«Tatort: Wunder gibt es immer wieder» Wie viele Menschen leben noch in Schweizer Klöstern?

tsch

19.12.2021

Die Münchener Kommissare Batic und Leitmayr ermittelten im «Tatort: Wunder gibt es immer wieder» unter Nonnen. Wie lange wird es bewohnte Klöster überhaupt noch geben?

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Was für ein schöner Gegensatz zum weltberühmten Mittelalter- und Winterwerk «Der Name der Rose»: Während sich Sean Connery 1986 in Jean-Jacques Annauds Verfilmung von Umberto Ecos weltberühmten Roman die Kutte abfror, blinzelten die routinierten Städter, Junggesellen und höchstwahrscheinlich auch Atheisten Batic (Miroslav Nemec) und Leitmayr (Udo Wachtveitl) im «Tatort: Wunder gibt es immer wieder» in die sommerlichen Alpen. Eine schönere Kulisse als das erst Ende 2019 aufgegebene Karmeliten-Kloster Reisach in Oberaudorf hatte wohl kaum ein «Tatort» zuvor.

Dabei nahm der Sonntagskrimi aus Bayern seine Aufgabe, das Klosterleben 2021 mit all seinen Fragen und Widersprüchen zu zeigen, durchaus ernst. Am Ende fanden es wohl selbst Zuschauerinnen und Zuschauer mit deutlich weltlicherem Lebensentwurf schade, dass der klösterliche «way of life» hierzulande wohl vom Aussterben bedroht ist. Oder zeichnet sich am Horizont gar ein Revival für Nonnen und Mönche ab?

Worum ging es?

Ein toter Wirtschaftsprüfer im Zug hatte zuletzt im Nonnenkloster zu tun. Dort wurden die Ermittler von Schwester Barbara (Corinna Harfouch) empfangen, die mit ihren sechs «WG-Genossinnen» den Eindruck vermittelte, hier sei alles in Ordnung. Die Kommissare entdeckten jedoch Ungereimtheiten und Widersprüche – was ihre Entscheidung festigte, ein wenig länger im Haus der geistigen Einkehr zu bleiben.

Merkwürdig war auch die Anwesenheit zweier italienischer Geistlicher, die direkt vom Vatikan ins deutsche Kloster geschickt wurden. Was die beiden schweigsamen Herren «untersuchten», blieb erst mal im Geheimen. Auch der Hausmeister (Aurel Manthei) und sein jugendlicher Helfer (Samuel Benito) verhielten sich merkwürdig. Nicht nur Krimikenner ahnten: Einer aus dem Kreise der Bewohner könnte die Mörderin oder der Mörder sein!

Worum ging es wirklich?

Im Münchener «Tatort: Wunder gibt es immer wieder» ging es weder um Kloster-Folklore noch darum, sich über Menschen lustig zu machen, die einen heutzutage ziemlich ungewöhnlichen Lebensentwurf praktizieren. Stattdessen ploppten im guten Drehbuch von Alex Buresch und Matthias Pacht (Regie: Maris Pfeiffer, «Schuld nach Ferdinand von Schierach») viele Themen hoch, die im klösterlichen Leben aktuell eine Rolle spielen: Jede Nonne im Film hatte ihre eigene Geschichte und ganz unterschiedliche Gründe, warum sie sich für ihr jetziges Leben entschieden hatte.



Ausserdem ging es ums Klostersterben und Versuche, diesen «way of life» in schwierigen Zeiten am Leben zu erhalten. Das war lehrreich, durchaus anrührend und – dem Redaktions-Herrgott sei Dank – nie didaktisch.

Wie viele Nonnen und Mönche gibt es noch in Deutschland?

Klösterliche Lebensentwürfe befinden sich in Deutschland massiv auf dem Rückzug: Vor 25 Jahren gab es noch rund 34'000 Ordensfrauen, heute sind es noch 12'600. Wesentlich geringer ist die Zahl der Ordensmänner: etwa 3500 gibt es derzeit in der Bundesrepublik. Besonders betroffen von sinkender Mitgliederzahl seien die sogenannten «tätigen Orden», also jene, die Einrichtungen wie Schulen oder Seniorenheime unterhielten, sagte Josefa Thusbass, Ökonomin der Missions-Dominikanerinnen, im Oktober 2021 dem «Münchener Merkur».

Welche Orden haben die meisten Mitglieder?

52 Prozent der Ordensmänner in Deutschland waren Ende 2020 älter als 65 Jahre. Sie lebten in 390 Klöstern. Die grösste Gruppe war die der Benediktiner (551), gefolgt von Franziskanern (482), Jesuiten (270), Steyler Missionaren (219), Salesianer Don Boscos (203) und Pallottiner (184). Bei den knapp 12'600 Ordensfrauen bilden die benediktinischen, franziskanischen und vinzentinischen Ordensgemeinschaften die grössten Gruppen. Unter deutschen Nonnen ist der Altersdurchschnitt allerdings noch mal deutlich höher als bei den Mönchen: rund 82 Prozent der Frauen sind älter als 65 Jahre.

Wie ist die Situation in der Schweiz?

Auch die Schweizer Ordensgemeinschaften haben mit deutlich sinkenden Mitgliederzahlen zu kämpfen: Die Männerorden in der Schweiz wiesen Ende 2020 nur 661 Mitglieder auf. Bis in die Mitte der 60er-Jahre gewannen die Mönche Mitglieder hinzu, seither ist ein starker Mitgliederrückgang zu verzeichnen. Der heutige Mitgliederstand entspricht nur noch etwa einem Drittel des Höchststandes der Mitgliederzahlen Mitte der 60-er Jahre. Das Durchschnittsalter der Schweizer Mönche beträgt 71 Jahre. Die Frauenorden in der Schweiz wiesen Ende 2020 nur noch 2263 Mitglieder aus, im Jahr 2012 waren es noch 3364. Auch hier ist also ein dramatischer Rückgang zu verzeichnen.



Wie geht es beim Münchener «Tatort» weiter?

Drei neue Folgen mit Batic und Leitmayr sind für 2022 vorgesehen: Im Film «Kehraus», der sinnigerweise zur Faschingszeit 2022 ausgestrahlt werden soll, ermitteln die Kommissare inmitten des Münchener närrischen Treibens. Nina Proll und Monika Gruber heissen die Gaststars. In «Flash» (Ausstrahlung Sommer 2022) stehen die Ermittler vor dem Problem, dass sie einen demenzkranken Zeugen befragen müssen.

Schliesslich soll in der Weihnachtszeit 2022 die Folge «Krimidinner» laufen. Sie wird gerade gedreht. Im Film mit Gaststar Sunnyi Melles sind Batic und Leitmayr beim Kollegen Kalli zur Event-Kulinarik eingeladen: Ein Opfer, sechs Gäste und jeder oder jede könnte den Mord begangen haben. Vom Münchener Esstisch springt die Handlung direkt ins historische Setting: ein britisches Herrenhaus in den 1920ern, in dem die beiden als «Constable Partridge» und «Chief Inspector Lightmyer» gefordert sind. Hört sich ziemlich schräg an, oder?