Kommentar zum «Harry Potter»-Remake Viel Glück, HBO, du wirst es brauchen

Von Fabian Tschamper

17.4.2023

Gut 20 Jahre nach der Veröffentlichung des ersten «Harry Potter»-Films will sich HBO der Herkules-Aufgabe widmen, den Kinderbuch-Klassiker neu zu verfilmen. Zu früh und zu schwierig, findet unser Redaktor.

Von Fabian Tschamper

Als jemand, der elf Jahre alt war, als der elfjährige Harry Potter zum ersten Mal über die Leinwand flimmerte, bin ich empört. Und ja, die Bücher hatte ich natürlich auch gelesen.

Dennoch würde ich mich selbst jetzt nicht als Die-Hard-Fan – als unumstösslichen Potterhead – bezeichnen. Aber meinem Unmut Luft machen, muss ich mir trotzdem.

Der US-Streamingdienst HBO machte jüngst publik, dass er die Harry-Potter-Reihe in Form einer Serie reproduzieren will. Kein Spin-off wie «Fantastic Beasts», ein Remake ist geplant. Und darum befinde ich mich in einer Zwickmühle: Einerseits hat HBO bisher wirklich abgeliefert, wenn es um Adaptionen verschiedener Medien ging. Nicht nur bei der Buchgrundlage zu «Game of Thrones» – ignorieren wir bei diesem Argument mal die achte Staffel –, sondern auch aktuell bei der Videospiel-Adaption «The Last of Us». Oder beim HBO-Original «Chernobyl».

Andererseits sind 20 Jahre nicht genug Zeit, um einem Kinderbuch-Klassiker neues Leben einhauchen zu wollen. Die Harry-Potter-Reihe floriert doch nach wie vor. Auch die heute Elfjährigen finden ihren Weg nach Hogwarts. Und lernen dabei die bisher einzigen – und ja, wahren – Gesichter von Harry, Hermine und Ron kennen.

Radcliffe ist und bleibt das Gesicht

Daniel Radcliffe, Emma Watson und Rupert Grint haben uns damals buchstäblich verzaubert – und wie gesagt –, tun es noch immer.

Das ist für mich der Knackpunkt. Egal, wie gut HBO die Bücher verfilmen wird, in den Köpfen von Millionen Menschen wird ein Gedanke zu hören sein: «Das ist nicht Harry. Das ist nicht Hermine. Das ist nicht Ron.»

In jeglichen Merchandise-Artikeln, Videospielen, Postern, Kunst von Fans, sogar die Cover der Bücher, alles ähnelt Daniel Radcliffe als Harry Potter.

Und natürlich gab es in der Vergangenheit schon Figuren, die von verschiedenen Schauspieler*innen verkörpert worden sind. James Bond wäre ein Beispiel. Doch noch nie hat sich eine Identität in diesem Ausmasse um die Visage eines Menschen gedreht. Sogar in den Freizeitparks ist Radcliffe das Gesicht auf den Postern.

Wie soll da ein neuer Schauspieler mithalten, geschweige denn, sich durchsetzen können?

Das Paradebeispiel einer Filmreihe

Und ja, es liesse sich das Argument machen, dass der HBO-Potter eventuell das Gesicht einer neuen Generation an Fans wird, klar. Wie schon erwähnt, werden auch heute noch Kinder mit Radcliffe und Co. gross. Und jene, die bei der Erstveröffentlichung damals Kinder waren, sind jetzt im Alter, eigenen Nachwuchs zu haben.

Es ist keine Frage, welchen Potter sie ihren Kindern vorstellen werden. Der von HBO ist es bestimmt nicht. Darum sag ich es nochmals: 20 Jahre sind nicht genug Zeit.

Dazu kommt auch noch, dass die Filme äusserst gut gealtert sind. Und der achte und letzte Film dieser Reihe gilt unter Fans fast einstimmig als der beste Teil.

Das Interesse an der HBO-Produktion ist definitiv da, die bisherigen Sprösslinge des Streamingdiensts sprechen für sich. Doch wird sich ein neuer Harry Potter in der Fangemeinde etablieren können? Ich denke nicht. Daniel Radcliffe ist nunmal zu sehr das Gesicht des Zauberlehrlings geworden, das einzige Gesicht.

Die Premiere ist provisorisch für 2025 oder 2026 angesetzt. Allerdings hat bei der Produktion bisher noch niemand die Zügel in der Hand. Oder einen Cast parat.


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