Im hoch spannenden Stuttgarter «Tatort: Der Mörder in mir» wurde der Abstieg des Anwaltspaares Ben (Nicholas Reinke) und Johanna (Christina Hecke) erzählt, die eine Fahrerflucht mit Todesfolge des gutbürgerlichen Familienvaters vertuschen wollten. Was nicht ganz aufging. Was wäre passiert, wenn sich der Mann einfach gestellt hätte?
Ein Obdachloser wurde totgefahren. Der Mann könnte noch leben, hätte sich der fahrerflüchtige Täter um das Opfer gekümmert. Die Stuttgarter «Tatort»-Kommissare Lannert (Richy Müller, links) und Bootz (Felix Klare) stehen fassungslos am Unfallort.
Laura (Tatjana Nekrasov) arbeitet in einem Autowasch-Center und trifft durch Zufall auf den Täter, den sie als Vater der Mitschülerin ihres Sohnes erkennt. Macht sich die Frau ihre Gedanken – oder ahnt sie nichts? Aus der subtilen Spannung dieser Frage bezieht der «Tatort: Der Mörder in mir» viel Kraft.
Der Tathergang dieses «Tatorts» ist bereits nach wenigen Minuten geklärt: In der regnerischen Nacht kämpft sich ein Obdachloser mit seinem Fahrrad «die Solitude» hinauf, als ihn ein Wagen von hinten erfasst. Der Fahrer begeht danach Unfallflucht.
Anwalt Ben Dellien (Nicholas Reinke) setzt seine Tat zu. Eigentlich würde er sich gerne stellen – doch er verpasst den Zeitpunkt ...
Laura Rensing (Tatjana Nekrasov) und Ben (Nicholas Reinke) haben etwas zu verhandeln. Was genau, lassen Drehbuch und Schauspiel grandios in der Schwebe. Unter anderem daraus bezieht der Stuttgarter «Tatort» seine Spannung.
Tatiana Nekrasov scheint Regisseur Niki Steins Lieblingsschauspielerin zu sein. Bereits in dessen «Tatort: Macht der Familie» mit Wotan Wilke Möhring über die Melancholie einer Russenmafia-Familie spielte die 39-jährige Berlinerin mit russischen Wurzeln eine Episoden-Hauptrolle.
In der Kanzlei erwartet man viel von ihm. Doch warum wirkt Ben Dellien (Nicholas Reinke, rechts) in letzter Zeit so angeschlagen? Kollegin Helen (Pia Kühr) und Chef Felix Mader (Ulrich Cyran) wundern sich.
Johanna (Christina Hecke, links) überrascht Ben (Nicholas Reinke) mit Besuch: Laura Rensing (Tatjana Nekrasov) ist vorbeigekommen.
Johanna (Christina Hecke) und ihr Mann Ben (Nicholas Reinke) stehen unter Druck.
Wie wäre das Urteil ausgefallen, hätte der Täter sich gestellt?
Im hoch spannenden Stuttgarter «Tatort: Der Mörder in mir» wurde der Abstieg des Anwaltspaares Ben (Nicholas Reinke) und Johanna (Christina Hecke) erzählt, die eine Fahrerflucht mit Todesfolge des gutbürgerlichen Familienvaters vertuschen wollten. Was nicht ganz aufging. Was wäre passiert, wenn sich der Mann einfach gestellt hätte?
Ein Obdachloser wurde totgefahren. Der Mann könnte noch leben, hätte sich der fahrerflüchtige Täter um das Opfer gekümmert. Die Stuttgarter «Tatort»-Kommissare Lannert (Richy Müller, links) und Bootz (Felix Klare) stehen fassungslos am Unfallort.
Laura (Tatjana Nekrasov) arbeitet in einem Autowasch-Center und trifft durch Zufall auf den Täter, den sie als Vater der Mitschülerin ihres Sohnes erkennt. Macht sich die Frau ihre Gedanken – oder ahnt sie nichts? Aus der subtilen Spannung dieser Frage bezieht der «Tatort: Der Mörder in mir» viel Kraft.
Der Tathergang dieses «Tatorts» ist bereits nach wenigen Minuten geklärt: In der regnerischen Nacht kämpft sich ein Obdachloser mit seinem Fahrrad «die Solitude» hinauf, als ihn ein Wagen von hinten erfasst. Der Fahrer begeht danach Unfallflucht.
Anwalt Ben Dellien (Nicholas Reinke) setzt seine Tat zu. Eigentlich würde er sich gerne stellen – doch er verpasst den Zeitpunkt ...
