Schweizer*Innen in L.A. (16) Nina Hauser: «Ein Hund muss nicht immer überall mit dabei sein»

Von Marlène von Arx, Los Angeles

1.5.2021

Die Schweizer Hundeflüsterin Nina Hauser sorgt in Los Angeles dafür, dass Fifi und Rex ihrer prominenten Kundschaft genügend Struktur und Bewegung bekommen und das Ende der Homeoffice-Zeit gut überstehen.

Von Marlène von Arx, Los Angeles

Nina Hauser hat in Los Angeles getanzt, gespielt und ist schliesslich auf den Hund gekommen – beziehungsweise auf mehrere Hunde. Jene von rund 50 Kunden und Kundinnen, die zu busy sind, um ihre geliebten Vierbeiner auf einen ausgedehnten Spaziergang zu begleiten. Mit dem professionellen Gassi-Gehen hat die Zürcherin vor zwölf Jahren angefangen: «Ich lud ein Hundekopf-Foto vom Internet herunter und druckte 100 Flugblätter, auf denen ich meine Dienste für 25 Dollar pro Spaziergang anbot. Die Flyer verteilte ich dann in den wohlhabenden Quartieren im Westen der Stadt.»

Es meldete sich gerade mal eine Hundebesitzerin auf den Flyer. Als sich Nina Hauser vorstellen ging, türmte sich hinter der Interessentin ausgerechnet ein Berner Sennenhund auf. Bei diesem heimatlichen Anblick war Nina Hauser ausnahmsweise kurz sprachlos: «Ich gehöre ja sonst nicht zu denen, die an Zeichen glauben, wie es hier in L.A. viele tun. Aber da dachte ich doch: Das ist Bestimmung!»

«Wonder Woman» und «South Park» als Kunden

Der Berner Sennenhund ist inzwischen verstorben, aber seine Besitzerin noch immer Kundin und das Dog-Walking zu einem Vollzeit-Business angewachsen. Zur Kundschaft gehören auch Prominente wie die Familie von James Brooks («As Good As It Gets», «The Simpsons»), die «Wonder Woman»-Regisseurin Patty Jenkins und der «South Park»-Erfinder Trey Parker.

Was mit Spaziergängen im Quartier anfing, hat die 46-Jährige inzwischen auf lange Hikes in den Santa Monica Mountains ausgedehnt, wo die Hunde unter ihrem wachsamen Auge (Achtung Klapperschlangen!) auch frei laufen können. Vor der Pandemie hatte sie vier Angestellte, dann blieben die Herrchen und Frauchen zu Hause und führten ihre Hunde selber aus.

«Nicht nur das, am Anfang hatten sie auch Angst, dass die Tiere das Coronavirus eventuell übertragen könnten.» Jetzt zieht das Business jedoch wieder an. Um 6:00 Uhr fährt sie zu Hause in Venice los und holt eineinhalb Stunden lang einen Teil des derzeit sechzehnköpfigen Rudels ab. Dann trifft sie zwei weitere Betreuerinnen mit Hunden am Fuss der Hausbergkette von Los Angeles und los geht’s.

«Bringt dem Hund bei, wo sein Platz ist»

Nina Hauser bietet den Hunden Disziplin, Struktur und natürlich Bewegung, damit sie für den Rest des Tages genug ausgepowert sind. «Hier sagen die Leute, ihre Hunde hätten neurotische Probleme und man schickt sie in die Akupunktur», kratzt sie sich oft am Kopf. Die meisten Probleme sind natürlich von den Besitzer*innen selber kreiert.

Hier seien die Hunde nervös, weil sie die ganze Zeit stimuliert und unterhalten, aber nicht diszipliniert werden: «Sie müssen überall mithin, die kleinen Hunde werden auf Brusthöhe getragen und nie zurechtgewiesen, so denken sie buchstäblich, sie seien in der Hierarchie auf gleicher Höhe wie ihr Mensch. Eigentlich nicht überraschend, denn so halten sie es hier ja auch mit den Kindern: Die sind schon mit vier Jahren der Chef zu Hause!» Immerhin: so hat die Hundetrainerin immer etwas zu tun, denn sie bietet auch Erziehung, sowie Übernachtungsplätze in ihrem Duplex mit Garten an.

