KolumneKonfliktbeladen – Dichtestress im Naherholungsgebiet
Von Marianne Siegenthaler
29.4.2019
1,5 Millionen Menschen leben in der Region Zürich. Und die streben an schönen Wochenenden alle an den See, in den Wald oder auf den Berg. Kein Wunder, schreibt «Bluewin»-Kolumnistin Marianne Siegenthaler, dass das immer wieder Konflikte gibt.
Je enger es wird, desto mehr Aggressionen gibt es. Bei Ratten und Mäusen führt der Dichtestress sogar dazu, dass sie schwächere Artgenossen töten, wie Forscher beobachtet haben.
Aber auch wir Menschen ertragen es schlecht, wenn es immer enger wird. Wir streiten mit den Nachbarn, enervieren uns über Leute im Öffentlichen Verkehr oder beschimpfen andere Verkehrsteilnehmer. Und der Dichtestress nimmt sich nicht mal am Wochenende eine Pause. Im Gegenteil. An einem sonnigen Sonntag ist im Wald, an den See- und Flussufern und auf den Hausbergen so richtig die Hölle los.
Am Greifensee im Zürcher Oberland beispielsweise. Da kämpfe ich auf dem Mountainbike mit Skatern, Rennvelofahrer, Joggern, Stockenten, also Nordic Walkern, und Spaziergängern um den rund zweieinhalb Meter Asphaltstreifen, der um den See führt.
Aber ich bin chancenlos. Die Ehrgeizlinge auf dem Rennvelo kommen mir zu zweit nebeneinander entgegen und weichen um keinen Preis auch nur ein Millimeter. Konfrontation oder Wiesenbord? Ich nehme das Wiesenbord.
Den Kopf tief gesenkt halten
Skater haben eine andere Taktik. Sie verteidigen ihre Trainingsstrecke, indem sie den Kopf tief gesenkt halten und jeglichen Blickkontakt vermeiden. Also halte ich mich ganz, ganz am Rand, um eine Kollision zu vermeiden.
Die Jogger, äh Laufsportler, stecken mitten im Training auf den nächsten Marathon oder was immer und haben ihrer Meinung nach per se Vortritt.
Ja, und dann sind da noch die E-Biker, die sich mit ihrer Klingel den Weg frei bahnen, um auf ihren Atomkraft-betriebenen Velos mit einem Siegerlächeln und minimalstem Abstand an den langsameren Ausflüglern vorbeizuziehen.
Manch einer will dem anderen aber keinen Platz machen. Und so wird geschimpft und geschubst, geflucht und gedroht und der Stinkefinger gezeigt. Kurz: die Erholungs- wird zur Kampfzone.
Trotzdem ziehe ich die Strecke um den Greifensee manch einem Waldweg vor.
Der Grund: Es hat praktisch keine Hündeler. Viel zu gefährlich für den Lumpi, der unter die wie auch immer gearteten Räder kommen könnte. Im Wald ist es ohnehin viel schöner. Da gibt es Rehe zum Jagen. Und Fussgänger oder Jogger zum Spielen. Ich will aber nicht spielen.
Und ich will nicht beschnuppert werden. Ich weiss, das Schnüffeln am Kot anderer Hunde ist normal. Aber ich find es eklig, wenn die gleiche Nase dann an mir rumschnüffelt. Ich werde auch ungern angekläfft. Denn aus blutiger Erfahrung weiss ich: Hunde, die bellen, beissen auch manchmal.
Entspannt euch, Leute!
Wenn ich in der Natur unterwegs bin, meide ich deshalb wenn möglich die besonders beliebten Hündelerstrecken. Dann muss ich nicht auf streunende Vierbeiner achten und kann mich voll und ganz auf die Millionen von Fliegen konzentrieren, die auf den Rosshaufen hocken und in schwarzen Schwärmen aufsteigen, sobald ich in ihre Nähe komme.
