Büne Huber über das Sterben«Der Tod des Kindes machte mir Albträume»
Von Bruno Bötschi
30.12.2023
Ein Testament hat er noch nicht. Über das Sterben denkt Büne Huber, der Frontmann von Patent Ochsner, trotzdem hin und wieder nach. Auch, weil dem 61-jährigen Musiker der Unfalltod eines Kindes einst Albträume bescherte.
In diesem Mitmach-Podcast stellt Radiomoderatorin Franziska von Grünigen Menschen, bekannten und weniger bekannten, Fragen zum Sterben und zur eigenen Beerdigung.
Die erste direkte Begegnung mit dem Tod hatte Huber, als sein Vater vor 30 Jahren in seinen Armen starb. Dieser Moment habe, so der Frontmann von Patent Ochsner, sein Bild des Sterbens geprägt und verändert.
«Ich habe das Gefühl, es ist immer auch eine Frage des Mutes, wie ein Mensch sein Leben lebt. Und genauso braucht es auch Mut, um gehen zu können.» Büne Huber macht sich im Podcast «My Last Goodbye» Gedanken über das Sterben und den Tod.
Der Frontmann von der Berner Mundart-Band Patent Ochsner beantwortet Fragen zu seiner eigenen Beerdigung. Der 61-Jährige interessiert es nicht, wo er dereinst seine letzte Ruhe finden wird, also ob sein Leichnam erdbestattet, verbrannt oder irgendwo verstreut werde.
«Das ist etwas, womit die Hinterbliebenen zurechtkommen müssen.» Sie sollen dereinst entscheiden, was sie brauchen und wie sie das organisieren wollen.
Büne Huber will bald sein Testament schreiben
Ein Testament hat Büne Huber noch keines, obwohl dies schon länger ein Thema sei. Geschäftlich sei für den Fall seines Ablebens bereits vieles geregelt, privat hingegen nicht.
Das Problem sei für ihn weniger der Tod an sich, sondern die Bürokratie dahinter. «Ich habe keinen Bock darauf», sagt der Musiker. Dabei wisse er sehr wohl, dass es nicht fair wäre, wenn er das Thema «Testament» nicht bald angehen werde. «Es kann blöd enden, wenn man diese Dinge nicht geregelt hat.»
Das Nicht-Hinsehen-Wollen habe, so Huber, auch damit zu tun, dass seine Partnerin jünger sei als er. Der Musiker ist 61, seine Frau 43. «Ich bin näher an diesem Thema, ich hänge in der letzten Ecke meines Lebens. Will ich mit meiner Partnerin über den Tod reden, muss ich das mit feiner Klinge tun.»
Sohn Max verblüfft den Musiker durch sein Wesen
Mit seinem Nachwuchs, Huber hat eine erwachsene Tochter und zwei kleine Kinder, spricht der Musiker ab und an über den Tod. Sein Sohn Max verblüffe ihn dabei immer wieder durch sein spezielles Wesen.
«Hin und wieder habe ich das Gefühl, er könnte tatsächlich jemand sein, der vielleicht bereits mehrmals auf dieser Erde war, also gewisse Erfahrungen schon gemacht hat. Bei Max spüre ich so etwas Abgeklärtes und Schlaues, das mich immer wieder staunen lässt.»
Vor einigen Jahren habe sein Sohn öfters einen rauchenden Mann in der Wohnung gesehen, erzählt Huber im Podcast «My Last Goodbye» von Radiomoderatorin Franziska von Grünigen. Anfänglich habe der Mann seinen Sohn nicht gestört, bis er irgendwann anfing, mit ihm zu reden.
Irgendwann meinte der Mann zu Max, er solle mit ihm kommen. Nach diesem Vorfall ging Büne Huber mit seinem Sohn in dessen Zimmer, wo er den Mann selber spürte. Er sagte zu ihm: «Du warst eher da als wir, als die Familie, als die Kinder. Ich respektiere, dass du hier deinen Platz hast. Du kannst machen, was du willst, aber nerve uns einfach nicht mehr.»
Und weiter: «Sollte mein Bub nochmals mit dir mitkommen sollen, dann erlebst du das Schlimmste, was du dir neben dem Zustand, den du hast, also so irgendwo zwischen Himmel und Erde zu hängen, vorstellen kannst.»
