Literatur-«Tatort» Das sind die erfolgreichsten jungen Autorinnen

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31.10.2021

Brix und Janneke tauchten in die Welt «krasser» Jugendliteratur ein. Eine 19-jährige Autorin war kurz vor Veröffentlichung ihres Romans zu Tode gekommen. Wer sind die echten, blutjungen Bestsellerautorinnen und -autoren in Deutschland und der Schweiz?

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Eine Woche vor Ausstrahlung des «Tatort»-Krimis «Luna frisst oder stirbt» ging die Frankfurter Buchmesse 2021 zu Ende. Fast hätte das Timing also gestimmt, denn in ihrem 14. Fall bekamen es die Ermittelnden Brix (Wolfram Koch) und Janneke (Margarita Broich) mit echtem Trendstoff zu tun: Die 19-jährige Luise Nathan (Jana McKinnon), Tochter der Frankfurter Stadträtin für Soziales, wurde getötet. Kurz vor Veröffentlichung ihres – als potenzieller Bestseller gehandelten – gesellschaftskritischen Debütromans «Luna frisst oder stirbt». Gibt es überhaupt so junge Erfolgsautorinnen und -autoren in Deutschland und der Schweiz?

Worum ging es?

Luises Roman, der so heisst wie dieser «Tatort», erzählt in knalliger Jugendsprache von einem deutschen Mädchen, das in prekären Verhältnissen aufwächst – dabei ist die Autorin Tochter der Frankfurter Stadträtin für Soziales (Nicole Marischka). Als reale Vorlage für die Figur Luna könnte Luises Freundin Nellie (Lena Urzendowsky) gedient haben, die mit ihrer kleinen Schwester und der alleinerziehenden und stark überforderten Mutter Jessie (Tinka Fürst) einen schwierigen Alltag meistern muss. Brix (Wolfram Koch) und Janneke (Margarita Broich) lesen den Roman der Toten, um herauszufinden, was in der Realität passiert sein könnte.

Worum ging es wirklich?

Den Drehbuch-Autorinnen Johanna Thalmann und Katharina Bischof (auch Regie) dürfte ein Spiel mit (filmischer) Realität und Fiktion am Herzen gelegen haben, als sie den Fall «Luna frisst oder stirbt» erfanden. Es war ein «Tatort» nach dem Motto: Misstraue den Bildern!



Wenn sich Janneke und Brix mit dem Roman «Luna frisst oder stirbt» in der Hand gelesene Szenen vorstellten, erschufen die zugehörigen Fernsehbilder mitunter dreierlei «Realitäten»: 1. Eine Bebilderung des Romangeschehens; 2. Rückblenden tatsächlich stattgefundener Ereignisse um die Autorin und ihrer Inspirationswelt; 3. Mögliche, aber vielleicht auch falsche Tathergangstheorien von Janneke und Brix. Ganz schön kompliziert. Gut fürs finale Verständnis, dass der Kriminalfall an sich eher einfach gestrickt war.

Welche blutjungen Erfolgsautorinnen und -autoren gibt es?

In der deutschen Unterhaltungsliteratur gibt es seit einigen Jahren äusserst erfolgreiche junge Liebesromane («New Adult»), deren Autorinnen selbst aus der Zielgruppe kommen. Mona Kasten hat ihren ersten Roman mit
22 Jahren veröffentlicht und gilt als Erfinderin des Genres. Auch Sarah Sprinz oder Tami Fisher arbeiten in eine ähnliche Richtung und haben mit Mitte 20 bereits mehrere Bestseller veröffentlicht.

Meist sind diese Autorinnen auch als Bloggerinnen unterwegs und in den sozialen Medien sehr aktiv. Was anspruchsvollere Literatur betrifft, wäre Helene Hegemann ein gutes Beispiel, die schon mit 17 ihr hochgelobtes erstes Buch «Axolotl Roadkill» veröffentlichte, das jedoch wenig später wegen Plagiatsvorwürfen noch einmal in den Fokus rückte. Dieser Fall könnte durchaus den «Tatort: Luna frisst oder stirbt» inspiriert haben.

Welche jungen Schweizer Autorinnen und Autoren sollte man kennen?

Die Schweizer Literaturszene gilt aufgrund vier verschiedener Landessprachen als mitunter schwer greifbar. Die Nachrichtenplattform «swissinfo.ch» empfiehlt derzeit folgende junge Autorinnen und Autoren: den 1990 in Bern geborenen Flurin Jecker, der seinen ersten Roman vor vier Jahren veröffentlichte und aktuell für das Werk «Ultraviolett» gelobt wird, und die 1992 geborene Elisa Shua Dusapin, die ihren starken französischsprachigen Debütroman «Hiver à Sokcho» bereits 2016, also mit Mitte 20, veröffentlichte.



Weitere Schweizer Literaturtalente, die bereits in jungen Jahren auffielen, waren: Ariane von Graffenried (geb. 1978), die 2013 mit «Bern ist überall» den Gottfried-Keller-Preis gewann, oder der Dichter Jürg Halter (geb. 1980), der bis 2015 unter dem Pseudonym Kutti MC auch als Rapper aktiv war. Simone Lappert ( geb. 1985) veröffentlichte ihren Debütroman «Wurfschatten», der viel mediale Beachtung fand, 2014 mit unter 30 Jahren. Das Buch stand auf der Shortlist des Aspekte-Literaturpreises sowie des Rauriser Literaturpreises. Ihr Roman «Der Sprung» wurde 2019 für den Schweizer Buchpreis nominiert. Weitere Beispiele junger Schweizer Autorinnen und Autoren sind Adam Schwarz (geb. 1990), Michelle Steinbeck (geb. 1990) und Laura Wohnlich (geb. 1992). 

Wer waren die jungen Schauspielerinnen?

«Luna frisst oder stirbt» kann auf zwei Jung-Darstellerinnen bauen, die ihr grosses Können bereits bewiesen haben. Luise, die ermordete «Bürgerliche», wird von Jana McKinnon verkörpert, die sowohl in Kim Franks tollem Jugenddrama «Wach» wie auch der Amazon-Serie «Wir Kinder vom Bahnhof Zoo» die Hauptrolle (Christiane F.) spielt. Ihre aus prekären Verhältnissen stammende Freundin Nellie ist mit Lena Urzendowsky besetzt, die ebenfalls zum starken jungen Ensemble von «Wir Kinder vom Bahnhof Zoo» zählt, aber auch schon in einem anderen «Tatort» über prekäre Jugendliche, dem Ludwigshafener Fall «Leonessa», beeindrucken konnte.

Wie geht es weiter beim Frankfurter «Tatort»?

Laut Informationen des Hessischen Rundfunks ist der nächste «Tatort» mit Janneke und Brix für den Ausstrahlungstermin 18. April 2022 vorgesehen. Er trägt den Namen «Finsternis». In einem Waldstück am Frankfurter Stadtrand wird eine Frauenleiche entdeckt. Sie ist jedoch verschwunden, als Janneke und Brix am Fundort eintreffen. Es liegt nahe, dass es sich bei der verschwundenen Toten um Maria Gombrecht (Victoria Trauttmansdorff) handelt, deren Wagen mit Blutspuren in der Nähe geparkt ist. Der Ehemann der nicht erreichbaren Vermissten, Ulrich Gombrecht (Uwe Preuss), und die beiden Töchter, die hochschwangere Kristina (Odine Johne) und Judith (Julia Riedler), wollen weiter daran glauben, dass ihre Frau und Mutter noch lebt.