Berühmte «Toy Story»-Stimme Tom Hanks: «Spass bei den Aufnahmen? Das sind Fake News!»

Von Marlène von Arx

15.8.2019

Tom Hanks ist die englische Original-Stimme von Cowboy Woody in «Toy Story». Schon seit über 25 Jahren.
Tom Hanks ist die englische Original-Stimme von Cowboy Woody in «Toy Story». Schon seit über 25 Jahren.
Keystone

Tom Hanks (63, «Forrest Gump») über seine Hemmungen als Cowboy Woody in «Toy Story 4», welche Spielzeuge er als Kind bastelte und warum er für mehr Mitgefühl gegenüber anderen Menschen appelliert.

Der erste «Toy Story»-Film kam 1995 in die Kinos ...

... das heisst, dass ich 1992 mit den ersten Aufnahmen begonnen habe. Ich würde mal schätzen, es waren bisher 500 Stunden im Tonstudio.

Leichte Arbeit für Sie oder wie muss man sich das vorstellen?

Leicht nicht. Man muss sich unglaublich konzentrieren. Als Schauspieler in einem Film habe ich ein Kostüm und meinen Körper, den ich auch einsetzen kann, um das Gegenteil zu signalisieren zu dem, was ich sage. Diesen Luxus habe ich bei Woody nicht. Ich kann nicht einmal den Kopf drehen, weil ich am Mikrophon bleiben muss. Bei «Toy Story 4» habe ich erstmals gefragt, ob ich meine Aufnahmen mit dem Rücken zum Mischpult und den Aufnahme-Leuten machen kann. Ich wünschte, ich hätte das beim ersten Mal schon getan.

Wieso?

Wegen der Hemmungen. Wenn ich dreissig oder vierzig verschiedene Emotions-Varianten aus mir herausquetsche, um das Team und mich selber kreativ zufriedenzustellen, ist das psychisch und physisch schon sehr anstrengend. Man mag ja am Fernsehen Ausschnitte sehen, wie wir Spass bei den Aufnahmen haben. Aber das ist Fake News. Jedes Mal, wenn ich mit einem der Filme anfing, wünschte ich, es sei bereits vorbei.

«Toy Story 4» stellt einige neue Figuren vor. Darunter Vintage-Spielzeuge und das aus Abfall selbstgemachte Gabel-Männchen Forky. Was war Ihr Lieblingsspielzeug als Kind?

Ich liebte die Action-Figur Major Matt Mason. Er kam in den Sechziger Jahren raus und kostet 1.95 Dollar. Ich bat nicht um die Figur. Ich sparte dafür. Als ich mit dem Geld in den Laden spazierte, hatte ich nicht realisiert, dass noch Mehrwertsteuern hinzukamen. Mein Geld reichte nicht – und ich sparte weiter. Schliesslich konnte ich ihn kaufen. Ich glaube, er gefiel mir so, weil er einen Raumfahrt-Anzug anhatte. Drei Jahre war er mein Ein und Alles. Dann zerbrach etwas in seinem Arm – und aus war es mit dem Posieren.

Haben Sie Spielzeuge auch selber gebastelt?

Oh ja, andauernd. Ich habe mit einem Weinzapfen und vier Zahnstochern die Mondlandung-Kapsel gebastelt. Der Büchsenöffner war ein Helikopter, und obwohl ich kein grosses Ingenieur-Talent bin, habe ich aus einem Konstruktionsset ein Riesenrad hinbekommen.

Offenbar waren Sie bereits als Kind raumfahrtbegeistert, und seit Ihrem Film «Apollo 13» weiss man auch, dass Sie es noch sind. Haben Sie den 50. Jahrestag der Mondlandung vor knapp einem Monat besonders gefeiert?

Ich habe ein Vorwort dazu im «Air and Space Magazine» geschrieben und bekam viele Einladungen, aber im Juli war ich in den Ferien. Ich sage Ihnen jedoch eines: Für mich ist der 50. Jahrestag von «Apollo 10» mindestens so wichtig, wie der von «Apollo 11». Keiner kennt mehr die Namen dieser Astronauten, aber sie taten das Gleiche wie die auf «Apollo 11». Sie kamen zum Mond, sonderten sich ab, umkreisten allein, nur gelandet und herumspaziert sind sie nicht. Eigentlich ist es ein Wunder, dass nach «Apollo 11» nochmals jemand zum Mond ist. Das Potenzial für Erniedrigung, Tod und Zerstörung war enorm hoch.

Inzwischen sind die Sommerferien vorbei – und wie in «Toy Story 4» freut sich nicht jedes Kind auf den Schulstart. Wie war das bei Ihnen? 

Ich hatte nie Probleme, neue Freunde zu finden. Wir sind viel herumgezogen, und ich war oft der Neue in der Schule, aber das hat mir nie Angst gemacht. Ich fand immer den einen oder anderen, der auf meiner Wellenlänge war. Ich habe immer noch einen Freund, den ich kenne, seit ich zehn Jahre alt war.

Haben Sie einen Rat für Kids, denen es nicht einfach fällt, neue Freunde zu finden?

Das kommt ein bisschen auf das Alter an, aber sie sollten jemanden haben, der ihnen sagt, dass man sie gerne in der Schule hat und dass sie sich selbst sein können. Wenn die Schule das nicht vermittelt, erleben sie mitunter das gleiche Desinteresse, das sie schon von Zuhause her kennen. Das ist ein Problem unserer Gesellschaft. Ich bin auch so aufgewachsen: Die Eltern hatten zu viel um die Ohren, um sich für mich zu interessieren. Aber ich konnte mich selber unterhalten und fühlte mich deshalb nie einsam. Das war mein Glück.

Sie sind vermutlich der beliebteste Schauspieler Amerikas. Niemand hat etwas Schlechtes über Sie zu sagen. Wie schaffen Sie das?

Ich glaube, unser Job auf dieser Welt ist es, jedem eine faire Chance zu geben und die Grenzen unseres Mitgefühls zu testen. Ich weiss, dass die Leute mich seit Jahren in ihren Stuben gesehen haben und deshalb eine gewisse Verbindung empfinden. Ich respektiere das. 97 Prozent der Weltbevölkerung versucht ihr Bestes, aber sie durchleben vielleicht gerade eine Krise, von der wir nichts wissen. Also geben wir doch denen auch eine Chance. Richtige Arschlöcher gibt es entsprechend also nur drei Prozent. Denen sollte man einfach aus dem Weg gehen können. Oh Himmel, ich habe Arschlöcher gesagt!!!

Jedem eine faire Chance geben -– das tönt schon fast nach politischer Plattform. Sie wären doch ein wählbarer Kandidat für 2020 oder wie sehen Sie das?

Casting Mr. Präsident? Das haben wir schon zweimal gemacht, und das Resultat war beide Male ziemlich mies. Entweder haben wir die Regierung, die wir verdienen oder die, die wir für uns gewählt haben. Gut, meine Pressekonferenzen wären vermutlich etwas lebhafter als jene, die wir gerade haben. Mehr hätte ich aber nicht zu bieten.

«Toy Story 4» ist ab heute in den Kinos.

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