«Tatort: Die Kalten und die Toten» Wie gefährlich sind Kinder von Helikoptereltern?

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14.11.2021

Im starken Berliner «Tatort» übten sich Eltern und Kinder in dysfunktionaler Liebe. Da reinigten sogar Polizisten die Tatorte ihres chronisch straffällig werdenden Sohnes. Was muss in der Eltern-Kind-Beziehung schieflaufen, damit es so weit kommt?

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Es war eine Eltern-Kind-Beziehung, bei der man kaum hinschauen konnte. Im Berliner «Tatort: Die Kalten und die Toten» schützten eine Mutter und ein Vater ihren erwachsenen Sohn, der offenbar ein Gewaltverbrechen nach dem anderen beging. Der Clou: Sie war Polizistin, er Sicherheitsfachmann. Was muss eigentlich passieren, damit einen nölende, erwachsene Kinder so an der Nase herumführen?

Worum ging es?

«Die Kalten und die Toten» beginnt mit einer Partynacht. Medizinstudentin Sophia wird über eine Dating-App in die Wohnung des Paares Dennis Ziegler (Vito Sack) und Julia Hoff (Milena Kaltenbach) geladen. Die Mittzwanziger haben einvernehmlichen Sex zu dritt. Am nächsten Morgen wird in der Nähe von Dennis' Wohnung eine weibliche Leiche gefunden. Ihr Gesicht ist entstellt, sodass die Identifikation länger dauert – aber es ist Sophia.

Dennis' Mutter ist die uniformierte Polizistin Doris Ziegler (sehr stark: Jule Böwe). Obwohl Doris und ihr Mann, Sicherheitsfachmann Claus Ziegler (Andreas Döhler), scheinbar auf der Seite des Gesetzes arbeiten, scheuen sie keinerlei Falschaussagen oder «Tatortreinigungen», um den offenbar chronisch delinquenten Filius und seine kaltherzigen Taten zu vertuschen.

Worum ging es wirklich?

«Tatort»-Autor Markus Busch, der regelmässig für Dominik Graf arbeitet («Die Freunde der Freunde»), aber auch den megafiesen Kieler Gewaltorgien-«Tatort: Borowski und das Fest des Nordens» geschrieben hat, liebt ungewöhnliche Figuren mit ungewöhnlichen Motiven. Über seinen neuesten «Tatort» sagte er: «Generell spannend finde ich es, wenn ganz verschiedene Welten aufeinanderprallen, wenn sich Menschen treffen, die sich normalerweise nicht begegnen würden. Und hier konkret die Frage, was passiert, wenn eine – mir immer noch unerklärliche – Gefühllosigkeit zum einen auf Begehren und dann auf die Angst vor der Meinung des sozialen Umfeldes trifft.»



Warum mutieren starke Frauen zu dysfunktional liebenden Müttern? Warum lässt sich ausgerechnet ein Macho-Vater vom «bösen» Sohn am Nasenring durch die Manege ziehen? Und weshalb glauben Eltern, dass ihre ermordete Tochter trotz DNA-Beweises nicht tot ist? Markus Busch lotet unerklärliche «Liebesbeziehungen» in diesem Krimi ungemein stimmungsvoll aus. Dass es keine klaren Antworten auf die gestellten Fragen gibt, muss man jedoch aushalten.

Wie «gefährlich» sind Kinder von Helikoptereltern?

Helikoptereltern schwirren immer um ihre Kinder herum, um sie zu überwachen und zu «schützen». Als verschärfte Form dieses – von Psychologen und Pädagogen als hochgradig dysfunktionalen erkannten – Erziehungsstils gilt das Prinzip der Rasenmäher-Eltern: Sie räumen alle Probleme ihrer Kinder aus dem Weg, bevor diese sich auch nur mit ihnen beschäftigen können.

Auch wenn die Begriffe in der Regel auf Eltern mit kleineren Kindern angewendet werden – im «Tatort» mit dem delinquenten, gefühlskalten Sohn im Alter Anfang, Mitte 20 stellen sich Fragen wie: Waren diese Eltern schon immer so? Oder haben sie sich zu Rasenmäher-Eltern entwickelt, weil ihr Sohn früh als gefühlskalt und gewalttätig auffällig wurde? Einige negative Folgen des Rasenmäher-Erziehungsstils sind mittlerweile recht gut untersucht. So fördert die elterliche «Freiräum»-Pädagogik bei den Kindern: Passivität, Angst vor Misserfolgen, niedriges Selbstwertgefühl, generelle Ängstlichkeit und Vermeidungsverhalten.



Wie geht es beim Berliner «Tatort» weiter?

«Die Kalten und die Toten» war der vorletzte «Tatort» mit Meret Becker. Im Frühjahr 2022 läuft ihr Abschiedsfall, bei dem man gespannt sein darf, auf welche Weise ihre Ermittlerin Nina Rubin aus dem Dienst scheiden wird. Mark Waschke wird weitermachen, seine neue Kollegin heisst Corinna Harfouch, immerhin jetzt schon 67 Jahre alt. Becker will sich neuen Aufgaben widmen, was man ihr auch abnimmt.

Gerade in der zweiten Hälfte ihrer Berliner «Amtszeit» gab es viele denkwürdige Krimis wie zum Beispiel den Film-im-Film «Meta» oder den kunstvoll-poetischen «Tiere der Grossstadt» (beide 2018). Dass es mit Partner Mark Waschke Spannungen gäbe, ist nach Meret Beckers Abschieds-Statement jedenfalls nicht zu vermuten. Da sagte die 52-Jährige: «Wir werden am Ende 15 Folgen Berliner ‹Tatort› zusammen gemacht haben. Das sind rund sieben gut verbrachte Jahre Lebenszeit. Es waren unzählige wunderbare Momente mit all den Kollegen, denen ich begegnen durfte, allen voran mein Kollege Mark Waschke, den ich mittlerweile einen Freund nennen würde.»