Interview Monika Fasnacht: «Dass ich überlebt habe, macht mich stolz»

Von Carlotta Henggeler

18.11.2019

25 Jahre lang war Jass-Päpstin Monika Fasnacht beim Schweizer Fernsehen. Dann wurde ihr gekündigt. Hegt sie noch Groll? Und wie läuft es mit ihrer eigenen Jass-Sendung auf Tele Top?

Frau Fasnacht, Jassen am Fernsehen ist seit Jahren ein Quotengarant. Warum ist Jassen so populär?

Wenn mich jemand gefragt hat, was ist interaktives Fernsehen, habe ich immer gesagt: Schaut euch den ‹Samschtig-Jass› an. Das ist interaktives Fernsehen. Man kann vor dem TV sitzen und überlegen, welche Karten würde ich spielen, wie viele Punkte einsetzen, man kann sich aufregen oder darüber freuen, wie eine Person spielt. Es ist spannend. Die Zeit vergeht wahnsinnig schnell beim Jassen und die Karten liegen nie gleich. Ich bin sonst eigentlich kein Spieler-Typ, aber beim Jassen hast du bei jedem Spiel eine neue Chance.

Vergeht Ihnen nie die Lust am Spiel?

Nein, ich finde es etwas Positives. Jassen ist super gut für ältere Leute, jene, die im Altersheim jassen, sind im Kopf noch sehr fit. Sie müssen rechnen und sich die Karten merken. Eine tolle Beschäftigung fürs Gehirn.

Sie müssen eine erstklassige Jasserin sein.

Ich jasse auch nur so gut, wie die Karten sind. Ich würde mich schon als gute Jasserin bezeichnen. Unser Jass-Schiedsrichter Ernst Marti hat mal rausgefunden, 80 Prozent ist Kartenglück, 20 Prozent ist Können.

Man bezeichnet Sie als Jasserin der Nation. Stört Sie das?

Nach 25 Jahren werde ich immer wieder so bezeichnet. Das finde ich ein Kompliment. Als ich 1997 mit Jassen angefangen habe, da ging ein Aufschrei durch bei Jass-Päpsten wie Göpf Egg. Da hiess es: ‹Was? Eine Frau moderiert die Sendung? Die überlebt den Sommer nicht.› Dass ich überlebt habe, macht mich stolz. Als ich angefangen habe, war Jassen noch eine Männerdomäne. Viele Frauen habe sich nicht getraut, es wurde halt viel und laut geschimpft.



Sie waren eine Weile weg vom Rampenlicht. Heute gibt es die dritte Folge von ‹Top Jass› zu sehen. Wie sind Sie bisher zufrieden mit der neuen Sendung?

Sehr! Die erste Sendung habe ich noch ein wenig stief gefunden. Da war halt noch alles neu, die zweite war schon viel lockerer. Eine Steigerung ist sichtbar. Und wir kämpften mit technischen Problemen, die Schnaufgeräusche waren zu laut. Das hatten wir zum Glück schnell im Griff.

Nach 25 Jahren beim Schweizer Fernsehen hat man Ihnen im Juni 2018 gekündigt. Noch böse?

Sagen wir so: Heute sehe ich den Vorteil, dass es so sein musste. Wir konnten danach bei Tele Top eine neue Sendung aufgleisen. Es hat immer alles zwei Seiten. Ich wusste aber, ich kann nicht ewig am Bildschirm zu sehen sein. Deshalb habe ich schon sehr früh angefangen, zu diversifizieren. 2000 habe ich mit den Jasswochen angefangen und das kontinuierlich ausgebaut. Heute organisiere ich so zwölf bis 13 Wochen pro Jahr.

Sie sind ja auch noch Hundetrainerin.

Ja – als ich 2011 den ‹Donnschtig-Jass› nicht mehr moderieren durfte, habe ich mich zur Hundetrainerin ausbilden lassen. Gerade heute Morgen habe ich Hundekurse gegeben. Deshalb passt es im Moment ganz gut, hat ‹Top Jass› nicht so eine hohe Sende-Kadenz.

Trotzdem: Gar nicht enttäuscht?

Doch, am Anfang schon. Die Zuschauer wollten die Sendung mit mir weitersehen. Und genau auf die Zuschauer, die Gebühren zahlen, wird keine Rücksicht genommen. Das habe ich schade gefunden.

