Neue Erkenntnisse Forscher: Massnahmen gegen Softdrinks, Alkohol und Tabak

dpa/mi

5.4.2018

Süsse Sünde: Dass zu viel Zucker schadet, ist inzwischen eindeutig nachgewiesen.
Süsse Sünde: Dass zu viel Zucker schadet, ist inzwischen eindeutig nachgewiesen.
Source: iStock

Sie sind Studien zufolge ungesund und tragen zur Armut bei: Softdrinks, Alkohol und Zigaretten haben nach neuesten Studien verheerende Auswirkungen. Forscher empfehlen konkrete Gegenmassnahmen.

Zusätzliche Steuern auf Softdrinks, Alkohol und Tabak könnten ein wirksames Mittel gegen die Zunahme chronischer und nichtübertragbarer Krankheiten sein. Zu diesem Ergebnis kommen fünf internationale Studien, die in der britischen Fachzeitschrift «The Lancet» veröffentlicht wurden.

So seien Schlaganfälle, Herzerkrankungen, Diabetes, chronische Atemwegserkrankungen und Krebs häufig auf ungesunde Ernährung und Suchtmittel zurückzuführen.

Die Forscher fanden nach Auswertung von über 300 internationalen Studien heraus, dass höhere Preise die Nachfrage nach ungesunden Produkten vor allem bei einkommensschwachen Bevölkerungsgruppen senken könnten. Diese Gruppen seien gleichzeitig besonders oft von schweren Krankheiten und damit verbundenen finanziellen Auswirkungen betroffen.

Krankheiten als Ursache für Armut

«Nichtübertragbare Krankheiten sind eine Hauptursache und zugleich Hauptfolge von Armut weltweit», sagte Rachel Nugent von der Nichtregierungsorganisation RTI International und Leiterin des «The Lancet»-Programms zu nichtübertragbaren Krankheiten. Es sei deshalb sinnvoll, die zusätzlich generierten Steuereinnahmen in die Armutsbekämpfung zu investieren. «Die wissenschaftlichen Erkenntnisse legen nahe, dass Befürchtungen übertrieben sind, wonach höhere Steuern auf Tabak, Alkohol und Softdrinks den Armen schaden.»

Die Forscher des «The Lancet»-Programms betonten ausserdem, Sondersteuern könnten dazu beitragen, die Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen zu erreichen. Die Staatengemeinschaft hatte im Jahr 2015 vereinbart, Armut in allen ihren Formen bis 2030 zu beenden. Ausserdem war das Ziel formuliert worden, nichtübertragbare Krankheiten weltweit um ein Drittel zu reduzieren.

Wo bleiben die Sondersteuern?

Dass Sondersteuern auf ungesunde Produkte nur zögerlich eingeführt werden, liegt laut der Verbraucherorganisation Foodwatch auch am Lobbyismus der Industrie. Foodwatch warf dem Coca-Cola-Konzern am Mittwoch in einem 100-seitigen Bericht vor, wissenschaftlich belegte Risiken seiner zuckerhaltigen Getränke zu verharmlosen und für die Zunahme von Fettleibigkeit und Diabetes mitverantwortlich zu sein. Der US-Konzern wies die Anschuldigungen umgehend zurück. Man investiere überproportional viel in die Werbung für Getränke ohne oder mit weniger Zucker, hiess es in einer Stellungnahme.


Vorischt, süss: Wo sich überall Zucker vetrsteckt

Nichtübertragbare Krankheiten sind der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge die häufigste Todesursache weltweit. In Europa werden ihnen 86 Prozent aller Todesfälle zugeschrieben. Nach Schätzungen der Universität Hamburg verursachen Fettleibigkeit, Tabak- und Alkoholkonsum in Deutschland Gesundheitskosten von insgesamt rund 180 Milliarden Euro pro Jahr.

Wie ist die Situation in der Schweiz? 

Die Tabaksteuer in der Schweiz ist bereits auf einem relativ hohen Niveau im internationalen Vergleich. Rund 60 Prozent vom Verkaufspreis fliessen an den Staat. Die Einnahmen werden für AHV und IV verwendet. Allerdings geniesst die Tabakindustrie in der Schweiz auch einige Privilegien, etwa in Bezug auf Werbung. Rauchen weltweit von 100 Menschen 20 sind es in der Schweiz 25.

Bei der Alkoholsteuer fordert die Stiftung Sucht Schweiz eine Anhebung des Steuersatzes. Sie kritisiert, Alkohol sei aus Präventionssicht zu billig. Ein halber Liter Bier etwa koste weniger als ein Butter­brot. Im Durchschnitt beträgt die Steuer knapp 25 Rappen pro Liter Bier. Je höher der Alkoholgehat eines Getränkes, umso mehr Steuern sind fällig. 86 Prozent aller Menschen über 15 Jahren in der Schweiz trinken Alkohol, rund ein Fünftel davon zu viel. Allerdings sind die Zahlen insgesamt leicht rückläufig.

Und wie sieht es beim Zucker aus? Seit Anfang April ist in Grossbritannien eine Steuer auf Zucker fällig: Stark zuckerhaltige Softdrinks werden dort seit dem 01. April besteuert. Das Geld fliesst in die Prävention und gesunde Ernährung an Schulen.

Ist das auch in der Schweiz vorstellbar? In der Schweiz ist der Pro-Kopf-Konsum von Zucker mit 38 Kilogramm deutlich über der empfohlenen Menge der Weltgesundheitsorganisation WHO. Anfang März  hat der Ständerat eine Initiative zur Einführung einer Zuckersteuer in der Schweiz allerdings ganz klar versenkt. Immerhin arbeitet die Lebensmittelindustrie im Rahmen eines Memorandums freiwillig daran, den Zuckergehalt etwa in Müesli oder Joghurt zu senken. 


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