Beziehungs-«Tatort» Was ist Liebesbetrug – und wie erkennst du ihn?

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26.6.2022

Im «Tatort: In seinen Augen» glaubte eine «Best Agerin», mit einem jungen Mann ihr Glück gefunden zu haben – obwohl das Umfeld ihr sagt, dass er ein Betrüger sei. Wie verbreitet ist Love Scamming wirklich?

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26.6.2022

Heike Makatsch und Sebastian Blomberg gaben den Abbinder der «Tatort»-Saison vor der Sommerpause: Ihr dritter gemeinsamer Fall «In seinen Augen» erzählte von Liebeswünschen im Alter und dem Verdacht, dass niederträchtige Menschen diese ausnützen könnten.

Emotionaler Kern der Geschichte war die Möglichkeit oder Unmöglichkeit der Liebe eines jungen, gutaussehenden Mannes zu einer älteren Frau. Vieles drehte sich um die gesellschaftlichen Verwerfungen – auch jene im direkten persönlichen Umfeld –, die eine solche Liaison mit sich bringt.

Wenn ein Ex-Kanzler eine Frau heiratet, die seine Tochter sein könnte, dann heisst das «spätes Liebesglück», sagt Michaela Mays Rolle an einer Stelle des Films sinngemäss.

Handele es sich hingegen um eine ältere Frau und einen jungen Mann, so stehe der Vorwurf eines niederträchtigen Betrugs quasi als Fakt im Raum. Doch was hat es mit sogenannten Liebesbetrügern wirklich auf sich? Und wie kann man sich davor schützen?

Worum ging es?

Charlotte (Michaela May) und Bibiana (Krumbiegel), zwei allein lebende Best Agers, verbindet eine enge Freundschaft – bis der junge Ex-Knacki Hannes Petzold (Klaus Steinbacher) ins Spiel kommt, der mit Charlotte eine Liebesbeziehung eingeht. Bibiana, die vermögende und eindeutig lebenszynischere der beiden Frauen, beobachtet die neue Affäre ihrer Freundin mit Argwohn. Während Charlotte dem proletarischen Hannes die Welt der Philosophie und des Theaters nahebringt, scheint Bibi den jungen Geliebten der Freundin mit Blicken, Gesten und Sprüchen herauszufordern.

Irgendwann liegt die diabeteskranke Bibiana tot auf dem Boden ihrer Villa. War es ein Unfall oder hat jemand nachgeholfen? Für Ellen Berlinger (Heike Makatsch) ist der Fall klar: Hannes Petzold hat in seiner kriminellen Karriere schon zuvor ältere Damen betrogen. Nun hat er den Liebeshunger der Freundinnen eiskalt ausgenutzt, denn die alleinstehende Bibi hatte Charlotte als Alleinerbin ihres Vermögens eingesetzt.

Worum ging es wirklich?

Drehbuchautor Thomas Kirchner, den man als Schöpfer der «Spreewaldkrimis» oder auch des Zweiteilers «Der Turm» kennt, lässt seinen Krimi auf verschiedenen Zeitebenen spielen. Vielleicht, um die Entwicklung von Berlingers Vorurteilen gegenüber dem Verdächtigen noch etwas irritierender zu gestalten. Gebraucht hätte es das im überraschend oft in seltsam abgegriffenen Stanzen daherredenden Krimi jedoch nicht, eine lineare Entwicklung der Handlung wäre fast spannender gewesen.

Auch, um das hochinteressante Thema, die «grössere» Frage des Films, genauer zu betrachten: Wie gross ist die Gefahr für ältere Frauen, einem sogenannten Love Scammer zum Opfer zu fallen? Und wie gelingt es, vorsichtig zu sein – und trotzdem nicht vorschnell zu urteilen?

Liebesbetrug – was ist das?