Der Vater von Büne Huber starb in seinen Armen
Büne Hüber beschreibt im Podcast «My Last Goodbye» seine Erfahrungen mit dem Sterben als durchaus wohlwollend. Zum ersten Mal dem Tod begegnete er, als sein Vater in seinen Armen starb. «Das hat extrem viel ausgelöst.» Der Musiker war damals 31 Jahre alt.
Hubers Vater erlitt während einer Autofahrt einen Herzinfarkt. Er musste reanimiert werden und war danach ein Pflegefall. «Das hat unser Leben auf den Kopf gestellt. Das war der Bruch in meinem Leben», so der Musiker vor anderthalb Jahren in der TV-Sendung «Lässer» auf blue Zoom.
Der Tod selbst sei wie eine Erlösung gewesen. Das vorletzte Ausatmen des Vaters habe komplett anders gerochen wie das letzte. «Sein letztes Ausatmen war eine warme Welle, die an mich heran und durch mich hindurch ging. Diese Welle hat trotz des grossen Schmerzes eine Eleganz gehabt, eine Schönheit, etwas Zartes und gleichzeitig etwas Befreiendes.»
Dieser Moment, sagt Huber, habe sein Bild vom Sterben und vom Tod massgeblich geprägt und verändert.
Büne Huber: «Ich bin so rührselig, so dünnhäutig»
Büne Huber hat mehrere Menschen in den Tod begleitet und auch schon einige Abdankungs- und Abschiedsfeiern erlebt. Die Beerdigung eines achtjährigen Jungen, er starb während eines schrecklichen Unfalls vor den Augen seines Vaters, machte dem Musiker Albträume.
Die Eltern des Kindes hatten Huber und Patent-Ochsner-Gitarrist Disu Gmünder gebeten, an der Beerdigung den Song «Git's über üs e Himu?» zu spielen. «Ich bin so rührselig, so dünnhäutig, aber mir war klar: Da gibt es keine Ausrede, wir müssen das machen.»
Er habe dann Betablocker für den Auftritt organisiert. Einen Tag vor der Beerdigung ass Huber testweise eine Tablette, um zu schauen, was passiere, wenn er danach ans Klavier hocke und den Song spiele. «Ich konnte das Lied nicht spielen.»
Am Tag der Beerdigung schluckte Huber eine weitere Pille. Als er in der Kirche sang, spürte er die Wirkung des Betablockers. «Es hat mich empathisch gemacht, wie ich es von mir kenne.» Trotzdem sei der Auftritt eine Tortur gewesen und er habe das Lied nur fertig singen können, weil er währenddessen zum Fenster hinausgeschaut habe.
Büne Huber sagt, er sei gleichzeitig wahnsinnig froh um dieses Erlebnis. «Obwohl es wirklich der Abgrund war. Und für mich eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit.» In solchen Momenten spüre er die Kraft der Musik.
Büne Huber und sein bisher unveröffentlichtes Songmaterial
Und was soll mit dem bisher nicht veröffentlichten Songmaterial von Patent Ochsner passieren, wenn Büne Huber einmal nicht mehr da ist? Wurde ein Song nie veröffentlicht, so der Musiker, sage dies etwas «über meine Haltung gegenüber diesem Lied aus».
Natürlich gebe es ein paar wenige Musikstücke, die er gut finde, die aber nicht veröffentlicht wurden, weil sie einfach keinen Platz auf den bisherigen Alben gefunden hätten. «Das ist aber nur ein ganz kleiner Teil.»
Trotzdem hält Huber irgendetwas davon ab, das unveröffentlichte Material ganz verschwinden zu lassen. Hin und wieder denke er, dass daraus vielleicht doch noch etwas Neues werden könne.
Gäbe es zudem wirtschaftliche Gründe, dass also seine Frau, seine anderen Hinterbliebenen, seine Freundinnen und Freunde später Stutz mit den bisher unveröffentlichten Songs machen könnten, dann sollten sie dies tun. «Damit hätte ich kein Problem.»
Bruno Bötschi, der Autor dieses Textes, hat die zwölf Fragen vom Podcast «My Last Goodbye» ebenfalls beantwortet. Du findest seine Antworten unter diesem Link.
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