Am Pfannenstiel wie auch an den Seeufern gibt es auch einige sehr schöne Picknick-Plätzchen mit Feuerstelle. Doch wenn ich da eine Wurst braten will, muss ich früh aufstehen. Kaum wirft die Sonne nämlich ihre ersten Strahlen auf die zerschlagenen Bierflaschen und den Müllberg, den ein paar Nachtschwärmer hinterlassen haben, tauchen die Feuerstellen-Besetzer auf.
Wenn irgend möglich natürlich mit dem Auto. Es gibt ja auch einiges zu transportieren: Kühlbox, Wolldecke, Grillkohle, Klappstühle und -tische – das alles wird grossflächig über den Grillplatz verteilt. Nicht dass sich womöglich noch irgendwer sonst hier breit macht.
Kurz: Von Erholung im Naherholungsgebiet kann kaum mehr die Rede sein. Deshalb mein Aufruf: Entspannt euch, Leute!
Stress haben wir schon genug während der Arbeitswoche. Und nehmt etwas Rücksicht auf die anderen. Benützt auch mal die Velobremse. Pfeift den Hund zurück. Und teilt euer Feuer mit anderen Menschen.
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Der 2502 Meter hohe Säntis ist eingebettet in einer der schönsten Naturkulissen Europas.
Bild: Säntis
Wer von Nesslau aus die Schwägalpstrasse hochfährt, fühlt sich bei Ennetbühl plötzlich wie im Film; grasüberwachsene Hügel erinnern an das Hobbitland aus «Herr der Ringe».
Bild: zVg
Die Kurve vor Hemberg seit dem 10. Juni 2017 weltberühmt. Das ist dem britischen «Top Gear»-Moderator Richard Hammond zu verdanken. Dieser kriegte dort die Kurve nicht.
Bild: zVg
Nicht immer sind es Kühe und Ziegen, die auf der Schwägalpstrasse den Verkehr behindern – manchmal ist auch Werner Stauffacher mit seiner Postkutsche unterwegs.
Bild: zVg
Sehnsuchtsort mit besten Aussichten: Der Speer ist 1951 Meter hoch.
Bild: zVg
Was braucht die Schweiz ein Legoland oder einen Europapark? Sie hat doch die Schwägalp.
Bild: zVg
Der Säntis ist ein multifunktionaler Hotspot: Wetterstation, Leuchtturm, Schwebebahnstation, Kommunikationsberg, Dorf und Aussichtsberg.
Bild: zVg
Rund um den Gipfel vereinen sich viele Gegensätze – schroffe Felswände, tiefblaue Seen, liebliche Hügellandschaften.
Bild: Keystone
Neben einem Perspektivenwechsel bietet der Baumwipfelpfad in Mogelsberg durch seine verschiedenen Wald-Stockwerke auch viel Informatives.
Bild: zVg
Wer ins Ofenloch will, muss die richtige Jahreszeit wählen. Am besten den Sommer, wenn das Bachbett des Neckers fast ausgetrocknet ist.
Bild: zVg
Zwei Wanderer geniessen die Aussicht auf dem 2502 Meter hohen Säntis.
Bild: Keystone
Die Szene aus einer Werbung für Appenzeller Käse ist lustig -– und trumpft mit einer atemberaubenden Landschaft auf. Die Bank, auf der das kurze Schauspiel stattfindet, wird beim Dreh jeweils am Fählensee aufgestellt.
Bild: zVg
Der Weg zum Glandenstein hinter dem Hotel Hof Weissbad ist eine Sackgasse, die im «End der Wölt» im Geröll des Weissbaches endet – ideal zum Flanieren und Verweilen.
Bild: zVg
Einer der aufregensten Instagram-Hotspost überhaupt: die Saxer Lücke. Man erreicht sie via Bollenwees oder von der Staubern her.
Bild: zVg
Am geografisch tiefsten Punkt des Kantons Appenzell Innerrhoden, wo die Sitter und der Rotbach zusammenfliessen, hat sich eine Naturbadewanne gebildet. «Strom» heisst der Ort
Bild: zVg
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