Ist ‹Top Jass› Ihr Traumjob in Miniformat?

Das war immer schon mein Traum, mit Jassen wieder was zu machen, das war schon mein Baby.



Als Hundetrainerin und ehemalige Moderatorin von ‹Tiergeschichten›. Noch Interesse an einem solchen Format? 

Ich wurde auch für eine Tiersendung angefragt, aber ich glaube nicht, dass ich aktuell die Zeit dazu hätte. Noch lieber würde ich noch mehr Jass-Sendungen zeigen, so alle zwei Wochen. Das wäre auch für den Zuschauer besser. Das liegt vom Budget her aber nicht drin.

Apropos Budget. Das Dekor für die Sendung hat Ihr Mann Reto gezimmert.

Ja, wir wollten das Geld lieber in der Produktion der Sendung stecken. Die ist zu 100 Prozent Fremdfinanziert. Wir hatten fürs Dekor kein Geld, da hat mein Mann gesagt, ich übernehme das. Er ist handwerklich sehr begabt, was für uns ein Glücksfall ist. Wir wollten bewusst klein anfangen.

Wie sieht es dann mit der Finanzierung aus?

Die ersten acht Folgen sind finanziert, wir sind im Gespräch für weitere. Das ist unsere erste Priorität, wir möchten Kontinuität.

In der Sendung jasst auch immer ein Promi. Haben Sie einen Wunschkandidaten?

Den hatte ich schon im ‹Samschtig-Jass›, das ist Roger Federer. Solange er noch aktiv spielt, macht er aber nichts. Schon realistischer wäre die Teilnahme von Bundesrätin Karin Keller-Suter. Wir haben Sie schon angefragt.

Wenn Sie von ‹Top-Jass› reden, leuchten Ihre Augen ...

Ich moderiere das sehr gerne. Wir haben zwar eine knappe Sendezeit, aber mir war es wichtig, keine Kopie vom ‹Samschtig-Jass› zu sein. Wir haben möglichst viel anders gemacht.

Was denn?

Zum Beispiel sieht man dem Promi in die Karten, und wir spielen den offenen Differenzeler. Zudem deklarieren wir, dass der Promi in einer Kabine sitzt. Wir überlegen, ob wir den Promi künftig sogar in ein Stübli reinsetzen. Es ist schön, wenn man selber mitbestimmen kann. Die ganze Organisation ist hier bei Tele Top viel schlanker, da packt jeder mit an. Alles ist viel unbürokratischer.

Was heisst das konkret für Sie?

Vorher war ich in einem Zahnrad drin, in einem grossen System – und ich habe einfach moderiert. Musste mich nicht um die Jasser, Promis oder das Dekor kümmern, jetzt fliesst alles ineinander rein. Ich mag es, diese Verantwortung zu tragen.

Sie haben früher auch Sport- und Volksmusiksendungen moderiert. Könnten Sie sich eines von beidem vorstellen?

Mein Herz schlägt immer noch für den Sport, ich habe beim Fernsehen mit Sport angefangen. Schlagersendungen habe ich auch gerne moderiert. Aber bei SRF wurden viele abgeschafft. Ausserdem kann man nicht alles zusammen machen. Ich mache die Jasswochen, die Sendungen und das Hundetraining, man kann nicht auf allen Hochzeiten tanzen.

Stimmt, es gibt bei SRF nur noch wenige volkstümliche Sendungen. Nur noch jene von Nicolas Senn.

Komisch, denn grosse deutsche Schlagersendungen haben oft gute Quoten. Beim Grand Prix der Volksmusik habe ich nicht verstanden, warum man den abgesetzt hat. Man gab den Leuten auch eine Plattform. Wo können diese heute noch auftreten? Dass diese Plattform wegfällt, finde ich sehr schade. Aber nicht nur für den Schlager, wir haben so viele gute Mundart-Künstler in der Schweiz wie Gölä, Trauffer, Sandee, Florian Ast, Francine Jordi usw. Wir müssen uns da nicht verstecken, aber die siehst und hörst du nirgends mehr am Fernsehen. Das finde ich mega schade.

«Top Jass» läuft am Montag, 18. November, um 20:30 Uhr auf Tele Top. Mit Swisscom Replay TV können Sie die Sendung bis zu sieben Tage nach der Ausstrahlung anschauen.

Diese Legenden kehrten SRF den Rücken.

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