Solarstrom Ein Schweizer Kraftwerk zum Anhängen

Von Max Hugelshofer

20.3.2020

Im Sommer macht er auf der Alp einen Benzingenerator und Gasflaschen überflüssig, im Winter speist er im Tal Strom ins Netz ein: der Solaranhänger von Thomas Stöckli.

Es hat weniger als fünf Minuten gedauert. Eben sass Hans Grünig noch hinter dem Steuer und zog einen kastenförmigen Anhänger auf den Bauernhof, jetzt speist dieser bereits über eine Steckdose Strom ins Netz ein.

Dazwischen lagen nur wenige Arbeitsschritte: Anhänger abkuppeln und die Deichsel nach Norden ausrichten, Solarpanels entsichern und hochschwingen lassen, Windrad aufklappen, Kabel ausrollen und Stecker in die Steckdose. Fertig.

Der Solaranhänger gehört Thomas Stöckli und seiner Frau Céline Santschi aus dem Berner Seeland. Stöckli ist in vierter Generation Besitzer der Alp Ortschauben im Gantrischgebiet. Auch wenn er selbst keine Tiere z’Alp gibt: «Ohne Alp würde in unserer Familie etwas fehlen.»

Im Sommer ist er jede Woche mindestens einen Tag oben. Um nach dem Rechten zu sehen, die Angestellten bei der Arbeit mit den rund 60 Tieren oder im Alpbeizli zu unterstützen und die schöne Natur zu geniessen. Darum störte er sich auch je länger je mehr am lärmenden Benzingenerator, der für Strom sorgte.



Als dann im vergangenen Sommer wie auf den meisten Alpen das Festnetztelefon aufgehoben und durch ein Satellitensystem ersetzt werden musste, war Handeln angesagt. «Die neue Anlage braucht konstant Strom. Nicht viel, aber es darf keine Unterbrüche geben», erklärt er. Die bisherige Lösung mit dem Generator war somit plötzlich keine Lösung mehr.

Fixe Anlage zu oft ungenutzt

Stöckli dachte über eine Solaranlage an der Alphütte nach. Aber es störte ihn, dass diese den grössten Teil des Jahres ungenutzt wäre. Da kam sein Cousin Hans Grünig ins Spiel. Er baut mit seiner Firma Clevertrailer schon länger verschiedenste Anhänger, die oft auch Strom benötigen.

Das Thema mobile Stromversorgung fasziniert ihn, und die Idee eines kleinen Solarkraftwerks auf Rädern geisterte schon lange in seinem Kopf herum. «Als mir Thomas den Auftrag gab, konnte ich endlich einen Prototypen bauen.» Die Funktionsweise ist ganz einfach: Solarpanels produzieren Strom, eine Batterie kann die Energie speichern. Ausserdem sorgt bei Sturm ein Windrad für zusätzlichen Strom.

Der Clou an den Panels: Sie sind doppelseitig wirksam. Dadurch produziert nicht nur das direkt einfallende Sonnenlicht Strom, sondern auch die Strahlen, die vom Boden und von den weissen Wänden des Anhängers reflektiert werden. «Der Anhänger erreicht so einen deutlich höheren Wirkungsgrad als fest installierte Solaranlagen», so Grünig.



Der Anhänger stand nun eine erste Alpsaison im Einsatz, und er übertraf die Erwartungen sogar. «Wir mussten nur zweimal während einer Schlechtwetterphase das Notstromaggregat laufen lassen, weil nicht genug Solarstrom produziert wurde», sagt Stöckli. Ansonsten herrschte Stille auf der Alp. Und ganz nebenbei hat der Anhänger Diesel und Flaschen für die Gaskühlschränke im Wert von 2’500 Franken eingespart.

Im Winter vermietet Stöckli den Anhänger für Events, die eine unabhängige Stromversorgung benötigen. Und wenn der Solaranhänger gerade nicht unterwegs ist, dann speist er Elektrizität ins Netz ein und entlastet die Stromrechnung des Bauernhofs von Thomas Stöcklis Schwiegereltern.

Diese Reportage erschien zuerst in der «Echo», der Zeitung der Berghilfe.

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