Die ganze Familie hilft in ihrem Business mit: Ihren Lebenspartner, der britische Musiker Matthew Symes, hat sie, wie könnte es nicht anders sein, in einem Hundepark kennengelernt. Und ihr sechsjähriger Sohn Julian ist Experte darin, Hunde mit Kindern vertraut zu machen: «Im November hat er zum ersten Mal erlebt, dass wir eine von unseren beiden eigenen, betagten Schäferhündinnen einschläfern lassen mussten. Das war natürlich hart.»

Hart dürfte es auch für die eine oder andere Hund-Mensch-Beziehung werden, wenn wieder weniger Homeoffice gemacht wird. Nina Hauser rät, die Tiere rechtzeitig daran zu gewöhnen: «Man kann zum Beispiel regelmässig einen Kaffee holen gehen, ohne den Hund mitzunehmen. Auch wenn man zu Hause ist, hat der Hund seinen eigenen Platz. Das muss man ihm aber zuerst beibringen.»

Hunde-Hike-Erweiterung in die Wüste

Wenn die Hunde wieder abgeliefert daheim ihren wohlverdienten Mittagsschlaf machen, erweitert Nina Hauser ihr Online-Angebot. Bald soll man bei ihr auch Kalifornien inspirierte Accessoires für Mensch und Tier bestellen können. Ausserdem will sie bald auch in die Wüste expandieren und dort Hunde-Hikes eventuell gar mit Pool-Abkühlung anbieten. In La Quinta, gut zwei Stunden von L.A. hat sie nämlich letztes Jahr ein Haus gekauft, um es an die Golf-, Tennis- und Konzert-Touristen zu vermieten: «Aber statt Coachella kam Corona.»

Natürlich kam Nina Hauser ursprünglich nicht nach L.A., um Hunde-Unternehmerin zu werden. Weil sich die gelernte Floristin aus der Stadt Zürich nicht vorstellen konnte, ein Leben lang Trauerkränze und Hochzeitsbouquets zu binden, suchte sie nach einer neuen Herausforderung.

Die fand sie mit 21 Jahren im Tanz. Drei Jahre lang eignete sie sich in einer Tanzschule in Zürich die Grundkenntnisse an. Dann tanzte sie an der renommierten New Yorker Juilliard Schule vor: «Ich hatte natürlich keine Chance, das ist eine ganz andere Liga», erinnert sich Hauser lachend. Im gleichen Jahr tanzte sie aber auch noch bei der Gus Giordano Tanzschule in Chicago vor und die nahmen sie zu ihrer Überraschung auf. Nina Hauser hatte ihre Berufung gefunden, aber ein Missverständnis bei der Visum-Erneuerung endete das Engagement abrupt.

Mit J.Lo auf der Toilette

Nach zwei Jahren in der Schweiz versuchte sie in Los Angeles Fuss zu fassen. Mit Tanzen kam sie nicht mehr weiter und auf ihrem Niveau gab es auch kein Studentenvisum mehr. Das bekam sie schliesslich von einer Schauspielschule. «Ich musste nur einen Aufsatz schreiben und ein paar Tausend Dollar hinblättern», erinnert sich die Spätberufene. Die Begeisterung für die Schauspielerei folgte erst, als sie mit dem Schauspiel-Coach Sal Romero zusammen arbeitete und das Method-Acting entdeckte.

Sie buchte zwar ab und zu Rollen in Werbespots und Kurzfilmen, aber um finanziell über die Runden zu kommen, kellnerte sie in einem In-Restaurant am Sunset Plaza. «Wenn schon, dann will ich auch etwas dabei erleben», sagte sich die abenteuerlustige Schweizerin. Und das gab es auch: «Einmal mussten wir J.Lo vor den Paparazzi in der Toilette verstecken. Am Anfang taten mir die Stars leid, die von den Paparazzi gejagt werden. Bis ich merkte, die gehen ja extra in solche Restaurants, wo sie erwartet werden.» Nach sechs Jahren hatte sie die Nase voll und sucht nach einem Job, der ihr mehr Spass machen würde. Der Rest ist Gassi-Gehen-Geschichte.

Die Liebe zur Bühne hat sie jedoch nie verloren. 2013 wurde Nina Hauser von Hollywood-Legende Martin Landau als Mitglied ins exklusive Actor’s Studio aufgenommen. Hier arbeiten Schauspieler*innen unter sich und können unentgeltlich an ihrem Handwerk arbeiten: «Da eines der auserwählten Mitglieder zu sein, ist eines meiner grössten Erfolge. Wenn mein Sohn etwas älter ist, hoffe ich auch wieder auf der Bühne stehen zu können.»