Sie versprechen die grosse Liebe, wollen aber nur an das Vermögen ihrer Opfer: Liebesbetrug, mittlerweile auch hierzulande meist «Love Scam» oder «Romance Scam» genannt, beschäftigt die Ermittlungsbehörden immer häufiger. Heiratsschwindel mag zwar wie ein kriminelles Relikt aus einer fernen Zeit klingen. Tatsächlich gehen jedoch mutmasslich Tausende Frauen jährlich charmanten Herren auf den Leim, die nur ihr Bestes wollen: ihr Geld.

Heutzutage benutzen viele Täter Online-Dating-Plattformen, um die hoffnungsvollen Nutzerinnen gezielt auszunehmen – doch, so weit liegt Heike Makatsch als Ellen Berlinger im Film richtig, auch abseits der virtuellen Welt stellen vorgetäuschte Beziehungen nach wie vor ein reelles Problem dar. Vor allem bei Online-Betrug kann die Polizei oft nicht helfen: Viele «Love Scammer» befinden sich in anderen Ländern, Ermittlungen verlaufen meist im Sand.

Wie verbreitet ist Liebesbetrug?

Heiratsschwindel und auch «Love Scams» existieren nicht als rechtliche Begriffe. Verlässliche Zahlen gibt es deshalb kaum. Laut Schweizerischer Kriminalprävention ereigneten sich etwa 2018 in den drei grössten Kantonen 190 Fälle. Die Dunkelziffer der Betroffenen dürfte in der gesamten Schweiz deutlich höher als die Zahl der tatsächlich angezeigten Fälle sein – immerhin schämen sich viele Opfer, auf die perfiden Maschen und Liebesbekundungen der vermeintlichen Traummänner und -frauen hereingefallen zu sein.

Welche Hilfsangebote gibt es?

Von «Love Scams» betroffen sind meist einsame Herzen mit der grossen Sehnsucht nach Zweisamkeit und einem entsprechenden Willen, zu vertrauen. Oft ist deshalb der Betrug – vor allem für die Opfer selbst – nicht ganz einfach zu erkennen. Grundsätzlich gilt: Die Methoden der Betrüger sind stets ähnlich. Meist überhäufen sie ihre vermeintlich Angebeteten bereits beim ersten Kennenlernen mit Komplimenten und sprechen rasch von der ganz grossen Liebe.

Auf einen Betrug hindeuten können unter anderem auch vorschnelle Heiratsanträge, Geheimniskrämerei sowie Forderungen nach Geld. Wer befürchtet, es mit einem Liebesbetrüger zu tun zu haben oder ihm gar auf den Leim gegangen zu sein, kann sich an die Polizei wenden. Die Schweizerische Kriminalprävention informiert auf einer Seite und in einer Broschüre umfassend. Auch der Weisse Ring gilt als Anlaufstelle für Betroffene. Zudem gibt es verschiedene Selbsthilfegruppen, darunter die «Romance Scambaiters» (etwa: Liebesbetrugs-Köder), die bereits 50 Festnahmen veranlasst haben.

Wann geht es nach der Pause beim «Tatort» weiter?

Heike Makatsch und Sebastian Blomberg übernahmen die letzte neue «Tatort»-Ermittlung vor der Sommerpause. Am Sonntag, 3. Juli, folgt unter dem Titel «Black Box» noch ein frischer Kriminalfall der «Polizeiruf 110»-Reihe aus Magdeburg. Danach ist erst mal Pause. Fans der ARD-Premiumkrimis am Sonntagabend können sich jedoch freuen, denn die mit Wiederholungen alter Fälle gefüllte Unterbrechung fällt 2022 kurz aus.

Die «Tatort»-Sommerpause endet in den letzten August-Tagen und dauert somit nur acht Wochen. 2021 dauerte die mit Wiederholungen gefüllte Zeit zwölf Wochen, 2020 waren es sogar 13 Wochen. Dass deshalb in der neuen Saison 2022/23 mehr Sonntags-Premieren anstehen, ist dennoch nicht zu erwarten. Schliesslich gibt es da noch eine winterliche Fussball-WM in Katar, die vom 21. November bis 18. Dezember ausgetragen wird. Da dort auch an Sonntagen gespielt wird, dürfte das Erste den ein oder anderen Kick während der traditionellen «Tatort»-Zeit übertragen.