Laura Rensing (Tatjana Nekrasov) und Ben (Nicholas Reinke) haben etwas zu verhandeln. Was genau, lassen Drehbuch und Schauspiel grandios in der Schwebe. Unter anderem daraus bezieht der Stuttgarter «Tatort» seine Spannung.
Tatiana Nekrasov scheint Regisseur Niki Steins Lieblingsschauspielerin zu sein. Bereits in dessen «Tatort: Macht der Familie» mit Wotan Wilke Möhring über die Melancholie einer Russenmafia-Familie spielte die 39-jährige Berlinerin mit russischen Wurzeln eine Episoden-Hauptrolle.
In der Kanzlei erwartet man viel von ihm. Doch warum wirkt Ben Dellien (Nicholas Reinke, rechts) in letzter Zeit so angeschlagen? Kollegin Helen (Pia Kühr) und Chef Felix Mader (Ulrich Cyran) wundern sich.
Johanna (Christina Hecke, links) überrascht Ben (Nicholas Reinke) mit Besuch: Laura Rensing (Tatjana Nekrasov) ist vorbeigekommen.
Johanna (Christina Hecke) und ihr Mann Ben (Nicholas Reinke) stehen unter Druck.
Den von den Stuttgarter Kommissaren Lannert und Bootz gesuchten «Mörder» kannten die Zuschauer nach wenigen Minuten: ein gutbürgerlicher Anwalt, der Fahrerflucht beging. Was wäre passiert, wenn der Mann sich gestellt hätte?
Der Stuttgarter «Tatort: Der Mörder in mir» erzählte am Sonntagabend mal wieder von ganz normalen, wohlständigen Leuten: Ein «gutbürgerlicher» Mann, später auch seine Frau, demontierten sich in diesem packenden Krimi selbst, indem sie einen tödlichen Unfall vertuschten. Immer tiefer vergrub sich das Stuttgarter Anwaltspaar in Lügen und weiteren Straftaten, damit die Schuld am Unfalltod eines Obdachlosen nicht herauskommt.
Schlimmer noch: Eine unbeteiligte Dritte, ein bis zwei Sozialschichten unter ihnen angesiedelt, aber die Mutter eines Klassenkameraden der Ältesten des Paares, sollte im «Vertuschungsgebäude» der Anwälte die Haushälterin geben. Die Frage, die man sich als Zuschauer danach stellt, lautet: Was wäre passiert, wenn der Mann sich einfach gestellt und den Unfall zugegeben hätte?
Worum ging es?
Anwalt Ben Dellien (Nicholas Reinke) überfuhr auf der abendlichen Landstrasse bei Starkregen einen Obdachlosen. Der war mit seinem unbeleuchteten Fahrrad unterwegs gewesen. Eigentlich hatte der Anwalt, der mit seiner Frau gerade das dritte Kind erwartet, ausser einem heftigen Aufprall gar nicht viel mitbekommen. War es vielleicht ein Wildschwein? Dellien stieg aus seinem Wagen aus, fand eine fremde Mütze – wohl vom Unfallopfer –, dann packte ihn die Angst. Er kehrte zurück zum Auto und fuhr weiter, ohne nachzusehen.
Am nächsten Morgen fand man ein totes Unfallopfer, das überlebt hätte, wäre Dellien nicht einfach abgehauen. Und nun die eigentliche Geschichte: Der Druck, seinen Alltag und Status quo aufrechtzuerhalten, hinderte den Anwalt daran, sich zu stellen. Auch seine selbstsichere Frau Johanna (Christina Hecke), ebenfalls gelernte Juristin, beharrte auf dem Standpunkt: Dinge müssen erst mal beweisbar und justiziabel sein, bevor sich – am guten Leben – etwas ändern könnte.
Worum ging es wirklich?
Wie zuletzt oft im Stuttgarter Revier war «Der Mörder in mir» ein kluges Stück über menschliche Moral und Ethik. Wir erinnern uns: Zuletzt ging es in Lannerts und Bootz' Neujahrsfall «Videobeweis» um Wahrnehmungen und Täuschungen rund um die Frage: «Was ist einvernehmlicher Sex?»
