«Don't Look Up» Eine überladene Satire zum Weltuntergang

Von Marlène von Arx, Los Angeles

16.12.2021

Leonardo DiCaprio und Jennifer Lawrence warnen vor dem Weltuntergang und keiner hört hin: Adam McKays Satire «Don’t Look Up» hält uns den Spiegel vor und landet damit einige Lacher, die im Hals stecken bleiben.

Von Marlène von Arx, Los Angeles

Leonardo DiCaprio trägt einen fetten Seitenscheitel und Jennifer Lawrence einen Norweger-Pulli. Die beiden sind also als Nerds unterwegs. Genauer: Als Astronomie-Professor Dr. Randall Mindy und seine Doktorandin Kate Dibiasky. Ihre Freude, einen neuen Kometen entdeckt zu haben, weicht sogleich dem Horror: Das Riesending steuert auf die Erde zu und wird als Planeten-Killer in gut sechs Monaten alles Leben auslöschen. Die Datenanalyse hat gesprochen. Das Ende naht. Aber niemand will es hören.

Im Weissen Haus will Präsidentin Janie Orlean (Meryl Streep) den sicheren Weltuntergang auf potenzielle 70 Prozent Wahrscheinlichkeit herunterhandeln. Schliesslich haben sie und ihr Sohn Jason (Jonah Hill), der gleichzeitig ihr Stabschef und Dumpfbacke vom Dienst ist, nicht nur einen Angriff aus dem All, sondern auch einen Sex-Skandal zu manövrieren.

Mindy und Dibiasky versuchen deshalb, sich via Medien ans Volk zu wenden. Auch hier will es niemand kapieren, was der Menschheit droht und Kates Ausraster, dass wir alle sterben werden, kommt bei den «The Daily Rip»-Moderatoren Brie und Jack (Cate Blanchett, Tyler Perry) nicht gut an. Ihr Job in den Morgennachrichten sei es nämlich, die Zeit nach dem Klingeln des Weckers erträglich zu machen – nicht das Ende der Welt zu verkünden. Kate wird zum Meme, ihre Message erzielt nicht einmal so viele Klicks wie der Verkehrsbericht.



Gesellschaftskritik in Form von Klischees

Die 138 Filmminuten sind zum Bersten vollgepackt mit Seitenhieben auf unsere Gesellschaft: Trending auf den Social-Media-Kanälen sind trotz der Krise nicht die Wissenschaftler*innen, sondern Popstar Riley Bina (Ariana Grande), die gerade mit ihrem Boyfriend DJ Chello (Kid Cudi) Schluss gemacht hat, ihn aber wieder zurück will. Ein waffenfanatischer Colonel (Ron Perlman) soll den Kometen abschiessen – bis dem Tech-Billionär Peter Isherwell (Mark Rylance) in den Sinn kommt, wie man den Kometen besser vermarkten könnte.

Hollywood produziert inzwischen den 300-Millionen-Dollar-Desaster-Streifen «Total Devastation» zum Thema. Völlig unnötig bekommen die beiden ignorierten Astronomen von Adam McKays überladenem Drehbuch auch noch eine Liebschaft untergejubelt: Mindy hat eine unerklärliche Affäre mit Brie und Dibiasky schaut plötzlich mit einem Skateboarder – verkörpert von Teenie-Schwarm Timothée Chalamet – in die Sterne.



Ein prämierter, etablierter Satiriker

Adam McKay ist an der Seite von Will Ferrell als Co-Autor von «Anchorman» und «Talladega Nights» bekannt geworden und hat sich in den letzten Jahren zum Satiriker mit Award-Potenzial entwickelt. In «The Big Short» nahm er erfolgreich die Absurdität der Finanzkrise unter die Lupe und in «Vice» das düstere Schattenkabinett um US-Vizepräsident Dick Cheney.

Klar wollen Hollywoods Top-Stars nun alle mit ihm arbeiten. DiCaprio mal ausnahmsweise in einer Komödie und Meryl Streep als Trump-Verschnitt zu sehen, lässt schmunzeln. Jennifer Lawrence hat es schwerer, nicht zu nerven, aber man kann ihr die wiederholten Schrei-Anfälle nicht verübeln, denn die Welt geht ja unter.

«Don’t Look Up» hat den Ehrgeiz, das Endzeit-Gefühl der Klimakrise auf einen einfachen Punkt zu bringen. Statt der allmählichen Erderwärmung irgendwann in der Zukunft wird ein Komet mit einer konkreten Deadline von sechs Monaten und vierzehn Tagen die Menschheit ausrotten.

Und wie reagieren die Menschen in Anbetracht dieser Prognose?

Sie teilen sich auf in die, die hinauf in den Himmel der Gefahr entgegenblicken und in die, die eben nicht hinaufschauen wollen («Don’t Look Up»). Diese Spaltung ist nicht zuletzt eine Beobachtung, die wir aus den letzten beiden Jahren nur allzu gut kennen.

Leider überlädt McKay seine Zeitgeist-Satire aber mit zu vielen Neben-Plots, die mit groben Schnitten aneinandergereiht nur ein fragmentiertes Ganzes geben. Wenn sich endlich die Frage stellt, wie und mit wem man denn die letzten Stunden verbringen möchte, hofft man nur noch, dass alles bald vorbei ist. Wer bis am Schluss mitfiebert, sollte dann auch wirklich bis zum Ende des Abspanns ausharren. Dort warten nämlich gleich zwei Überraschungen.

«Don't Look Up» läuft ab sofort in allen blue Cinema Kinos.