ich nicht. Das muss jeder selbst herausfinden. Ich habe auf jeden Fall keine Brille gemacht, die jedermann passen soll. Vielleicht tun sie das, aber es war nicht mein Anliegen.

Frauen können demnach deine Brillen nicht tragen.

Doch, doch – die aktuellen Modelle sind alle unisex. Aber die Frage ist berechtigt. Und unter uns gesagt: Wir arbeiten gerade an einer neuen Kollektion und dort wird es ein Gestell geben, das speziell für die Frauen angedacht ist.

Vor wenigen Tagen bist du am Openair Zürich aufgetreten …

… früher träumte ich davon, irgendwann einmal in Zürich leben zu können. Mittlerweile habe ich diese Idee aufgegeben. Es ist ja schon sehr teuer bei euch und ich mag Berlin halt schon sehr.

Und jetzt bitte noch einen schönen Satz über Zürich.

Ach, ich träume schon lange einmal davon, beim Dynamo in die Limmat zu springen und mich den Fluss hinuntertreiben zu lassen. Hast du das auch schon gemacht?

Ja, habe ich.


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