«Fort Boyard» So war die erste Folge von «Fort Boyard»

von Gion Mathias Cavelty

6.9.2018

Die Spiel-Show «Fort Boyard» ist zurück. Was die Neuauflage der Neuauflage der Neuauflage zu bieten hat, hat sich TV-Experte Gion Mathias Cavelty angeschaut.

«Fort Boyard?» Daran habe ich keine echten Erinnerungen. Ich habe die Show nur ein oder zwei Mal im Fernsehen gesehen, als ich vor etwa 28 Jahren im Welschland war, um mein Französisch aufzumöbeln. Alles, woran ich mich erinnere, ist eine Burg mitten im Meer, in der ein Tiger und ein kleinwüchsiger Mann herumlungerten.

Die Neuauflage der Neuauflage der Neuauflage

Jedenfalls: Am Mittwochabend zeigte Sat.1 die erste Folge der deutschsprachigen Neuauflage der deutschsprachigen Neuauflage der deutschsprachigen Neuauflage der Show. Das Fort war tatsächlich das gleiche wie vor 28 Jahren (vor der französischen Atlantikküste gelegen, ovaler Grundriss, 61 Meter lang und 31 Meter breit, mit bis zu 20 Meter hohen Mauern).

Im Intro kam ein alter Zauberer vor, Typus «Straight outta Mittelerde». Er raunte etwas von einem Goldschatz und schweren Prüfungen.

Schnitt auf die Gruppe von Promis, die sich auf der Burg eingefunden hatte, um sich den Schatz unter den Nagel zu reissen (darunter Sängerin Sarah Lombardi, Moderator Jochen Schropp und Entertainer Ross Anthony).

Und dann kam er auch schon angeflitzt: der Kleinwüchsige (Passe-Temps mit Namen; nicht zu verwechseln mit dem zweiten Kleinwüchsigen, Passe-Partout)! Er hielt eine Papierrolle mit der ersten Prüfung in der Hand, die da hiess: «Rocket Man – für Ross Anthony».

Eine 90-minütige Geisterbahnfahrt

Was nun folgte, war eine neunzigminütige Fahrt auf der Geisterbahn. Am Fliessband wurden die Kandidaten mit Kippstühlen, Zapfsäulen, Spritschleudern, Panikknöpfen, Unterwasserkäfigen, Beinspreizern, Totempfählen, riesigen Waschmaschinentrommeln, Putschi-Autöli et cetera konfrontiert.

Jetzt könnte man sich fragen: Wer mag sich all diese lieblosen Shows noch anschauen, in denen stundenlang ein belangloses Spielchen auf das nächste folgt (unrühmlichstes aktuelles Beispiel: «Schlag den Henssler»)? Wer mag sich noch anschauen, wie irgendjemand vor laufender Kamera seinen Kopf in ein Behältnis mit Wasser tauchen muss, in dem «gruusige» Viecher herumschwimmen? Wer mag sich diesem dauerkreischenden Ross Anthony noch aussetzen, egal, ob er an einem Bungee-Seil hängt oder in einer roten Telefonzelle zwanzig Meter hoch in die Luft geschleudert wird (dazu Ross Anthony himself: «Aaaaaaaaaaaaaaaah! Oh my god! Oh my god! Aaaaaaaaaahhhh! Oh my god! Ich hab' gepullert! Oh my god! Aaaaaaaaaaaaaaaah!»)?

Denn: Spass macht das nicht. Aber darum geht es auch nicht.

Ross Anthony tut, was er am besten kann: Schreien ...
Ross Anthony tut, was er am besten kann: Schreien ...
Sat.1/Willi Weber

Schon Schluss vor dem Schluss

Das Geheimnis ist: Wer sich so etwas freiwillig ansieht, hat eine der höchsten Formen der Erleuchtung erlangt, die ein Mensch hienieden überhaupt erlangen kann.

In diesem Sinne ist «Fort Boyard» eine fantastische Trainingschance.

Die wahre Frage lautet nicht: Besiegt einer dieser sogenannten Promis im TV Fort Boyard, sondern: Besiegen SIE zuhause vor dem Bildschirm Fort Boyard? Ohne sich ein einziges Mal darüber aufzuregen, wie unendlich doof die Sendung ist? Ohne der verlorenen Lebenszeit nachzutrauern? Ohne Angst zu haben, etwas Anderes (vermeintlich Besseres) zu verpassen? Ohne umzuschalten? Ohne einzuschlafen? Ohne mit der Wimper zu zucken?

Wenn ja, sind Sie ein wahrer Meister und ich verneige mich vor Ihnen. Ich habs nämlich beim besten Willen nicht bis zum Schluss ausgehalten.

Die erste von vier Folgen «Fort Boyard» lief am Mittwoch, 5. September, um 20.15 Uhr auf Sat.1. Mit Swisscom TV Replay können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

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