Trekking «Von meinen Geissenbuebe kann ich viel lernen»

Von Max Hugelshofer

11.12.2019

Maja Anderegg bietet im sanktgallischen Flums Trekkings mit Geissen und Eseln an. Sie will Kindern so den Zugang zu Tieren und zur Natur ermöglichen.

«Heute sind meine Geissebuebe wohl ein bisschen faul. Sonst trödeln sie nicht so herum, sondern wollen immer vorne mit dabei sein. Aber das ist ja das Schöne an Tieren. Sie haben ihren eigenen Kopf und sind nie ganz berechenbar.

Ich hatte schon als kleines Mädchen eindrückliche und lustige Erfahrungen mit Tieren, und der Umgang mit ihnen hat mich viel gelehrt. Nebst Verantwortungsbewusstsein und der Erfahrung, dass körperliche Arbeit sehr befriedigend ist, auch Sozialkompetenz. Geissen sind in ihrem Verhalten manchmal sehr ähnlich wie wir Menschen.

Als Erwachsene konnte ich dann lange Jahre keine Tiere mehr halten. Doch vergessen habe ich sie nie. Und als sich vor ein paar Jahren die Chance bot, ein abgelegenes, altes Bauernhaus mitsamt Stall zu kaufen, da schlug ich zu.



Ich legte mir ein paar Geissen zu und hielt sie im Stall, während ich nebenher das Wohnhaus sanierte. Mit meinen Geissen machte ich schon vom ersten Tag an lange Spaziergänge in den wunderschönen Wäldern rund um mein Haus. Es ist einfach schöner, statt alleine mit einer Handvoll Tiere unterwegs zu sein.

Beste Motivationstrainer

Zur gleichen Zeit wurde mir bei meiner Arbeit – ich habe eine eigene Ergotherapie-Praxis und arbeite viel mit Kindern – bewusst, dass immer mehr Kinder absolut keinen Bezug zu Tieren und zur Natur haben. Wenn Kinder glauben, Milch werde in einer Fabrik hergestellt, dann läuten bei mir die Alarmglocken.

Also fing ich an, langjährige kleine Patienten sowie die Kinder meiner Freunde und Bekannten auf meine Geissenspaziergänge mitzunehmen. Und war von den Reaktionen überwältigt. Alle waren begeistert. Kinder, die sonst nach zwei Minuten zu Fuss zu jammern anfangen, marschierten problemlos zwei Stunden über Stock und Stein. Viele wurden auch mutiger, selbstbewusster.

Also entschloss ich, das Ganze etwas professioneller anzugehen. Ich vergrösserte die Herde, besorgte mir eine Internetseite und natürlich einen Namen: Geissebuebe. Das war für mich naheliegend, weil ich sowieso immer vom meinen Buebe sprach, wenn ich jemandem von meinen Tieren erzählte.



Es sind tatsächlich alles Böcke. Das hat verschiedene Gründe. Zum einen ist der Arbeitsaufwand viel höher, wenn man auch weibliche Tiere hält. Nachwuchs, melken und so weiter. Und ich arbeite ja auch noch Teilzeit.

Andererseits sind Böcke auf dem Markt viel weniger gefragt. Man kommt gut an männliche Tiere, die sonst kaum jemand haben möchte. Im Moment habe ich zehn Buebe. Und seit ein paar Jahren auch noch zwei Meitli, allerdings machen die I-A statt Määh. Esel und Geissen vertragen sich gut. Auch auf den Trekkings funktioniert das bestens.

Die Buchungen ziehen langsam an. Ich hatte schon Trekking-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer aus der ganzen Schweiz. Und unzählige positive Begegnungen.»

Dieser Text erschien zuerst im «Echo», der Zeitschrift der Schweizer Berghilfe.

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