Tamara Wernli lehnt den Genderstern ab: Die Basler Journalistin behauptet, das Maskulinum schliesse alle mit ein – auch Personen nicht-binären Geschlechts und Frauen. Der Kolumnist hält dagegen.
«Gendergerechte Sprache soll inklusiv sein, also alle miteinschliessen: Männer, Frauen und alle, die sich keinem Geschlecht zuordnen wollen.» Diesen Satz sagt Tamara Wernli in der aktuellen «Tamara-Show» (siehe Video oben) auf der Online-Plattform vom «Nebelspalter».
Mit wissenschaftlichen Details kann Wernli nicht aufwarten, sie mag es lieber plakativ. Dabei ist in der Biologie längst anerkannt: Es gibt mehr als zwei Geschlechter. Die sprachliche Gleichbehandlung der Geschlechter ist zudem, laut Fachleuten, für eine erfolgreiche Gleichstellung von grosser, wenn nicht gar unerlässlicher Bedeutung.
Wernli sieht das anders. Die Journalistin jongliert seit Jahren mit Buchstaben, spricht also aus eigener Erfahrung. Die 49-jährige Baslerin gehört zu den bekanntesten Kolumnistinnen der Schweiz: Mehrere Jahre schrieb sie für die «Basler Zeitung», bevor sie 2019 zur «Weltwoche» wechselte. Seit kurzem ist sie zudem für den «Nebelspalter» tätig.
Freundlich lächelnd, aber bestimmt
Wernli vertritt ihre Position freundlich lächelnd, aber bestimmt. So amüsiert sie sich darüber, dass der Autohersteller Audi dazu rät, statt «Audianer» «Audianer_innen» zu schreiben. Dabei lehne die Mehrheit der Gesellschaft Gendern auch nach der 4089. Umfrage ab, schreibt sie. Den Beweis – sprich: einen Link auf eine dieser 4089 Umfragen – bleibt sie schuldig.
Dafür zählt sie in ihrer Videobotschaft die fünf wichtigsten Gründe auf, warum das Gendern nach ihrer Meinung abzulehnen sei.
Nachdem sich Wernli in der «Weltwoche» bereits vor einigen Wochen dem Gendern unter dem Titel «Sensibel unsensibel» annahm, ziseliert sie ihre Gedanken nun im «Nebelspalter» ein zweites Mal. «Das generische Maskulin schliesst alle mit ein; wenn von Ärzten gesprochen wird, denken die allermeisten Menschen an Männer und Frauen», sagt sie.
Okay, aus grammatikalischer Sicht stimmt das vielleicht, aber schon vergessen: In der Schweiz leben 50,5 Prozent Frauen. Und wir leben in einer direkten Demokratie. Und in einer Demokratie entscheidet die Mehrheit. Oder nicht?
Sternchen, Unterstrich und Co.
Frau Wernli jedoch behauptet lieber, Sternchen, Unterstrich und so weiter würden die Kommunikation nur komplizieren und Texte unleserlicher machen, statt sich für Gerechtigkeit und Gleichheit einzusetzen.
Dabei belegt eine Studie des Instituts für Pädagogische Psychologie der TU Braunschweig: Texte, in denen Frauen (und damit die weibliche Form) ausdrücklich zur Sprache kommen, sind nicht unverständlicher.
Und weiter: «Werden in einem Text sowohl männliche als auch weibliche Formen und neutrale Formen verwendet, werden auch die Vorstellungen von Männern und Frauen ausgewogener.»
Momoll, liebe Frau Wernli, die Welt ist zum Glück schon lange nicht mehr nur schwarz und weiss. Und so ist auch eine lebendige Sprache wie (Schweizer-)Deutsch permanent im Fluss. Neue Wörter und Redewendungen vergehen, andere tauchen dafür auf. Logischerweise gefällt nicht alles allen, und das muss es auch nicht. Dann gibt Diskussionen und das ist gut so.
Auch Christoph Blocher hat es begriffen
Es ist doch so: Werden Frauen in Texten nicht erwähnt, sind sie in der Vorstellung der Leserinnen und Leser weniger sichtbar. Nur, warum sollen 50,5 Prozent der Schweizer Bevölkerung gerade in Zeitungsartikeln nicht angesprochen werden?
Dass man zumindest sprachlich niemanden aussen vor lässt, hat sogar Christoph Blocher begriffen, und der gilt ja nun nicht gerade als progressivster Politiker unseres Landes. Aber selbst der Alt-Bundesrat spricht seine Fangemeinde mit «liebe Fraue und Manne» an – und das bereits seit den 1980ern.
Regelmässig gibt es werktags um 11:30 Uhr und manchmal auch erst um 12 Uhr bei «blue News» die Kolumne am Mittag – sie dreht sich um bekannte Persönlichkeiten, mitunter auch um unbekannte – und manchmal wird sich auch ein Sternchen finden.
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