Der von Altmeister Niki Stein («Rommel») geschriebene neue Einsatz der Stuttgarter stellt nun die Frage, was bürgerliche «Durchschnittsmenschen» zu tun bereit sind, um ihren angenehmen Status quo im Leben zu bewahren. Ein ziemlich böses Stück dieser «Tatort». Und das weitgehend ohne ironischen Habitus. Spannender als bei Lannert und Bootz werden Philosophie-Grundsatzfragen derzeit wohl nirgendwo in der deutschen Krimi-Landschaft verhandelt.
Wie wäre das Urteil für den Unfallverursacher ausgefallen?
Im Film handelt es sich wohl um eine «fahrlässige Tötung», die im Strassenverkehr laut § 222 StGB wie folgt definiert wird: «Wer (fahrlässig) gegen Verkehrsregeln verstösst und dadurch einen tödlichen Unfall verursacht, macht sich gewöhnlich wegen fahrlässiger Tötung strafbar.» Bestraft wird dies in Deutschland mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren. Welche Strafe das Gericht verhängt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls. Ob überhaupt eine Missachtung der Verkehrsregeln im Filmbeispiel vorliegt, müssten Juristen bewerten.
Das Fahrrad des Opfers war unbeleuchtet und im Starkregen kaum zu sehen. Allerdings hat der Unfallverursacher während des Unfalls den Blick von der Strasse abgewendet, um im Wagen etwas zu suchen. Ganz sicher handelt es sich im Film aber um «unterlassene Hilfeleistung». Die ist nach Paragraf 323c StGB geregelt und wird ebenfalls – je nach Schwere und Faktenlage – mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft. Jedoch verjähren Vergehen der «unterlassenen Hilfeleistung» nach drei Jahren.
Gibt es juristische Unterschiede zwischen Deutschland und der Schweiz?
Das Strafmass bei «fahrlässiger Tötung» ist in der Schweiz etwas milder geregelt als in Deutschland. Im Schweizer Art. 117 StG heisst es: «Wer fahrlässig den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bestraft.» In Deutschland können bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe anstehen.
Anders ist es mit der «unterlassenen Hilfeleistung», die im Schweizer Art. 128 «Unterlassung der Nothilfe» heisst. Diese ist – rein nach Paragraphen – in der Schweiz strenger geregelt, indem hier bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe statt nur eines wie in Deutschland drohen.
Wer waren die drei Episoden-Hauptdarsteller?
Am bekanntesten, wenn auch mit Babybauch, schwäbischem Akzent und Kurzhaarfrisur kaum zu erkennen, war «In Wahrheit»-Kommissarin Christina Hecke als Cleverle-Schwäbin, Anwältin und Frau des Unfallverursachers. Der wurde von Nicholas Reinke – in «Die Bergretter» als Arzt im Schladminger Krankenhaus zu sehen – verkörpert, einem eher unauffälligen Vielspieler der deutschen Fernsehlandschaft. Hier gab der 41-Jährige den Jedermann-Täter mit angemessener Waschlappen-Haftigkeit.
Eine kleine Sensation war allerdings Tatiana Nekrasov als alleinerziehende Mutter und mögliche Belastungszeugin. Niki Steins Lieblingsmuse – sie spielt in fast jedem seiner Filme mit – machte bereits in «Tatort: Macht der Familie» über die Melancholie eines Russenmafia-Clans im April 2021 zum Ereignis. Kaum eine Schauspielerin benötigt so wenig «Screen Time» wie die 39-jährige Berlinerin mit russischen Wurzeln, um einen Film besser zu machen.
Wie geht es beim Stuttgarter «Tatort» weiter?
Die nächste Stuttgart-Folge, sie wird in der ersten Jahreshälfte 2023 zu sehen sein, könnte ein sehr besonderes Stück werden: Im «Tatort: Die Nacht der Kommissare» erzählen Autor Wolfgang Stauch und Shirel Peleg als Regisseurin einen ziemlich schrägen Fall, in dem Thorsten Lannert ohne sein Wissen von Verdächtigen Drogen eingeflösst werden.
Sebastian Bootz muss in dieser Nacht weiter ermitteln, aber auch den nicht wirklich zurechnungsfähigen Kollegen behüten, der nicht besonders zielgerichtet agiert, aber unbedingt weitermachen will. Versprochen wird vom SWR ein Fall mit «durchaus absurden Zügen», aber «kein Klamauk». Die Handlung spielt offenbar während einer einzigen Nacht.
Sendung ist älter als 7 Tage und nicht mehr verfügbar.
Tatort: Der Mörder in mir
So 18.09. 20:05 - 21:45 ∙ SRF 1 ∙ DE/AT/CH 2022 ∙ 100 Min
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