Salma Hayek über «Eternals» «Wir sind alle unsterblich. Der Körper stirbt, aber wir nicht»

Von Marlène von Arx, Los Angeles

10.11.2021

«House of Gucci» und Marvels «Eternals»: Schauspielerin und Produzentin Salma Hayek über ihre vielseitigen Projekte, ihre verpasste Olympia-Chance als Kunstturnerin und über ihre Fernsehabende mit ihrer Eule.

Von Marlène von Arx, Los Angeles

Salma Hayek, teilen Sie die Meinung, dass «Eternals», inszeniert von der Oscar-Preisträgerin Chloé Chao, ein ungewöhnlicher Marvel-Film ist?

Ja, kaum zu glauben, dass die Regisseurin von «Nomadland» so einen grossen Film macht. Auch ihre früheren Filme waren ja Low-Budget und intim. Sie schaffte es, auch das Marvel-Universum aus einer intimen Perspektive zu beleuchten. Es ist wirklich eine andere Art Superhelden-Film.

Was hat Sie an Ihrer Rolle besonders angesprochen?

Ich spiele die Anführerin der Eternals und bringe sie auf den Planeten Erde. Chloé war sehr empfänglich für meine Idee, die Leaderin einmal anders zu spielen – so wie eine Mutter, die ihre Kinder lenkt. Angesprochen hat mich auch, dass ich mit 55 Jahren und als Mexikanerin eine Superheldin spielen konnte.

Die Eternals leben Tausende von Jahren. Was halten Sie von Unsterblichkeit?

Ich denke, wir sind alle unsterblich. Der Körper stirbt, aber wir nicht.

Wäre die jugendliche Salma Hayek erstaunt, wenn sie damals gewusst hätte, dass sie mit 55 eine Superheldin spielen und diverse Filme produzieren wird?

Ja, sie wäre sicher überrascht. Ich hoffte damals zwar, dass ich Karriere machen würde, aber so hätte ich es mir nie vorgestellt. Ohne meine Angst und meine Naivität damals hätte ich es wohl gar nicht so weit gebracht. Manchmal ist Angst und Naivität genau das, was es braucht, um ins Ungewisse zu springen und als Künstlerin voranzukommen.

Stimmt es, dass Sie damals auch eine ausgezeichnete Kunstturnerin waren?

Ich wurde jedenfalls mit neun Jahren zum Training für das olympische Team aufgeboten. Ich entdeckte Turnen durch die Olympiasiegerin Nadia Comaneci am Fernsehen. Zuerst trainierte ich mich selber, weil es bei uns keinen Kunstturn-Coach gab. Auch die Geräte fehlten. Dann überzeugte ich meinen Vater, dass ich den Sommer in Mexico City trainieren gehen durfte. Ich schaffte es ins Team und ins Sportinternat. Der Leiter lobte nicht nur meine athletische Seite, er fand auch, ich hätte die Einstellung eines olympischen Champions.

Warum wurde daraus nichts?

Mein Vater stellte sich quer. Er fand, ich würde meine Kindheit verpassen. Ich war ja noch sehr jung und kam aus einem kleinen Ort. Ich habe ihm erst vor Kurzem dafür verziehen, denn ich wollte gar keine Kindheit, ich wollte an die Olympischen Spiele!

Stattdessen kamen Sie nach Los Angeles und starteten in Hollywood durch. Wie entscheiden Sie heute, welche Rollen Sie übernehmen?

Ich versuche nicht zu viel dabei zu denken oder mich zu fragen, ob das jetzt ein schlauer Schritt für die Karriere ist. Manchmal sage ich zu, weil ich mit einem Regisseur oder einer Regisseurin arbeiten will, manchmal weil ich einfach mit einer Freundin etwas Zeit verbringen möchte oder weil die Location und das Timing perfekt sind. Meistens gibt es an der Geschichte etwas zu entdecken – manchmal etwas Tiefgründiges und manchmal verstehe ich auch nicht wirklich, worum es geht. Aber etwas muss mich bewegen.

Ihr letzter Film «Bliss», zu sehen auf Amazon Prime, gehört wohl in diese Kopf-Kratzer-Kategorie?

Der Regisseur Mike Cahill hat den Film so konzipiert, dass das Publikum das eigene Universum und den eigenen Film daraus konstruieren kann. Die einen mögen eine Story über zwei Leute mit einem Drogenproblem sehen, andere sehen eine simulierte Welt oder eine unkonventionelle Sci-Fi-Love-Story, bei der es nicht um das Retten der Welt geht. Owen und ich lachten viel und stritten uns auch. Es passte wunderbar.

Hinter der Kamera widmen Sie sich derzeit als Produzentin der Serie «A Boob’s Life» dem Leben einer Brust. Wie darf man das verstehen?

Es geht um eine Frau, die nach der Brustkrebs-Diagnose ihr Leben aus der Sicht ihrer Brüste nochmals anschaut und so vieles zu realisieren beginnt, das ihr vorher nicht bewusst war. Die Show ist eine Komödie im Stil von «Fleabag». Es geht darum, wie besessen andere sind von unseren Brüsten und was das mit uns macht.

Und dann gibt es ja auch noch «House of Gucci», einen Film von Ridley Scott mit Lady Gaga, in dem Sie eine Rolle spielen – sehr passend, denn Sie sind ja mit François-Henri Pinault verheiratet, dem CEO der Kering Gruppe, zu der auch Gucci gehört …

Ja, und meine Seelenschwester, Ridleys Frau Giannina Facio, produzierte den Film. Sie ist aus Costa Rica. Man darf gespannt sein! Lady Gaga ist eine fantastische Frau. Wir sind dabei, gute Freundinnen zu werden.

Mal abseits von Ihrem Leben auf Filmsets und an Fashionshows: Gibt es bei Ihnen zu Hause auch gemütliche Fernsehabende?

Ja, klar. Mein Mann und ich schauen gern zusammen fern. Wir kommentieren auch alles und müssen dann zurückspulen, weil wir nicht alles gehört haben. Wenn mein Mann nicht zu Hause ist, habe ich einen weiteren perfekten TV-Partner: unsere Eule.

Ihre Eule?

Ja, sie heisst Kering, wie die Firma, denn das Logo der Firma ist eine Eule. Ich habe sie meinem Mann geschenkt, aber eigentlich ist sie ein Geschenk für mich. Sie liebt technische Geräte, flattert vom iPad zum Fernseher und auf meinen Kopf und guckt auch mit. Es macht mir grossen Spass, mit ihr vor dem Fernseher zu sitzen.

Was schauen Sie sich denn gern zusammen an?

Der Eule ist das Programm egal. Während des Lockdowns wollte ich zum Koma-Glotzen etwas mit vielen Staffeln sehen. So haben wir die Serien mit Chicago im Titel angefangen zu schauen: «Chicago Fire», «Chicago Med» – ich hätte nie gedacht, dass ich diese Serien mal schauen würde. Dabei gibt es darin so viele Latino-Talente zu entdecken.

«Eternals» läuft zurzeit im Kino.

«Bliss» ist auf Amazon Prime Video zu sehen.

«House of Gucci» startet am 2. Dezember.